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Die „Dioskuren" erschei-
nen am 1. u. 15. jedes Mo-
nats in 1—2 Bogen gr. 4.

Abonnemeutspreis vier-
teljährlich i Thlr. pi-Wnum.
für ganz Deutschland.

Sämmtliche Löbl. Poft-
anftalten u. Buchhand-
lungen des In- und Aus-
landes nehmen Abonne-
ments an. In Commission
der Nicolai'schen Buch-
handlung in Berlin.

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sNro.19.

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Mittheilungen und Cor-
respondenzen aller Art, wel-
che den Inhalt der Zeitung
betreffen, sind an die „Ne-
dactiou der Dioskuren"
(Jägerstr. 38), Reclama-
tionen an die „Expedi-
tion der Dioskuren"
(ebend.) zu richten.

sPreis einer einzelnen
Nummer 5 Sgr. ohne
Kunstbeilage.j

Zeitschrift für Kunst, Kunstiudustrie und kuustlerisches Leben,

redigüt unter Mitwirkung einheimischer und auswärtiger Ztunjtsreunde

von

Dr. Max Schasler,

Secretair des „Museums für 5l»»st und künstlerische Interessen" in Berlin.

Das Redaktionsbureau der „Dioskuren“ (Jägerstrasse 38) ist in der Regel täglich von 9 — 12 Uhr geöffnet.

3 n b

Abhandelndc Artikel: Die Akademie der Zukunft. 1. Die Akademie als Lehr-
anstalt (Fortsetzung). — lieber den Plan zu einem Karl-August-Denkmal als
Reiterstatue, von ff.

Correspondenzen: $ München (Schluß). — München. — A Düsseldorf,

Ende September. (Zur Stuttgarter Künstlerversammlung).

Kunllchronik: Verschiedene Lokolnachrichten ans Berlin, Königsberg, Düssel-
dorf, Köln, Wetter (in Westphalen), Dresden, München, Nürnbergs,
Augsburg, Weimar, Wien, Varad, Rom, Brüsfel, Paris.

alt:

Kunstkritik: Kritische Wanderungen u. s. s. 1. Die Perm. Gemäldeausstellung
v. Sachse. — 2. Die Ausstellung im Lokal des Kunstvereins. — 3. Die Ausstellung
der goldenen und silbernen Ehrengeschenke aus der Fabrik von Sy & Wagner.

Kunllliteratur und Album: Piloty & Sötte, die Königlich Baycrschen Pinako-
theken re.

Kunstinstitute und Kunstvereine: Königliche Akademie der Künste, in Berlin. —
Germanisches National-Museum in Nürnberg. — Zur Differenz der Herren
Dr. Waagen in Berlin und Morris Moore in London.

Die Akademie der Zukunft.

Ueber den Beruf einer Kunstakademie als Lehranstalt und als Behörde zur Vertretung der allgemeinen Kunstinteressen.

1. Die Akademie als Lehranstalt*).

(Fortsetzung.)

Die in der hiesigen Akademie kürzlich erfolgte Einrichtung einer höhe-
ren Malschule unter Leitung des Herrn Professor Julius Schräder
betrachten wir als einen höchst bedeutungsvollen Schritt, dessen Tragweite
vielleicht größer ist, als es bis jetzt von den dabei Betheiligten und Nicht-
betheiligten geahnt werden mag. Wir vermnthen, daß die Ausführung dessel-
ben mit einem mehr oder minder heftigen Widerstand von verschiedenen Seiten
hat zu kämpfen gehabt, und es ist daher denjenigen Mitgliedern des Senats,
welche diese Maaßregel unterstützt haben, sowie namentlich dem entschiedenen
Vorgehen des Vicedirektors Herrn Professor Herbig und dem festen Willen
Sr. Excellenz des Herrn Unterrichtsministers seitens Aller, denen die wahre
Förderung der Kunst am Herzen liegt, Dank zu wissen, daß sie diese wichtige
prinzipielle Frage zu einem so erfreulichen Ende geführt haben.

Als prinzipiell betrachten wir diese Frage — und das ist auch der
Grund, warum wir ihre Erörterung in unsre früher begonnenen Betrachtungen
über den „Berus einer Kunstakademie u. s. f." einreihen ■—■, weil diese Einrich-
tung einer höheren Malschule in unverkennbarer Weise auf den Anfang zu
einer ernsten und gründlichen Reorganisation des akademischen Lehrplans hin-
deutet; hauptsächlich durch den Umstand, daß die Leitung desselben einem Manne
üertragen wurde, welcher nicht nur als einer der gediegendsten und intelligentesten
Meister seines Faches bewährt ist, sondern auch — was hier von besonderer
Wichtigkeit ist — der frischen und kräftigen Richtung des modernen Knnstlebens
angehört, und darum am meisten geeignet ist, dem trägen Blutnmlanf des
akademischen Organismus eine größere Lebendigkeit und Jugendkraft zu ino-
kuliren. Es dürfte daher nicht überflüssig erscheinen, die Bedeutung dieser
Maaßregel mit einigen erklärenden Worten zu beleuchten.

Wie sehr man auch die besonderen Zeitumstände und andere beschränkenden
Verhältnisse, welche die im Innern der Akademie schon lange angeregten Re-
organisationspläne bisher nicht zur praktischen Austragung kommen ließen, in
Rechnung bringen mag: immerhin läßt sich nicht läugnen, daß die Akademie
in ihrem bisherigen Zustande der Bestimmung, welche sie ihrem Prinzip nach

, *) Vergl. Nr. 12 und 13 des Jahrgangs I. und Nr. 8 des Jahrgangs II. der
„Dioskuren."

erfüllen sollte, nämlich eine höhere Kunstschule zu sein, wenig entsprach: daß
sie in der Wirklichkeit eigentlich nur eine Elementarschule der Kunst war.
Namentlich gilt dies von den praktischen Fächern, welche sich sowohl in der
Malerei wie in der Plastik fast ausschließlich auf die Anfangsgründe der
Knnstthätigkeit beschränken. Denn das Zeichnen und Malen nach Vorbildern,
welche gewissermaßen nur das allgemeine Schema für die elementarische Aus-
bildung geben können, gewährt an sich nur die Möglichkeit, daß sich der Schüler
(und zwar immerhin nur bis zu einem gewissen Grade) mit'der Handhabung
des künstlerischen Werkzeugs vertraut mache, dessen freie Anwendung behufs
selbsteignen ideellen Schaffens, erst den wahren Anfang der eigentlichen Kunst-
thätigkeit bildet. Selbst die sogenannte Kompositionsklasse tritt ans
dieser elementaren Sphäre nicht heraus, da der in derselben gegebene Unter-
richt sich im Ganzen auf das äußerliche lincarischc Arangcmcnt der Gruppirung
und auf die sogenannte Gewandung beschränkt. Wir sind weit davon entfernt,
diese elementarischen Hebungen für die angehenden Kunstjüngen als überflüssig
oder gar als schädlich zu betrachten. Im Gegentheil, wir halten sie grade
für ebenso nützlich und nothwendig, wie das Erlernen der Wortformen für
denjenigen, welcher sich mit dem Geiste einer fremden Sprache vertraut machen
will. Aber, wie dieser nicht bei dem Dekliniren und Konjngiren stehen bleiben
darf, wenn er die fremde Sprache sprechen lernen will, sondern wie er, nach
vollständiger Bewältigung der Formenlehre, dann auch auf die Anwendung
derselben zur organischen Gestaltung des Satzes übergehen muß, um seine
Gedanken und Ideen zum freien und angemessenen Ausdruck zu bringen: so
ist auch die Formenlehre in der Kunst nur als die Vorschule zu einer höheren
Stufe zu betrachten, welche gewissermaßen die Syntax der Kunst lehre
enthält. Ist doch „Syntax" — dem Wortlaut nach — nichts Anderes, als
„Komposition", d. h. Zusammenstellung, nämlich organische Gestaltung und
Verbindung der gegebenen Formen zum freien Ausdruck der Idee. Gleichviel
ob diese Idee dem Reiche des verständigen Denkens, als Sprache, oder dem
der schöpferischen Phantasie, als Kunst, angehört: der Gestaltungsprozeß ist in
beiden nach den ewigen und unveränderlichen Gesetzen der Vernunft derselbe.

Die Errichtung einer höheren Malschule scheint nun offenbar aus der
Ueberzeugnng entsprungen zu sein, daß eine solche „Syntax der Kunst" als
Lehrfach bei der Akademie eine Nothwendigkeit sei, ja daß erst in dieser Stufe
der eigentliche Zweck der Akademie als höchster Kunstlehranstalt im Staate
 
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