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religiösen Volksblätter in Steindruck eingetreten. — Die Blätter sind als
Volkskunst gedacht und wir sind überrascht, wie wenig sie Konzessionen an
das sentimentale Kunstempfinden des Volkes machen. Schon allein diese
Herbigkeit gibt den religiösen Bildern Thomas einen geschichtlichen Wert.
Vielleicht ist es eben diese Herbigkeit gewesen, die ein weitergreifendes Ver-
ständnis unterbunden hat.
Zu diesen herben, aber dramatischen Schöpfungen gehört: „Geth-
semane", „Versuchung auf dem Berge", „Kreuzigung",
„Pieta". In der Komposition haben die Bilder etwas Monumentales und
würden auf großen Flächen machtvoll gewirkt haben. Bei dem kleinen Format
bleibt das Auge an der strengen Linie haften. Wie meisterlich Thoma den
Menschenleib modellieren kann — man hat sich in den letzten Fahren
ungerechterweise angewöhnt, allzuviel von Thomas Verzeichnungen zu reden
— das beweist die künstlerische Darstellung des Leichnams Christi. Wir
werden da an deutsche Farbenholzschnitte des Cinquecento erinnert.

Hans Thoma Engelwolke
Verlag Breitkopf <L Härtel


Hans Thoma Christus am Oelberg
Verlag Breitkopf S Härtel


Auch hier stehen wir bei Thoma wie bei Uhde und Steinhaufen vor
der Klage, daß es die evangelische Kirche nicht verstanden hat, diese Meister
in ihrer ersten Manneskraft vom Markte, auf dem sie wartend standen,
in ihre Kirchen hineinzurufen. Ich glaube, daß sich diese drei Künstler alle
anders entwickelt hätten. Die Erkenntnisse für die Stilgesetze der Kirchen-
malerei haben ihnen nicht gefehlt.
Ich mache die Beobachtung, daß auch in unserer evangelischen
Kirche die Unterscheidung zwischen offiziellem Kirchen-
bild und subjektivem Bild einreißen will. Gegen diese Begriffs-
verwirrung ist Protest an der Zeit, soweit sich damit die falsche Vorstellung
verbindet, daß es sich im Protestantismus zwischen Kirchenbild und Staffelei-
bild um qualitative Unterschiede handle. Diese Kunstanschauung mag in der
katholischen Kirche ihr Bürgerrecht behalten. —
Jeder protestantische Künstler, der ein echter Künstler ist, kann nur
subjektiv schaffen. Ja er muß nicht nur für das Staffelei-, sondern auch
für das Monumentalbild den Grundsatz des inneren Erlebnisses als oberstes
 
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