Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
^-\3S- -^

sJahrg.II.

-^300-

Die „Dioskuren" erschei-
nen am 1. u. 15. jedes Mo-
nats in 1—2 Bogen gr. 4.

Abonnemeutspreis vier-
teljährlich i Thlr. prWnum.
für ganz Deutschland.

Sämmtliche Löbl. Post-
anstaltcn u. Buchhand-
lungen des In- und Aus-
landes nehmen Abonne-
ments an. In Commission
der Nicolai'schen Buch-
handlung in Berlin.

✓--s

i»ro.l5.l

1 — I

Mittheilungen und Cor-
respondenzen aller Art, wel-
che den Inhalt der Zeitung
betreffen, sind an die „Ne-
daction der Dioskuren"
(Iägerftr. 38), Reclama-
tionen an die „Expedi-
tion der Dioskuren"
(ebend.) zu richten.

sPreis einer einzelnen
Nummer 5 Sgr. ohne
Kunftbeilage.j

Zeitschrift für Kunst, Kunstindustrie und künstlerisches Leben,

&

1857.


redigirt unter Mitwirkung einheimischer uuö auswärtiger Aunstfreunde

von

Dr. Max Schasler,

Secretair des „Museums für Kunst und künstlerische Interessen" in Berlin.


sl.August.


Das Redaktionsbureau der „Dioskuren“ (Jägerstrasse 38) ist in der Regel täglich von 9 —12 Uhr geöffnet.

Inh

Abhandelnde Artikel: Die Häupter der modernen französischen Malerei
von Richard Fischer. V. Decamps.

Corrrspondensen: )( Dresden, 20. Juli. (Kunstausstellung.) — $ München,
20. Juli. (Schwind's Kaiser Rudolph.) — R München, Ende Juli. (Das
Zimmermannsfest; Antikritik des Schwind'schen Bildes.) — f Leipzig. —
E. Königsberg, Ende Juli. (Aus dem Leben des Bildhauers Freundt.)
Aus Lübeck. (Architektonisches.)

alt:

Kunstchronik: Verschiedene Lokolnachrichten aus Berlin, Arnstadt, München,
Nürnberg, Wien, Brüssel, Paris, Malta.

Kunstiitcratur und Album: H. Weiß, Kostümkunde. — I. Hübner, Bilder-
Brevier der Dresdener Galerie.

Kunstinftitute und Kunstncreiue: Die Ausstellung der von Minutolilschen Muster-
sammlung für Kunst und Gewerbe in Liegnitz. — Germanisches Nationalmuseum
in Nürnberg. — Kunstausstellung in Brüssel. — Briefkasten.

NB, Da wegen mehrwöchentlicher Abwesenheit des Redakteurs von Berlin die auf den 15. August fallende Nummer ausfällt, so

erscheint die folgende Nummer am 1. September.

Die Häupter der modernen franMscheil Malerei.

Ein Beitrag zur Geschichte und Kritik derselben

von

Richard Fischer.

V.

Decamps.

Wir sind in der günstigen Lage, (denn für den Historiker ist es immer
eine Gunst des Schicksals, von seinen Personen Unmittelbares zu besitzen),
den Künstler selbst als Biographen sprechen lassen zu können, indem er seine
Geschichte in einem Briefe an den bekannten Dr. Beron niedergelegt hat,
der in dem sechsten Bande seiner „Memoires d’un bourgeois de Paris“
enthalten ist. Dieser Brief ist eine so interessante und humoristische, für
Künstler im Besonderen so lehrreiche Autobiographie, daß er hier unver-
kürzt seine Stelle finden möge.

Veyrier, den 20. Oktober 1854.

„In der That, mein Herr, ich bin in einiger Verlegenheit, Ihrem mir
fc oft geäußerten Verlangen nachzukommen, Ihnen von mir und über meine
interessante Person einige biographische Nachrichten zu geben. Eine oder zwei
Stunden Unterhaltung, welche mir die Ehre und den Vortheil ihrer Bekannt-
schaft verschaffen, würde ich weit vorziehen. — Doch ich will mich bemühen, in
einigen Zeilen das Glück zu ersetzen, welches mir vom Schicksale versagt ist.

Des Widerwillens ungeachtet, den ich empfinde, indem ich von mir selbst
sprechen muß, glaube ich doch nicht länger zögern zu dürfen, dem Beispiele
iu folgen, welches mir so viele meiner großen Zeitgenossen gegeben habe»,
pse nicht fürchteten, der Zukunft vielfachen Anstoß zu geben, der sicherlich
^icht für sic, wie für viele Andere unter ihnen, dessen bin ich überzeugt, zum
^uten ausschlagen wird. •— Was nun den kritischen Th eil anbetrifft, der,
^'ie ich nicht zweifle, die Biographie begleiten soll, so unterwerfe ich mich
vollständig ihres Diskretion, denn sicherlich, mein Herr, haben Sie von mir
nne ebenso gute Meinung, als ich selbst, von welcher sic übrigens Beweise
stegeben haben durch ihre Zahlungen; Beweise, die heut zu Tage allgemeine
Verkennung finden. — Nach diesem ohne Zweifel sehr jnnnützen Vorworte
gehe ich nun zur Sache selbst über."

„Decamps (Alexandre Gabriel) ist geboren den dritten Tag des
dritten Monats des dritten Jahres dieses Jahrhunderts, nämlich den 3. März
1803, und ich schäme es mich zu sagen, kein anderes Wunder bezeichnete seine
Geburt. —- Der Mnnicipalität desselbigen Tages vorgestellt, wurde der kleine
Decamps einstimmig angeklagt, im Hinblick auf das maaßliche Volumen
seiner Gestalt, irgend ein Gesetz oder einen Befehl, ich weiß nicht welchen,
überschritten zu haben, welcher es den Aeltern einschärft, die Neugeborenen
in einer bestimmten Frist einzeichnen zu lassen."

„Wahrscheinlich erschien ich schon zu alt. Wie dem aber auch sein möge,
ich war sehr beleibt für mein Alter, was mich allerdings nicht hinderte, seither
sehr kränklich und leidend zu sein. Machen Sie nach allem Diesem Konjek-
turen über meine frühreifen Anlagen."

„Das, was mich in meinen ersten Jahren betraf, sind Dinge, die Allen
gemeinsam sind. Das Kind zeigte Anfangs genug schlechter Eigenschaften;
es war heftig und ungezogen, und hudelte seine Brüder; man weißsagte daher
nichts Gutes von ihm. So erreichte es denn das Alter, in welchem es sein
Vater, ein durchaus gescheuter Mann, für zweckmäßig erachtete, seine Kinder
in ein fast verödetes Thal der Picardie zu schicken, damit sie frühzeitig, wie
er sagte, das harte Landleben kennen lernen möchten."

„Ich weiß nicht, was meine Brüder daselbst lernten. Waö mich anbe-
langt, so vergaß ich bald meine Aeltern und Paris, so wie all' die große
Sorgfalt und Mühe, welche die gute Mutter sich gegeben hatte, uns lesen
und schreiben zu lehren. Ich ward, znm Dank, tauglich, die Nester auszu-
nehmen, und eifrig, Aepfel zu stehlen. Ich bewies den halsstarrigsten Wider-
stand, um hinter die Schule zu laufen — es gab nämlich in dieser Gegend eine
Schule, — und dck der Lehrer meine Gestalt selten erblickt hatte, so wußte
er nur von meinen Fersen zu erzählen. Ich irrte damr ans gut Glück umher,
die Wälder durchstreifend und in den Pfützen plätsck)ernd. Von daher schreibt
es sich auch, daß ich mir so etwas Wildes angewöhnt habe, was man seither
 
Annotationen