Kolorits.« Das scheinbar planlose Durcheinandergreifen der Figuren, ihre harte Über-
schneidung und der gewaltsame Wechsel der Proportionen läßt die Wesensart von Janssens
ebenso nachdrücklich hervortreten, wie die großzügige und doch so hingebend durch-
gekostete Wölbung der Körper und die glitzernde Leuchtkraft der Farbe, namentlich in
den violett und blau, oder lachsrot irisierenden Taftkleidern. Ein Gemälde der nämlichen
Zeit von erstaunlich harmonischer Entwicklung des Aufbaues und getragenem Linienfluß
ist die Krönung des Aeneas durch Venus (Abb. 192), zurzeit als Deckenbild im Baye-
rischen Nationalmuseum höchst unglücklich verwendet. Verglichen mit der kunstlosen Bild-
füllung etwa des Dreikönigsbildes in Antwerpen (Taf. 31) bringt es von neuem zum Bewußt-
sein, wieviel Janssens den edlen, wenn auch kühl überlegten Kompositionen von Rubens aus
der Zeit um 1615 verdankt. Auch an der Scheldeallegorie gemessen, zeigt sich die
bedeutende Überlegenheit im Ausnützen der Tiefe, in der reicheren Abstufung des Lichtes,
und in dem innerlich geschlossenen Aufbau, der als Zusammenhalt der engen Umspannung
des Rahmens nicht mehr bedarf. Jedenfalls gehört die nur noch im Stich von van der
Burg erhaltene Überredung der Pomona durch Vertumnus, sowie die Allegorie der frie-
renden Venus, ein Bild von mächtigen Abmessungen (184x233) im Museum von Her-
mannstadt zu der Gruppe dieser mehr oder weniger durch Rubens’ künstlerischen Hu-
manismus beeinflußten Werke. Leider war es nicht möglich, aus der von den kriege-
rischen Ereignissen so hart bedrängten Hauptstadt Siebenbürgens Nachricht über das
Gemälde oder gar eine Nachbildung zu erhalten.
Eine weniger geglückte Arbeit dieses Bildkreises ist die Pastorale mit Venus und
Adonis in Wien, in der Janssens an der Aufgabe, ein feurig bewegtes Paar darzustellen,
offenbar scheitert. Selbst die allerliebsten Putten, die großzügige Landschaftsfolie von
Wildens und die Beihilfe von Snyders in den Tieren vermögen dem Figurenmassiv keine
durchgreifende Belebung mitzuteilen und den Eindruck einer peinlichen Befangenheit zu
lockern. Eine bedenkliche Einbuße der frischen, herben Färbung bei ebenfalls unzuläng-
licher stofflicher Gestaltung zeigt ferner die Steinigung des Acis durch Polyphem in der
Münchener Residenz, die nach der kalten Farbe und der glatten Behandlung der Ober-
fläche zu urteilen, dem Nerokopf von 1618 im Berliner Schloß noch vorausgeht. Diese
ebenfalls wenig ansprechende Leistung, die für eine größere Folge römischer Imperatoren-
bilder entstand, an deren Herstellung von Antwerpener Künstlern außer Janssens nur
noch Rubens und Seghers beteiligt waren1), bietet immerhin die Gewähr, daß Janssens
damals noch zu den namhaftesten künstlerischen Persönlichkeiten seiner Vaterstadt zählte.
Nur wenig später, also mit den zwanziger Jahren, muß der eben angedeutete beklagens-
werte Verfall seiner Leistungskraft eingesetzt haben, den Sandrart wiederum in drastischen
Worten schildert und mit einem unerträglichen Schwulst von ersprießlichen Lebensregeln
kommentiert. Sei nun der Grund eine natürliche Anlage zum Müßiggang, wie Sandrart
sie annimmt, sei er die Enttäuschung, eine unter glücklichsten Auspizien begonnene Lauf-
bahn durch den überragenden Rivalen hoffnungslos in Schatten gestellt zu sehen, sei es
endlich die Unfähigkeit oder auch Abneigung, sich mit einer dienenden Stellung zu be-
gnügen, die Rubens ihm in seinem Schulkreise leicht hätte anweisen können: der Stern
des Künstlers sank jäh in den letzten zehn Jahren seines Lebens. Um mit der allgemeinen
*) Vgl. Jahrbuch der Preuß. Kunstsammlungen 1917, XXXVIII, S. 203 ff. Eine Serie von
18 Kaiserbildnissen, die Janssens allein ausgeführt hat, befand sich im Nachlaß des Künstlers.
256
schneidung und der gewaltsame Wechsel der Proportionen läßt die Wesensart von Janssens
ebenso nachdrücklich hervortreten, wie die großzügige und doch so hingebend durch-
gekostete Wölbung der Körper und die glitzernde Leuchtkraft der Farbe, namentlich in
den violett und blau, oder lachsrot irisierenden Taftkleidern. Ein Gemälde der nämlichen
Zeit von erstaunlich harmonischer Entwicklung des Aufbaues und getragenem Linienfluß
ist die Krönung des Aeneas durch Venus (Abb. 192), zurzeit als Deckenbild im Baye-
rischen Nationalmuseum höchst unglücklich verwendet. Verglichen mit der kunstlosen Bild-
füllung etwa des Dreikönigsbildes in Antwerpen (Taf. 31) bringt es von neuem zum Bewußt-
sein, wieviel Janssens den edlen, wenn auch kühl überlegten Kompositionen von Rubens aus
der Zeit um 1615 verdankt. Auch an der Scheldeallegorie gemessen, zeigt sich die
bedeutende Überlegenheit im Ausnützen der Tiefe, in der reicheren Abstufung des Lichtes,
und in dem innerlich geschlossenen Aufbau, der als Zusammenhalt der engen Umspannung
des Rahmens nicht mehr bedarf. Jedenfalls gehört die nur noch im Stich von van der
Burg erhaltene Überredung der Pomona durch Vertumnus, sowie die Allegorie der frie-
renden Venus, ein Bild von mächtigen Abmessungen (184x233) im Museum von Her-
mannstadt zu der Gruppe dieser mehr oder weniger durch Rubens’ künstlerischen Hu-
manismus beeinflußten Werke. Leider war es nicht möglich, aus der von den kriege-
rischen Ereignissen so hart bedrängten Hauptstadt Siebenbürgens Nachricht über das
Gemälde oder gar eine Nachbildung zu erhalten.
Eine weniger geglückte Arbeit dieses Bildkreises ist die Pastorale mit Venus und
Adonis in Wien, in der Janssens an der Aufgabe, ein feurig bewegtes Paar darzustellen,
offenbar scheitert. Selbst die allerliebsten Putten, die großzügige Landschaftsfolie von
Wildens und die Beihilfe von Snyders in den Tieren vermögen dem Figurenmassiv keine
durchgreifende Belebung mitzuteilen und den Eindruck einer peinlichen Befangenheit zu
lockern. Eine bedenkliche Einbuße der frischen, herben Färbung bei ebenfalls unzuläng-
licher stofflicher Gestaltung zeigt ferner die Steinigung des Acis durch Polyphem in der
Münchener Residenz, die nach der kalten Farbe und der glatten Behandlung der Ober-
fläche zu urteilen, dem Nerokopf von 1618 im Berliner Schloß noch vorausgeht. Diese
ebenfalls wenig ansprechende Leistung, die für eine größere Folge römischer Imperatoren-
bilder entstand, an deren Herstellung von Antwerpener Künstlern außer Janssens nur
noch Rubens und Seghers beteiligt waren1), bietet immerhin die Gewähr, daß Janssens
damals noch zu den namhaftesten künstlerischen Persönlichkeiten seiner Vaterstadt zählte.
Nur wenig später, also mit den zwanziger Jahren, muß der eben angedeutete beklagens-
werte Verfall seiner Leistungskraft eingesetzt haben, den Sandrart wiederum in drastischen
Worten schildert und mit einem unerträglichen Schwulst von ersprießlichen Lebensregeln
kommentiert. Sei nun der Grund eine natürliche Anlage zum Müßiggang, wie Sandrart
sie annimmt, sei er die Enttäuschung, eine unter glücklichsten Auspizien begonnene Lauf-
bahn durch den überragenden Rivalen hoffnungslos in Schatten gestellt zu sehen, sei es
endlich die Unfähigkeit oder auch Abneigung, sich mit einer dienenden Stellung zu be-
gnügen, die Rubens ihm in seinem Schulkreise leicht hätte anweisen können: der Stern
des Künstlers sank jäh in den letzten zehn Jahren seines Lebens. Um mit der allgemeinen
*) Vgl. Jahrbuch der Preuß. Kunstsammlungen 1917, XXXVIII, S. 203 ff. Eine Serie von
18 Kaiserbildnissen, die Janssens allein ausgeführt hat, befand sich im Nachlaß des Künstlers.
256