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Beilage zu M 7 der „Dioskuren".

tief warmen, etwas gedämpften Ton, welcher den O. Achenbach'schon Bil-
dern einen so eigenthümlichcn Reiz verleiht; die zweite zieht besonders durch
die charakteristische Naturschilderung an; beide aber zeigen, ohne eine Spur
von virtuosem Effekt, wovon O- Achenbach nicht immer frei ist, einen künst-
lerisch gediegenen und poetischen Charakter, so wie eine große Feinheit in der
Gesammtwirkung. Mehrere Landschaften „aus der Gegend von Etretat" und
„Hafen von Boulogne" von Ch. Hoguet verdienen ebenfalls wegen der
charaktervollen Auffassung der Motive und der leichten und doch so kräftigen
Behandlung große Anerkennung. Sehr überrascht waren wir von einer
kleinen Marine: „Englische Küste" von Ed. Schmidt, welche uns diesen
talentvollen und fleißigen Künstler von einein ganz neuen Gesichtspunkt zeigte.
Der zuweilen etwas konventionelle Charakter, welcher sich in früheren Werken
desselben offenbarte, ist in diesem reizenden Bilde gänzlich verschwunden, um
jener zarten und doch essektreichen Durchführung Platz zu machen, welche das
eigentliche Wesen der Kabinetsmalerei bildet. Einfachheit und Harmonie des

Gesammttons verbindet sich in diesem Bilde auf höchst glückliche Weise mit
Delikatesse der technischen Behandlung; dabei ist nichts von Schwere und
Stumpfheit des Tons, woran ans früheren Bildern des Künstlers die Schatten
litten, zu bemerken; kurz es ist ein Werk, welches jeder Galerie zur Zierde
gereichen wird. Vom Grasen Kalkreuth ist eine größere Landschaft: „der
Gmundener See" ausgestellt, welche von schöner poetischer Wirkung in. End-
lich müssen wir noch einen „Hof mit Geflügel" von Couturier erwähnen,
welcher zu den schönsten Werken dieses berühmten Meisters gerechnet werden
kann. Es sind hauptsächlich Hühner: ein Hahn, Hennen und eine Menge
Küchlein, welche sich auf den Stufen einer Steintreppe und auf dem Pflaster
des Hofes umhertnmmeln, alle mit äußerster Sauberkeit, aber ohne Glätte
und Penibilität, ausgeführt von einer bewundernswürdigen Charakteristik des
physiognomischen Ausdrucks in Haltung und Bewegung.

M. Sr

Kunst-Literatur und Album.

I. Kunstliteratur.

Aesthetik — Geschichte — Technik.

Aesthetik der christlichen bildenden Kunst des Mittelalters iu Deutsch-
% land von G. M. Dursch. Neue, mit Nachträgen, Registern und 19 gra-
virten Tafeln, Abbildungen vermehrte Ausgabe. Gr. 8. (Verlag der
Laupp'schen Buchhandlung in Tübingen.)

Amtlicher Bericht über die allgemeine Pariser Ausstellung von
Erzeugnissen der Landwirthschaft, des Gewerbfleißes und der schönen
Kunst im Jahre 1855. Erstattet unter Mitwirkung der Herren Preis-
richter und Berichterstatter der Deutschen Staatsregicrungen von Dr.
G. von Biebahn, Königl. Preuß. Oberfinanzrath und Kommissar bei
der Pariser Ausstellung, und Or. Schubarth, Königl. Preuß. Geh.
Regierungsrath und Professor an der Universität und Bauakademie zu
Berlin. Mit Grundrissen des Ausstellungspalastes und einem Situations-
plan. Berlin 1856. (Verlag der Decker'schen Geheimen Oberhofbuch-
druckerei.)

Es liegt in der Natur der Sache, daß wir hier von diesein umfassenden und
durch die im Allgemeinen mit der größten Sorgfalt znsannnengestellten Details ebenso
interessanten und belehrenden „Amtlichen Bericht über die Allgemeine Pariser Aus-
stellung des Jahres 1855" nur denjenigen Th eil in den Kreis unserer Besprechung
ziehen, welcher die Vertretung der bildenden Kunst betrifft. Und hier ist nun von
vorn herein zu beklagen, daß, wie der Bericht im Vorwort selbst bemerkt, gerade die
schönen Künste nur lückenhaft vertreten waren. Dennoch würde diese lückenhafte Ver-
tretung, wenn sie nur im Allgemeinen auf einer gewissen nationalen Gleichmäßigkeit
sowohl der Quantität als der Qualität nach basirt gewesen wäre, immerhin ein
wenn auch unvollkommnes Bild der allgemeinen Kunstthätigkeit der verschiedenen
Nationen gegeben haben. Allein dies ungeheuere Mißverhältniß zwischen den Fak-
toren der Vertretung z. B. Frankreichs und Deutschlands, läßt einen Schluß nach
dieser Seite hin gar nicht zu. „Der Amtliche Bericht" sagt §. 242 als Einleitung
zu diesem Gebiet- „Der Gedanke der französischen Regierung bei der Ausstellung
dieser Klaffe war, eine Gelegenheit zu geben, die Leistungen aller Nationen des
Erdballs, bei denen die betreffenden Künste angebaut werden, für
die letzten 50 Jahre unmittelbar vergleichen zu können. Mit Ausnahme
der Franzosen haben indeß nur noch die Engländer diesen Gedanken in seinem ganzen
Umfange verwirklicht. Alle übrigen Nationen waren dagegen mehr oder minder unvoll-
ständig vertreten. Namentlich war dies bei den Deutschen in einem sehr empfindli-
chen Grade der Fall." Der Bericht spricht von „Franzosen", „Engländern", „Deutschen",
aber er sagt nicht, ob er darunter die Künstler oder die Regierungen, resp. die mit
der Organisation der betreffenden Einsendungen betrauten administrativen Kommissionen,
begreife. Wir unsrerseits beklagen den Mangel an Energie, welcher sich in Deutschland
bei dieser für die Deutsche Kunst hochwichtigen Gelegenheit wieder einmal kund ge-
geben hat, um so tiefer, als die deutsche Kunst viel weniger im Auslande gekannt
und gewürdigt ist, als umgekehrt die ausländische bei uns. Aber wir lehnen zugleich
ausdrücklich jede Schuld in dieser Beziehung von den Künstlern ab. Es ist Nieman-
dem unbekannt, welche allgemeine Begeisterung für die Idee einer allgemeinen Kunst-
ausstellung unter den deutschen Künstlern herrschte, welche Rührigkeit unter ihnen sich
zeigte, als es sich darum handelte, die deutsche Kunst in weitestem Umfange einmal
in den Wettkamps mit der Kunst des Auslandes zu führen. Allein was vermochten
sie, die Einzelnen, ohne feste Organisation, ohne entsprechende Vertretung ihrer In-
teressen? Ihre Begeisterung fand kein Echo an der Stelle, welche allein in diesem
Falle maaßgebend war. Man betrachtet die Sache nicht in dem Grade für wichtig,
als sie es in der Thal war. Man begnügte sich damit, gerade so viel für eine Ver-
tretung der vaterländischen Kunst zu thun, als nöthig schien, um dem Gedanken an
die Absicht einer totalen Ausschließung zu begegnen. Das war nun freilich weniger
als wenig, und wir müssen behaupten, daß vielleicht eine wirkliche Ausschließung besser
gewesen wäre, als eine so lückenhafte Vertretung, welche — wenn auch immer ein-

zelne Kunstwerke von großer Bedeutung vorhanden waren — als Ganzes genommen,
doch nur den Eindruck eines kläglichen Armuthszeugnisses machen konnte, welches
Deutschland's Kunst sich selber ansgestellt.

Der „Amtliche Bericht" kann daher in der kaum einer Seite fassenden Ueberstcht
über die Leistungen der Deutschen Malerei nicht umhin, fast bei jedem Satze die Un-
vollständigkeit der Vertretung zuzugeben. Er beginnt sogleich folgendermaßen: „Die
Malerei in ihrer monumentalen Bedeutung, worin die Deutschen in der neueren Zeit
unbedingt die erste Stelle einnehmen, war durch einige Cartons von Cornelius
und Kaulbach.. . zwar würdig, aber sehr unvollständig vertreten. Unter den
übrigen Historienmalern fanden besonders die Bilder von Schräder aus Berlin und
Rosenfelder aus Königsberg Anerkennung." Von Lessing, Bendemann, Over-
beck, Schnorr, Schadow, Sohn, Däge, H.Hess, Schrandolph, Schwindt,
der jüngeren bedeutenden Künstler, wie CarlPiloty, Leutze u. s. f. gar nicht zu
gedenken, war nichts vorhanden. Unter den Landschaften z. B. fehlten Künstler wie
Lessing, W. Schirmer (Berlin), Max Schmidt, Gräb und vieleundere. „Die
Architekturmaierei war nur" — sagt der Amtliche Bericht — durch ein (!) Bild-
chen von Gräb zwar ausgezeichnet aber mager besetzt u. s. s. — Und dennoch war unter
den Bundesstaaten Preußen noch am besten vertreten!

Hören wir nun, was im Gegensatz dazu der „Amtliche Bericht" von den Fran-
zosen und Engländern sagt; es ist wahrlich charakteristisch: „Im vollen Gegensatz
zu den so lückenhaften Vertretung Deutscher Malerei war die der Franzosen in einer
seltenen Vollständigkeit vertreten. Mit Ausnahme von Paul de Laroche und
Ary Scheffer, welche (aus Prinzip) nichts ausgestellt hatten, fehlten keine Künstler
von Bedeutung. Und dabei hatten sich die namhaftesten Maler bemüht, nicht allein
ihre wichtigsten Werke, sondern auch Arbeiten aus den verschiedensten Zeiten ihrer
künstlerischen Laufbahn auszustellen, und Regierung wie Privatbesitzer hatten gewett-
eifert, ihnen die betreffenden Bilder zur Verfügung zu stellen. In Folge dieser verei-
nigten Bemühungen waren alle Richtungen der sianzösischen Schule, von der Schule
Davids bis auf die neueste Zeit wohl besetzt. Die Zahl der Aussteller (806) belief
sich so hoch, als die aller übrigen Nationen zusammengenommen, und ebenso nahmen
die Bilder, von denen z. B. die von Ingres und Horace Vernet je einen Saal
ausfüllten, auch reichlich die Hälfte des sämmtlichen vorhandenen Ramus ein. . —

i Aber man wird vielleicht einwenden, daß dies erklärlich sei, weil die Franzosen ja sich
sozusagen dort zu Hause befanden und daher viel weniger Schwierigkeiten mit Trans-
port, Anmeldung u. s. f. hatten. Dagegen ist die beste Antwort was der „Amtliche
Bericht" über die Engländer sagt: „Aus demselben, von dem Gefühl, daß es hier die
Ehre der nationalen Kunst gelte, hervorgerufenen Zusammenwirken der
Regierung, der Bilder besitzenden Privatleute und der Maler, wie bei
den Franzosen, war die Ausstellung der Englischen Malerschule die vollständigste von
allen, indem kein namhafter unter den lebenden Künstlern zurückgeblieben und viele
dafür Sorge getragen hatten, durch ihre bedeutendsten Werke vertreten zu sein. . .."

Wenn indeß der Berichterstatter (Herr Direktor Waagen), welcher mit anerken-
nenswerther Offenheit ans dieses Mißverhältniß aufmerksam macht, damit andeuten zu
wollen scheint, daß die Schuld desselben hauptsächlich den Künstlern und den Privat-
besitzern von Kunstwerken zuzuschreiben sei, so müssen wir dies, wie gesagt, wenigstens
für die große Mehrzahl der Künstler zurückweisen. Ein Zusammenwirken hat aller-
dings nicht stattgefundcn, allein ein solches ist nur da möglich, wo gleichberechtigte
Organe vorhanden sind. Nun aber bedarf es nur eines Blickes auf das Berzeichniß
der Kommissionsmitglieder, um zu sehen, daß eine persönliche Vertretung der Deutschen
Künstler bei der Ausstellung gar nicht vorhanden war, wenigstens nicht in dem wich-
tigsten Gebiete der Malerei. Unter den Mitgliedern des Preisgerichts für diese Ab-
theilung war Frankreich repräsentirt durch die Künstler: Delacroix, Flandrin,
Kob. Fleuri, Horace Vernet, Ingres, und außerdem durch verschiedene höhere
Mnisterialbeamten des Kunstdepartements, England durch die Künstler: Kohinson,
Taylor, Präsidenten der Gesellschaft der Aquarellmaler, und außerdem durch den
Lord Elcho, Mitglied des Parlements, Daniel Maclise, Mitglied der Akademie;
 
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