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Beilage zum Diözesan-Archiv von Schwaben — 1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.20709#0032
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«

32

dann ihre Zuflucht zum hl. Joseph nahmen, ging es allmäh-
lich besser. — Der Magistrat schenkte ihnen einen Garten
»non contemnendae magnitudinis« und dazu 1500 fl.
— Im gleichen Jahre erwarben sie den „Kreuzlinger
<gof" — ein großes Gebäude, das bisher'den Stiftsherren
des Klosters Kreuzlingen 37) (am Bodensee bei Konstanz) ge-
hört hatte.

1652. — Im Jahr 1652 verkündeten die Jesuiten einen
vollkommenen Ablaß für die armen Seelen; mit dem größten
Eifer beteiligte sich die Einwohnerschaft an dessen Gewin-
nung. 38)

1653. — Das Jahr 1653 wurde für die Jesuiten ein
»annus litium et rixarum ferax«. Sie kamen nämlich
nach vielen Bemühungen in den Besitz der Wall-
fahrtskirche W e g g e n t h a l. 39)

Da hatten sie aber „in ein böses Wespennest gestochen" "):
Der Magistrat, welcher bisher die Einkünfte des Wallfahrts-
ortes an sich gezogen hatte, bot alles ans, um die Verfügung
der Regierung rückgängig zu machen. Es war umsonst. Am
3. März 1653 fand die Uebergabe an die Jesuiten ftatt.41)
Ferner erhielten sie die Einkünfte des Klosters Heiligenbronn42)
Der Widerstand der Schramberger Geistlichkeit hals nichts.43)
Mit dem »Dns Colonellus Bissingen«, welcher diese Er-
werbung ebenfalls anfocht, verglichen sich die Jesuiten gütlich
durch Bezahlung von 5000 fl.

Im Jahre 1655 gab es Streit mit dem Magistrat, weil
die Jesuiten ihren Wein ansschenkten. Letztere erwiderten:
„Wir haben zwar das volle Bürgerrecht erhalten, also auch
das Recht, unseren eigenen Wein anszuschenken. Aber wir
wollen — nachgeben." Die »hedera«, das Zeichen des Aus-
schankes, wurde zurückgezogen.

Im Jahre 1659 erfolgte der Einzug in das neue Haus,
den „Kreuzlinger Hof", welchen sie 8 Jahre vorher (s. o.)
angekauft hatten.

Im Dezember des Jahres 1660 starb Ferdinand voi
Hohenberg — »supremus Satrapiae Hohenbergicae pr^
fectus, apud omnes maximo sui desiderio relicto«- '
Er hinterließ ein den Jesuiten „mehr als günstiges Test^
ment".") Darüber entstand für diese ein großer Prozeß uu
den Verwandten des Verstorbenen. 46) Die Jesuiten gewänne
denselben vollständig. 25000 fl. betrug der Wert des if)liel
znfallenden Erbes.47) — Nach wenigen Wochen (im FebrU^
1661) starb auch die Gemahlin48) Ferdinands; sie vermach
der Residenz 1000 fl. und ins Weggenthal 100 fl.

Im Jahre 1662 wurden alle bisherigen Schenkung^
seitens des Erzherzogs feierlich bestätigt, besonders die liebes
gäbe des Weggenthals; gleichzeitig erhielten die Jesuiten
sehnliche Zuweisungen (in Geld und Naturalien). ^
Ordensbrüder im Konstanzer Jesnitenkolleg mußten »volente
nolentes« in diesem Jahr an die Rottenburger Jesuiten Ll
Einkünfte der Kaplanei Dürbheim abtreten. ") ,

Anno 1663 schenkte zu dem bevorstehenden Ban ein1
Kollegiums der Freiherr Joh. Bapt. v. Ow (vulgo
Hans") ihnen „ein gantzen flotz" (— ein ganzes Floß Holz)- ^
Die Stadt gab znm gleichen Zwecke 2000 fl. her.51) o}
die gemeine Stadt Rottenbnrg wegen der Schulen der * '
Jesuiten durch Einbrechung der- Zimmer, Herbeischasfuug ^
Stühle, Oesen, Fenster u. s. w. beträchtliche Summen
tragen müssen und nun ein Kollegium hergestellt werden soll'
so gab die Stadt ein für allemal die Summe von -
Gulden her und, überließ die Sorgen den Jesuiten. '
kauften dann das Eckhaus in der oberen Gasse, wenn ^
von St. Martin das Gaffel hinaufgeht, vom damaligen^-^

deshauptmann Herrn Karl Sigmund von Hohenberg." 53)„ <e
Am 31. Dezember 1664 wurde die neue Jestntenui^.
durch den P. Visitator benediziert; tags darauf (am 1.J^!<.x
1665) wurde darin unter großem Zulauf der erste fei^ ^
Gottesdienst gehalten.

Ralendas fortasse venturarn exspectarernus. Duo jarn in fugam incli-
nati fortunam alicubi suam feliciorem utique quaesivissent, nisi tertius
se fortiter fugitivis opposuisset et ad constantiam animasset.«

87) »Canonici reguläres Creuzlingae sub signis ac regulis S.
Augustini non procul Constantia militantes.«

38) »Indulgentias animarum in purgantibus flammis propter culpas
nondum omnino deletas exsistentium cum harum maximo fructu bonoque
civium lucrandas promulgavimus. Difficulter credi potest,, quanto
fervore juvandi animas Rottenburgenses exarserint; pauci fuerunt, qui
non prima Dominica cujusvis mensis (hic dies Indulgentiis constitutus
erat) vel pridie vel ipso die peractä confessione sacra Synaxi 1-Kom-
nutnion] pascerentur.« — »Invidia stimulante« machte ein »Religiosus«
abfällige Bemerkungen über diese „neue" Andacht für die armen Seelen
und zog sogar öffentlich darüber los. Die Jesuiten berichteten nach Kon-
stanz an den Generalvikar. Das half. »Religiosus territus resipuit
sublatoque scandalo tacuit.«

39) »Exoptatum tandem et toties desideratum Decretum a Sere-
nissimo Ferdinando Carolo, quo Sacellum Deiparae sacrum multisque
miraculis inclytum vulgo Weggenthal dictum Magistratui, cujus
hucusque curae subjacebat, ereptum nobis usibusque nostris ad fami-
liam frequentiorem paullatim facilius alendam adjudicabatur, missum
fuit.ff — »In liodiernum usque diem ignoratum, qua facultate jureque
sibi reditus dominium sumpserit Magistratus, cum nec in fundum nec
in locum ulla jurisdictione praeditus liberk de reditibus disponeret.«

40) »Quod ubi DD. Consulibus innotuit, nidum turbasse vesparum
videri poteramus, crabronibus irritatis quam plurimis nos circum-
volantibus.«

41) »Sic etiam haec lis, ut pik credimus, patrocinante 8. Josepho,
feliciter finita est.«

42) »Sacer fons, vulgo: „zu den heiligen Bronnen". (Hist.)

43) »Sebrarnbergi parochi adversantur . . . Sacri fontis reditibus
magno nostro bono frui coepimus.«

44) „Ferdinand von Hohenberg, seit 1647 Landhauptman
Statthalter, natürlicher Sohn des Markgrafen von Burgau, hat
licher Umstände wegen einen Statthalter anstellen zu dürfe»- ^ah.
ward ihm auch bewilligt. Zn seinem Statthalter bestellte er D‘- pvt
Wagner, welcher wegen seiner Gelehrsamkeit und Verdienste ^L1 Dge-
Frommenhansen als ein österreichisches Mannslehen erhalten
Ferdinand setzte die hiesigen Jesuiten zu Universalerben ein-" *

P- 186. iles.«

4n) »Testamentarias tabellas Societati plus quam favorao

4G) Ausführlich beschrieben in der Hist. p. 81—83. p,«be»'

47) »In Fideicomisso (quod oia complectebatur bona ^s-
hoffiana viginti quinque millibus florenorum aestimata) deficien

cula prole Societas nostra substituta est.«

48) »Praenobilis Dna Barbara de Breuningen« [?]. . n0stPs

49) »Praeter hoc etiam notatu digna res est et fastis sjpus
commemoranda cessio Capellaniae Dürbhaimensis a Constan 1 otten-
facta, jamjam ad Collegii faciem formamque se inclinante
burgo . . . Constantienses, quantumvis aegre, Superioribus que
tuentibus vique tabularum Serenissimi Leopoldi locum se ^
Dirbhaimensem Rottenburgensibus volentes nolentes cesseru ()arlii»

50) »Molem integram trabium 60. 50. 40. 30. pedes j£uS i»

(hic loci nominant ein gantzen flotz), asseres et pertleas, Ist ^ c\<y
tectis tegulae solent appendi, pluraque similia liberalisS1
navit.« ,icendae

51) »Ne qui quam in futurum a Magistratu ratione (1
fabricae peti posset.«

52) Häßler p. 176 f. (vgl. p. 49—51). Die Jahreszahl
bei ihm falsch angegeben (nicht 1669, sondern 1663).

(Fortsetzung folgt.)

ist

alick

Stuttgart, Bnchdruekerei der Aktiengesellschaft „Deutsches Volksblatt".
 
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