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Beilage zu M 23 der „Dioskmen".

München. — Am 14. November versammelte sich eine große Anzahl
Künstler im Lokale bei Schafroth zu einem frugalen Abendessen, wobei die
Kartoffel die Hauptrolle spielen sollte. Die Heiterkeit der Gesellschaft wurde
ganz besonders durch mehrere Tafelaufsätze gesteigert, welche Habenschaden
und Kirchner in wahrhaft genialer Weise aus Kartoffeln, Rüben und der-
artigen Vegetabilien hergestellt hatten und welche den Beweis gaben, daß
der Ernst der Zeit dem ächten Humor keinen Abbruch gethan. Die Tafel-
aufsätze, von denen der größte einen Elephanten zeigte, auf dem ein vorneh-
mer Indier und sein Kornäk ritten, wurden später zu Gunsten der Unter-
stützungskasse für Künstler dem Meistbietenden überlassen.

Nürnberg. — Der Carton zu dem großen Wandgemälde, welches
Kaulbach für das hiesige Germanische Museum unentgeltlich ausführen wird,
ist vollendet und wird, dem Vernehmen nach, in Kurzem in Berlin ausge-
stellt werden. Der von dem Meister gewählte Stoff ist die „Oeffnung der

Gruft Karl's des Großen im Dome zu Aachen durch Kaiser Otto den Gro-
ßen". Das Geniälde ist dazu bestimmt, die große Gothische Kapelle der
Karthause zu schmücken.

Paris. — Die Akademie der Inschriften und schönen Künste hat mit
18 Stimmen gegen 16, welche Delisle erhielt, Alfred Maury an Dnreau
de la Malle's Stelle zu ihrem Mitgliede erwählt.

Florenz. — Unsere Stadt scheint alles Ernstes ein zweiter Sammel-
platz der Deutschen Künstler werden zu sollen; deun der Abczang nach Rom
wird überreichlich durch neuen Zuwachs ersetzt, und dabei ist zu bemerken,
daß die jüngeren immer mit der besondern Weisung ihrer Professoren hierher
kommen, zuerst gründliche Studien in Florenz zu machen, ehe sie sich an Rom
wagen. Sonst war das anders. Die Sehnsucht nach Rom ließ hier selten
Ruhe, und am Ende der Rechnung fehlte es gewöhnlich an Mitteln und Zeit,
um Florenz nur überhaupt noch einmal sehen zu können.

Kunst-Literatur und Album.

I. Kunstliteratur.

Aesthetik — Geschichte — Technik.

Geschichte der bildenden Künste im neunzehnten Jahrhundert.

Von Anton Springer. Leipzig, Brockhaus 1858. XIV. u. 343 S. 8.

Wir müssen der Versuchung widerstehen, einen in's Einzelne gehenden Vergleich
zwischen dieser „Geschichte" der bildenden Künste unseres Jahrhunderts mit der neulich
(Seite 203) angezeigten „deutschen Kunst" von A. Hagen anzustellen, so reicher Stoff
sich auch zu einem solchen Vergleiche darböte, und so interessant es cknch wäre, die Ver-
schiedenheit in der Charakteristik ganzer Richtungen und einzelner hervorragender Per-
sönlichkeiten an's Licht zu stellen. Rur so viel sei im Allgemeinen bemerkt, daß das,
was wir als dort fehlend bezeichneten: wohlgeordnete Gruppirung, künstlerischer Zu-
sammenhang der Schulen und ihrer Hauptglieder hier die Hauptsache ausmacht, und
daß, wenn es dort auf eine bloße Revue vieler künstlerischer Individuen abgesehen
war, hier eine Charakteristik der künstlerischen Gegenwart in ihren Hauptphasen und
bedeutendsten Trägern erscheint. Es ist allerdings eine Geschichte, soweit die Gegen-
wart überhaupt im Stande ist, eine Geschichte ihrer selbst zu schreiben, denn was sie
in dieser Beziehung vermag, verdient unseres Erachtens nach nicht den Ramen Ge-
schichte; man hat es vielmehr der Zukunft zu überlassen, die Richtungen unserer Zeit
auf allen Gebieten des Geistes zu begreifen und ihren nothwendigen Entwickelungs-
gang nachzuweisen. Dennoch ist es Sache der Gegenwart, sich über ihre Bestrebungen
klar zu werden und den Charakter derselben dem Zeitbcwnßtsein entsprechend zu
erfassen.

Und das ist in vorliegendem Buche, einem verbesserten, hin und wieder erwei-
terten Abdruck des Artikels aus dem XII. Bande der Brockhaus'schen „Gegenwart"
geschehen. Wir begrüßten diesen Artikel vor einem Jahre als eine der gediegensten
Arbeiten des Kunstforschers und sind daher um so erfreuter, das Werkchen jetzt als
ein selbstständiges vor uns zu haben. Der Verfasser bekennt sich, wie wir wissen,
zum Realismus im edelsten Sinne des Wortes und sieht mit vollem Rechte in der
Kunst nur den abgeklärten, in reine Formen gefaßten Ausdruck der herrschenden Zeit-
ideen, über den sie nicht ungestraft hinauszugehen vermag. Gleichwohl weist er den
Razarenen und den Führern des Idealismus in der Architektur (Schinkel) wie in
der Malerei (Cornelius) ihre richtige Stelle an und entwickelt ihre Bestrebungen frei
von aller gedankenlosen Wiederholung früheren Lobes und Tadels, so unparteiisch,
daß man fast sagen möchte, nicht anders wird die Zukunft über diese Richtung ur-
theilen. Rach diesen Abschnitten, welche „die deutsche Kunst" beginnen, folgt der über
die Münchener Schule (wobei wir der Rechtfertigung des griechischen Baustils der
Walhalla unsere volle Zustimmung geben), die Charakteristik der Bauten K lenze's,
Gärtner's, Ohlmüller's, Ziebland's (dessen Kunstausstellungsgebäude wir
in seinen Verhältnissen nicht so tadelnswerth finden als unser Verfasser), Schwan-
thaler's, Schnorr's, Heinr. Heß' und Rottmann's; sodann über die Düssel-
dorfer Schule, worin besonders W. Schadow, Bendemann, Sohn, Hilde-
brandt und Lessing zur Sprache kommen; über den humoristischen Idealismus
Kaulbach's, dessen Charakteristik, besonders in den Berliner Wandgemälden, viel-
leicht der Abschnitt des Buches ist, dem wir am wenigsten beistimmen, wenn wir auch
das Urtheil über die Shakspeare-Bilder großentheils unterschreiben; über den Realis-
mus in der Skulptur (Rauch, Rietschel u. A-), über die Einkehr der Malerei in
das Volksthum (Ludw. Richter, Schwind); über die Krisis in der historischen
Malerei, wobei natürlich Gallait's Wirksamkeit mit vollem Rechte gegen die Stim-
men der Idealisten vertheidigt, Julius Schräder dagegen nicht richtig gewürdigt
wird; über die Volks- und Sittenmaler, über die Landschaftsmalerei und über die
Architektur seit Schinkel's Tode. In Bezug auf diese Letztere empfelen wir allen
Schreiern nach einem neuen Baustile diesen Abschnitt und den betreffenden Theil der
Schlußbetrachtung zur Beherzigung.

Statt ans die Darlegung der Vorzüge in den dann folgenden Abschnitten des
Buches: belgische und französische Kunst, weiter einzugehen, sprechen wir schließlich im
Interesse des Verfassers den allgemeinen Wunsch aus, daß durch Inhaltsangaben und
sorgfältige Register die praktische Brauchbarkeit der meisten seiner Werke erhöht wer-
den möge. Das vermißten wir an seiner „Baukunst des Mittelalters", seiner „Kunst-

geschichte" und eben hier. Das angehängte Künstlerverzeichniß stimmt mit den Na-
men der im Text erwähnten Künstler nicht überein und müßte durch Seitenzahlen
auf die Stellen des Buches Hinweisen, wo von dem jedesmaligen Künstler die Rede ist.

Kunstdenkmäler des christlichen Mittelalters in den Nbcinlanden.

Herausgeaeben von Ernst aus'm Weerth. I. Abth. Bildnerei. 1. Bd.

(Leipzig, T. O. Weigel. 1857.) 20 Blätter Imp. Fol. und 45 S. Text

in 4.

Abermals der Beginn einer Publikation von Kunstdenkmälern in deutschen Gauen,
den wir bei den mehrfach anderweitig begonnenen, aber nicht zu Ende geführten oder
wenigstens seit längerer Zeit in's Stocken gerathenen Unternehmungen ähnlicher Art,
zu allernächst mit dem Wunsche begrüßen, daß er seinem Versprechen gemäß alle Jahre
regelmäßig in einem Bande fortfahren und bis an's Ende geführt werden möge. Für
die Erfüllung dieses Wunsches, glauben wir, bürgt neben dem Namen des Heraus-
gebers vor allen Dingen der Name des um die Kunsterforschung in Deutschland hoch-
verdienten Verlegers. — Es sind die Rheinlands, und zwar die preußischen, vom
Herausgeber gewählt worden, die, wenn auch schon Manches entweder vereinzelt, oder
in trefflichen, aber leider zum Theil auch unvollendeten Sammlungen veröffentlicht
worden ist, doch noch in großen und kleinen Städten, in Flecken und Dörfern einen
Schatz von mittelalterlichen Kunstwerken besitzen, der in seinen bedeutenderen Bestand-
theilen bisher» fast nur ans Beschreibungen oder gelegentlicheren Erwähnungen bekannt
war. Da es nun im Vorworte heißt, daß die hier „vorhandenen mittelalterlichen
Knnstdenkmäler in möglichster Vollständigkeit, geordnet nach der geographischen Folge
der Fundörter und gesondert nach den drei Kunstarten Architektur, Skulptur und
Malerei gegeben werden sollen", so sind wir berechtigt, daraus zu schließen, daß auch
die bereits anderweitig in Abbildungen publicirten Denkmäler hier wiederum Auf-
nahme finden werden. Und das ist unseres Erachtens erforderlich, weil wir sonst
nirgends in einem Gesammtwerke zur vollständigen Kenntniß des Vorhandenen ge-
langen würden, und weil sich die rheinische Kunstgeschichte, die der Herausgeber als
den Schluß seines Werkes verheißt, an anderweitige Publikationen, die doch vielleicht
mancher Berichtigung bedürfen, anlehnen müßte.

Demnach beginnt der vorliegende 1. Band mit dem nordwestliche» Theile der
Rheinprovinz, mit dem ehemaligen Herzogthum Cleve, dessen Geschichte sowohl in
politischer als in künstlerischer Hinsicht uns in einer Einleitung (S. I—XXII) mit*
getheilt wird. Auf 20 Tafeln erhalten wir die in diesen Landen befindlichen Werke
der Plastik im weitesten Sinne des Wortes, wohin also außer den Arbeiten aus Stein
und Holz auch die ans Elfenbein, Email und edlen Metallen gehören.

Statt der vollständigen Angabe aller hier mitgetheilten Gegenstände (unter denen
freilich manche unbedeutend sind) und ihrer Fundörter heben wir nur die vorzüglichsten
mit der allgemeinen Bemerkung heraus, daß wir im Texte bisweilen eine genaue
Angabe darüber vermissen, in welchem (Kirchen-)GebLude und an welcher Stelle des-
selben sich das jedesmalige Denkmal befindet, und daß wir bei einigen der umfang-
reicheren und verhältnißmäßig wichtigeren Werke im Texte eine noch mehr in's Ein-
zelne gehende Beschreibung und Charakteristik gewünscht hätten; z. B. bei dem Marien-
altar in Calcar (Taf. XIV). Aus Emmerich wird unter Anderem der bisher wohl
nur aus der unvollständigen Abbildung bei Kinkel (Kunstgesch. Taf. VIII.) bekannte
Reliquienschrein des h. Willibrord, ein wichtiges Denkmal der fränkischen Periode (?)
mitgetheilt, ferner die trefflichen Chorstühle mit ihren Darstellungen (vom Jahre 1486)
aus der Thierfabel; aus Cleve mehrere nicht unbedeutende Grabmäler und eine streng
genommene nicht hierher gehörige Schüssel aus getriebenem Silber mit Arabesken
und figürlichen Darstellungen im Renaissancestil des 17. Jahrhunderts; sodann aus
Calcar drei geschnitzte, unbemalte Altäre, nämlich 1) der Hochaltar mit der Passion
Christi in vielen Scen^i nach Memlingscher Weise, derb naturalistisch im Ausdruck;
es ist derselbe, dessen bemalte Flügel das Hauptwerk des Johann von Calcar bilden;
2) ein großes, wunderbar schön geschnitztes Altarwerk, spätgothisch, mit dem Stamm-
baum Christi und Scenen aus seinem Leben; 3) der erwähnte Marienaltar, älter als
die beiden vorhergehenden, mit 10 Scenen aus dem Leben der Maria, eigenthümliche,
unmäßig lange Figuren, die ich denen des gleichzeitigen Malers Dierk Steuerbout
vergleichen möchte; endlich aus Tanten das gleichfalls nicht hierher gehörige Relief
 
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