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und seiner Kunst möglichst fern hält. Führt dies Alles nothwendig zur Ein-
seitigkeit und damit zur Ertödtung des Geistes und Genies, so verdient doch
Overbeck in der Beziehung hohe Achtung und Anerkennung, daß er voll-
kommen frei ist von jedem kirchlichen Fanatismus. Wie ein Einsiedler, wie

ein Heiliger lebt er in seiner Künstlerzelle zu Rom, fern von allem Treiben
der Welt. Mit zartem, magerem Pinsel zeichnet er die Schein- und Schatten -
gestalten seiner kindgläubigen, weltverachtenden Seele auf die Leinwand in un-
gestörter himmlischer Verzückung. (Fortsetzung folgt).

Korrespondenzen.

/ Königsberg, im Dezember. sDic Königsberg er Maleraka-
demie (Forts. *).] Ick gehe jetzt zu einem andern tüchtigen Künstler über,
welchem der Bericht in Nr. 5, Jahrg. I. der „Dioskuren" Unrecht gethan. Ich
meine Professor Pietrowski, von welchem dort behauptet wurde, daß er mei-
stens nur mit Kopien älterer Gemälde bier beschäftigt sei. Dem ist keineswegs so.
Pietrowski begründete seinen Künstlerruf zuerst im Genre, dann im histo-
rischen Fache und gilt in Königsberg gegenwärtig gewissermaßen als Vertreter
der Düsseldorfer Schule, insofern er in neuerer Zeit vorzüglich Kirchenbilder
und religiöse Darstellungen ausgeführt hat. Pietrowski ist zu Bromberg
geboren und trat, nachdem er die Kunstakademie zu Berlin durchgemacht hatte,
mit Rosenfelder zusammen in das Atelier des Portraitmaler Ternite ein,
wurde durch die inhumane Behandlung desselben jedoch schon nach wenigen
Monaten zum Eintritt in das Atelier deS Professor Hensel bestimmt, dem
er vier Jahre hindurch angehörte. Unter der Leitung seines liebenswürdigen
und liebevollen jLehrcrs entstand eine Reihe von Bildern, unter denen ich
anführe: „Ein Mädchen, das schnäbelnden Tauben zusieht", in halber Lebens-
größe (im Posen'schen angekauft); „ein Geschwisterpaar in mittelalterlichem
Kostüm, mit einem Papagei spielend" (von H. Franzius in Danzig gekauft);
„ein polnisches Rendez-vous", ein allerliebstes Bild (im Besitz des Herrn von
Treskow auf Owinsk bei Posen); „die Fuchstaufe", Schilderung eines Stn-
denten-Commerces, ein Bild, das dem Maler große Anerkennung und Ruf
verschaffte; „Hüon widersteht den Verlockungen der Almansaris", Fackelbe-
leuchtung, halbe Lebensgröße (in Berlin geblieben); das „Portrait Friedrich
Wilhelm IV.", lebensgroß in ganzer Figur, nach eigener Zeichnung für die
Stadt Posen ausgeführt. — Nach dieser Arbeit reiste Pietrowski nach Italien,
blieb auf der Rückreise einige Zeit in München, und kehrte^ dann nach
Berlin zurück, um seine in Italien entworfenen Skizzen und Studien auS-
znführen. So entstanden: sein „Italienischer Schäfer ans der Campagna"
(im Besitz dcö Herrn Pringal in Berlin); „Italienischer Bettler mit seinem
kranken Kinde" und Anderes. Zn den bedeutendsten Werken Pietrowski's
aus dieser Zeit gehört seine „Afghanenschlacht", ein 15 Fuß hohes Bild, wel-
ches er im Aufträge des Engländer William Empson ansführte. Es ist braun
in braun gemalt und zeigt Lady Sale, welche im Vorgrnnde aus einem unter
dem Kugelregen erzitternden und scheuenden Zelter reitet, während um sie herum
die theils getödteten, theilö vor Kälte erstarrten Engländer liegen, und von
den Höhen des schroffen Engpasses von Dschngduluck die Afghanen ihr mör-
derisches Feuer spielen lassen. Diese Bergvölker in ihren phantastischen Ko-
stümen und in gewagten Stellungen an den steilen Klippen hangend, bilden
den gelungensten Theil dieses Cartons, der wohl eine farbige Ausführung
verdient hatte. — Bald darauf ward Pietrowski als Lehrer nach Königsberg
an die Maler-Akademie berufen. Sein erstes Gemälde war hier „der heilige
Ignatius von Loyola, wie ihm auf der gleise von Barcellona zum heiligen
Vater nach Rom, in der Nähe von Padua, Christus von Engeln umgeben
erscheint" (für die katholische Kirche in Bromberg gemalt). Der Maler hat
gie ihm gestellte Aufgabe mit lebendiger Anschauung und in geistvoller Weise
eelöst.^ Das Bild ist 15' hoch und über Lebensgröße. Die Situation wirkt
ergreifend und die Macht des Gemäldes überwältigt auch den, der dem ge-
dachten Sujet die Berechtigung, durch die Kunst verherrlicht zu werden, nur
ungern zugestehen mag. Bewunderungswerth sind die Engelköpfe ausgeführt.
Wir erkennen in dieser Komposition bei der Reichhaltigkeit der Gruppe von
29 Figuren, in dem Ausdruck der Physiognomien, in dem frischen Kolorit und
in der Korrektheit, mit der auch das Unbedeutendste ausgcführt wurde, die
Beweise der Meisterschaft. Von späteren Werken des Künstlers nenne ich
Ihnen noch der Vollständigkeit halber: „Eine Romanleserin" (im Besitze des
Kaufmann Prowe in Bromberg); „eine Frühmesse" (im Besitz des Erz-
bischofs in Posen); „Einladung zum Rendez-vous, auö dem Zeitalter Lud-
wig XIV"; „Roes homo“; „die Geburt Christi"; „Ludwig XIV. und die
Pompadour". Außerdem hat Pietrowski bekanntlich auch für bas Album des
Königs zwei Aquarellgcmälde ansgcführt, von denen das eine „Die Gründung
Königsbergs am Pregel durch den Böhmenkönig Ottokar i. I. 1255", daS
andere den „Einzug des Hochmeister Ludwig von Erlichshausen in den Schloß-
hof von Königsberg" darstellt.

Lassen Sic mich nunmehr auf die Produktionen des als Landschaftsmaler
in weitesten Kreisen bekannt gewordenen Professor August Behrendsen
übergehen. Geboren 1819 zu Magdeburg, ging derselbe 1837 nach Berlin
auf die Akademie und war darauf von 1839 — 44 Schüler des Professor
W. Schirmer daselbst. 1845 wurde er an die hiesige Kunstakademie berufen.

. ^ Streben ging besonders dahin, das Ernste, Imposante und Erhebende,
die Natur in ihren großartigen und wilden Partien darbietet, künst-
lcsstch darzustellen. Dieser Geist hat ihn in seinen Darstellungen „aus den
„aus den höheren Alpen", welche die Mehrzahl seiner
-e-ffder ausmachen, vorzugsweise geleitet. Das Abenteuerliche und Barocke,
welches sich bei Motiven dieser Art leicht gefahrbringend eindrängen kann,
vermeldend, sucht er stets durch Ruhe und Einfachheit zu wirken. Die Schule
Schirmer s, welcher bei seinen Schülern vor Allem den Sinn für das

*) Siehe Nr. 16 und 17 des Jahrgangs I. der „Dioskuren."

Edle und Maaßvolle zu beleben wußte, ist in dieser Beziehung von dauern-
dem Einfluß für ihn gewesen. Einige Bilder B.'s zeigen auch ganz sanfte
Motive und ein gesundes Streben nach der reinen Schönheitslinie. Hiezu
haben ihm die Eindrücke von einem mehrmaligen Aufenthalte in den reizenden
Ebenen und Thälern Oberitaliens gedient. Versetzen uns auch verschiedene
seiner Bilder in andere Landstriche, so hat er doch fast nie das Gebirge ver-
lassen, in welchem er besonders gern hohe Standpunkte mit weitem Ueberblick
wählt. Kein Wunder, wenn er sich bei dieser Richtung in dem platten, so
wenig begeisternden Ostpreußen nicht heimisch fühlen kann, mag letzteres auch
in anderen Beziehungen brauchbare Studien bieten. Noch sei bemerkt, daß
fast alle Bilder von B. Kompositionen sind. Seine ersten Gemälde erschienen
1842, darunter: „Das Steinbachthal im Harz" (vom Berliner Kunstverein
angetanst). Dann folgten: „Ein Abend auf dem Riesengebirge" (vom Ber-
liner Kunstverein verloost, im Besitz des Herrn Kaufmann Wcstphal in Ber-
lin). — Die Frucht seiner ersten Alpenreise im Jahre 1844 und 45 war:
„Ein Alpendglühen auf dem Salzburgischen Hochgebirge" (im Aufträge des
Berliner Kunstvereins gemalt). Der Standpunkt ist auf einer wild gestalteten,
selbst schon in tiefem Schatten liegenden Alpenspitze. Von hier ans schweift
der Blick über ein dunkelblaues weites Gewoge von Thälern und Bergen, und
dehnt sich über diesem, gleich einer Insel über de»i Meere, in langer Fronte
und ansehnlicher Ferne daS Alpenhochgebirge mit Schneefeldern und Eisgipfeln
aus, in feurigster Abendgluth schwimmend. Der Eindruck ist der tiefster Ruhe,
die Färbung intensiv gesättigt. Das Ganze ist tief empfunden und in der
Ausführung meisterhaft ansgeführt. Dieses Bild brachte dem Künstler auf
der Berliner Ausstellung, wo zum ersten Male goldene Medaillen vertheilt
wurden, eine solche ein. (Im Besitz des Geh. Obertribunal-Präsidenten Buße
in Berlin.) Unter seinen ferneren Arbeiten erwähne ich: „Burg Fenrstein
in Tyrol" (im Besitz des Herrn E. Pape in Berlin); „DaS Interieur im
Dom zu Magdeburg", das einzige reine Architekturstück von Behrendsen (im
Besitz des Banquier Fränkel in Berlin); — „Hügelgcgend an der Traun"
(verloost vom Königsberger Kunstverein); — „Morgenlandschaft bei Cone-
gliano, in den venetianischen Alpen." lieber waldige Hügel, auf deren einem
int Vordergründe die Schloßruine von Conegliano prangt und zwischen welchen
stillverborgen ein kleiner Alpensee ruht, schweift der Blick auf die weiten Ebenen
Italiens hinaus, vom Schimmer der Morgensonne übergossen, welche mitten
im Bilde zwischen ruhigem Gewölk eben erst aufgegangen ist. Seitwärts
ziehen sich die blauen Südabhänge der Alpen hin und verschwimmen im Dufte
der Ferne. Die großen Luftwirkungen im Mittelgründe, das dämmernde Blau
über dem See, die brillanten Lichtreflexe auf der Ebene und dem Meere ver-
leihen dem Bilde ein bedeutendes poetisches Gepräge. Trotzdem erkannte der
Künstler, nachdem das Bild auf der Berliner Ausstellung gewesen, dasselbe
als zu weich gehalten an und arbeitete es noch einmal stark in diesem Sinne
und zu seinem Vortheile durch, worauf es 1849 vom Magdeburger Kunstverein
angekauft und verloost wurde. — „Das Thal von Cadore, in den venetiani-
schen Alpen" (angekauft vom Kunstverein zu Gotha)." „Ein Morgen in den
hohen Alpen", das umfangreichste Bild des Künstlers und ein Gemälde, in
dessen Anschauung sich der Blick gern versenkt. Wir befinden uns hier in
dunkelschattiger Tiefe an einem kleinen finstern See mit fenchtgrünen Usern,
von kolossalen Tannen begrenzt. Aus dieser melancholisch beklemmmeuden
Stille und feuchtdnmpfen Kühle hebt sich der Blick weit nach oben zu der
Hochregion empor, wo der Frühsonnenschein über bleiche Schnecflächcn irrt,
während finstere Wolkcnmassen, als Zeugen einer kaum vorübergegangenen
stürmischen Nacht, noch die höheren Alpengipfel umlagern, aber bereits vor
dem siegenden Tagesgestirn seitwärts ihren Abzug zu nehmen scheinen. Das
herrliche Gemälde ist im Aufträge des Königsberger Knnstvereins gemalt
und gehört der städtischen Gemäldegalerie an, befindet sich auch auf der dies-
maligen Berliner Ausstellung. — „Morgenlandschaft im Charakter des Bier-
waldstädter Sees", ein Bild von großartiger Anschauung und tiefpoetischer
Empfindung (in Magdeburg angekauft). — Unter den neuesten Bildern, mit
welchen B. sich beschäftigt, sei „Madonna del sasso“ genannt, ein Kloster
auf einem Bergvorsprung, hoch über dem Lago maggiore thronend (für die
Gräfin zu Dohna Dönhoffstädt bestimmt) und ein „Frühmorgen am Zürchersee"
(für Herrn von Fahrcuheid auf Beyruhnen in Lithauen). — Ein großer Theil
von B.'s Bildern befindet sich in Ostpreußen, von Verschiedenen angekauft.
Wenn der Künstler die fremden Kunstausstellungen im Ganzen wenig beschickte,
so lag das an den Aufträgen, mit welchen er in Preußen beschäftigt war.
Behrendsen gehört zu den ersten Zierden unsrer auf hoher Blüthe stehenden
deutschen Laudschaftsmalerei und Königsberg hat ei» Recht dazu, stolz auf
diesen tüchtigen Künstler zu sein. Von seinen Schülern nenne ich: Rudolph
Pöppel aus Königsberg, gegenwärtig in München. Ein schönes Bild von
ihm: „Blick über bas Innthal" (in der Nähe von Brannenburg in Ober-
baicrn), verlooste 1853 der Berliner Kunstvereiu; Rudolph Jonas, ans
Goldap in Ostpreußen, ging gleichfalls nach München und später auf längere
Zeit nach Korsika; Gustav Meißner, ans Marienwerdcr, ging vor Kurzem
auch nach München. Er neigt besonders zum Zarten und Idyllischen und
malte einen sehr gelungenen „Blick vom Hexentanzplatz über das Harzgebirge
(1854 in Berlin angekauft). Karl Sch erres aus Königsberg und noch da-

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