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in einer zweiten vom 9. September desselben Jahres als „Pfleger des Nach-
lasses des Maisters Hanns Multschers des Bildhauers und seiner Frau", welche
in seine (und Hanns Ehingers) Hände ihren letzten Willen niedergelegt haben,
also beide gestorben waren, wie es scheint kinderlos. «Urkunde bei Veesenmeyer
und Bazing Nr. 230 und im Schmidschen Kopialbuch). Diese Pflegerschaft
weist doch auf ein näheres Verhältnis der Familien Hutz und
Multscher von längerer Zeit her hin, und damit wäre eine weitere Wahr-
scheinlichkeit gegeben, daß die Hutz eine Stiftung, wie diejenige der Christus-
statue, deren Merkmale auf die Frühzeit Multschers Hinweisen, diesem schon
von Anfang seines Auftretens in Alm ihnen befreundeten Meister über-
geben haben; und das Auftreten Multschers in Ulin fällt laut der Bürger-
bücher ins Jahr 1427, das erwähnte Täfelchen an der Statue aber lautete
auf 1429! —
In einer hübschen Charakteristik stellt Schuette S. 119f. Syrlin den A.
Multschern gegenüber als den Spätgotiker, welcher erreicht, was dieser in
seiner letzten Stufe erstrebt hat, das Schlanke, Biegsame, Elegante, wie er
denn auch nicht aus der Steinmetzhütte wie jener, sondern aus der Schreiner-
werkstätte kommt. — Um die lehrreichen Bemerkungen z. B. über die Um-
formung des Schreininnern, das sich von ca. 1300 an rundet statt des
früheren rechtwinklichen Schlusses, oder über das spätgotische Ranken- und
Blattornament, das in Wirklichkeit auf keine Naturform sich zurückführen
läßt, oder über die Entstehung der bekannten Ausbiegung, der geschwungenen
Körperlinie der Figuren u. v. a. zu übergehen, so sei nur noch der ein-
gehende, höchst lehrreiche Passus über den spätgotischen Kruzifixus (S. 83ff.)
und dessen Entwicklung besonders hervorgehoben. — Das Große des spät-
gotischen Typs ist der völlige Verzicht auf das Wohlgefällige, eine gewollte
Herbigkeit der Form als Ausdruck der tiefsten Trauer (der Rothenburger,
der Ulmer im sog- Schongauer-Altärchen). Die Gekreuzigten in Heilbronn,
Nördlingen (St. Georg) und Tiefenbronn bezeichnen den Uebergang zu
einer neuen Auffassung: gerade, nicht mehr geknickte Haltung der Beine,
kräftigere Körperbildung; diese wird mehr und mehr geschmeidiger, er schwebt
mehr als er hängt (die Knie sind eingedrückt), wir haben den Sieger, den
Triumphator statt des leidenden Gotteslamms (Blaubeuren, Ulm Hänge-
kruzifix). — Das schöne und reichhaltige Werk, das wir empfehlen, zeigt
aufs neue: Schwaben ist reich an edler Kunst, die wir mit Stolz unser
und die unsrige nennen dürfen. R. Psleidercr-Ulm

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