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Muster, insbesondere nach
der Kunst Mignards, dem
Nachfolger Lebruns in der
Leitung der Gobelins, ist die
Darstellung eines Lustgar¬
tens mit zwei antikisierenden
Frauengestalten und einem
nackten Gärtner, aus dem
Berliner Kunsthandel (Ab¬
bildung 102)T). Die Borte
ist mit der Brüsseler Marke
und dem Monogramm des
Franz van den Hecke ver¬
sehen, also jenes um 1660
in höchster Blüte stehenden
Unternehmers, der auch
nach Rubens gewirkt hatte.
Die bühnenartige Aufrei¬
hung der Figuren vor Blu¬
mengebüsch mit dem abge¬
zirkelten »Jardin de Plai-
sance« und dem Lustschloß
im Hintergründe führt eben¬
so wie die hochfrisierten
Frauengestalten in den Kreis
der französischen Louis-Quatroze-Kunst. In der Borte mischen sich flandrische Blumen-
zeichnung und das Akanthus- und Muschelornament der Lebrunschen Richtung. Zwei
verwandte Teppiche aus ungarischem Magnatenbesitz im Budapester Kunstgewerbe-
museum mit Diana und anderen Gottheiten in baumreicher, mit antiken Architekturen
besetzter Landschaft zeigen die Vermischung der heimischen Blumenmalerei mit dem Louis-
Quatroze-Ornament, auch mit Jagd- und Schäferemblemen noch deutlicher (Abb. 103) * 2).
In dieser hervorragenden Schöpfung entfaltet sich das nationale Element wieder sieg-
reich in den wundervoll gezeichneten Baumgruppen und den zart und fleckig gegebenen
Landschaftsgründen. Noch stärker ins heimische Idiom ist die Louis-Quatroze-Form
übersetzt bei der aus einem westfälischen Adelsschlosse stammenden Folge von vier
Teppichen mit Szenen in antiker Kostümierung, die jetzt in Berliner Besitz ist (Abb. 104).
Die den Bildeindruck bestimmenden bewegten Laubmassen in der Abstimmung von
Gelbgrün zum tiefsten Blaugrün führen die hohe Fertigkeit der Brüsseler Wirker ge-
rade in der Gestaltung des Baumschlags vor Augen. Die Hintergründe sind von ab-
gezirkelten Jardins de Plaisance mit verschnörkelten Blumenbeeten gebildet. Ein Glanz-
stück solcher Brüsseler »Lustgärten« ist die mit dem Namen des Henri Reydams und der
Brüsseler Marke versehene breite Tapisserie des Cinquantenaire, Telemach und Kalypso

Abb. 104. Brüssel, um 1700. Mythologische Szene.
Privatbesitz.


’) 1920 im Besitz der Kunsthandlung »Altkunst« Berlin, jetzt Privatbesitz.
2) Das zweite Stück stellt einen Apollotempel und Musen dar.

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