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sein könnte. Dies bestätigt nun auch unsere Verfasserin (S. 112 ff): „das
Standmotiv (Neigung auf die Spielbeinseite) ist quattrocentrisch; man ver-
gleiche den Christus im Nrspinger Kapitelaltärchen, jetzt Rottweil, Lorenz-
kapelle; das Gewand nicht spätgotisch, auch nicht 16. Jahrhundert". Aus-
gefallen sind immer die eingehende Hautbehandlung, die Wiedergabe der
Adern am rechten Oberarm, (Original, nicht an der späteren, jetzt wieder
entfernten Fassung!) die feinen Falten in den Augewinkeln. Die Zuweisung
der Könige wie des Christus an Multscher leitet Schuette ab aus deren
stilistischer Verwandschaft untereinander und mit anderen, Multscher zuge-
hörigen oder Multscher verwandten Werken (Sterzinger Figuren, besonders
Haar der Madonna, Scharenstetter Schrein, Barbara in Augsburg).*
Ich kann vielleicht mit dem Folgenden noch eine urkundliche Stütze der
Schuetteschen Zuweisung, was die Christusstatue betrifft, beibringen. Die
Erhaltung des hochschätzbaren Werkes beim Bildersturm (Juni 1531)
wird einer ausdrücklichen Ratsverfügung vom 21. Juni verdankt, die folgenden
Wortlaut hat: „Dem Herren M. Lupin ist vergönnt, die Hutzentafel zu
seinen Händen zu nehmen. Aber das Bild unter dem Portal soll
stahn bleiben". Alle Familien durften und sollten ihre Stiftungen in
Sicherheit bringen, das war schon früher vorsorglich verkündet worden —
nebenbei gesagt, ein Beweis für die hohe Einsicht des Rats, dem also jene
vandalische Zerstörung nicht aufzubürden ist; die Stifter versäumten,
bezw. verspäteten vielfach die Verbringung und der Pöbel, das katholisch
erzogene Volk, verübte die Greuel! Das „Bild im Portal" kann kein anderes
als die Christusstatue sein, denn sie ist die einzige alte Freifigur aus Stein,
ringsum nur Statuetten innerhalb der oberen Hohlkehlen, die übrigen
21 Stücke von Altären entnommene Holzfiguren aus nachsyrlinischer Zeit,
welche nicht ursprünglich dorthin bestimmt und wahrscheinlich damals noch
gar nicht in die vorgesehenen Plätze eingestellt waren.** Der Zusammen-
hang obigen Ratsprotokolls nun, das „aber das Bild unter dem Portal"
begreift offenbar die Christusstatue mit der „tzutzentafel", unter der der
jetzige Choraltar, der auch wirklich allein gerettet wurde, gemeint sein wird,***
zusammen als Stiftung und Eigentum derselben Familie, nämlich der tzntzen.
Damit stimmt die gesicherte Angabe, daß auf dem ehemaligen Täfelchen „ein
Fledermaus mit aiisgebreiteten Flügelu" zu sehen gewesen, offenbar das
Hutzwappen, Hundekopf mit Flügeln. Die Wahrung beider Stücke war
dem ihnen verschwägerten Matheus Lupin, Richter des Rats, übertragen
oder auf ihn übergegangen. Nun aber — und dies ist das Bemerkens-
werte — erscheint in einer Urkunde von März 1467 Hanns Hutz als Pfleger
der von „Hannsen Multscheren" für seine f Frau gestifteten Jahreszeit und
* Jos. Stadler in seiner Multscher-Monographie, obschon er die Ulmer
Mnnsterplastik genau kennt, tut doch weder der Rathausfiguren, noch des Christus
Erwähnung. Er denkt also nicht an Multschers Urheberschaft.
** S. Pfleiderer, Das Münster, Text. Sp. 31 oben (zu Taf. 8 und 9)
*** Hutzen-Schaffneraltar, s. ebendort Sp. 42
 
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