Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
/- 'S®—

sJ°hrg.II.f

--

Die „Dioskuren" ersitzet-
nen am 1. und 15. jedes Mo-
nats in 1—2 Bogen gr. 4.

Abonnements-Preis vier-
teljährlich 1 Thlr. praenum.
für ganz Deutschland.

Sämmtliche Löbl. Post-
anstalten u. Buchhand-
lungen des In- und Aus-
landes nehmenAbonnements
an. In Commission der
Nicolai'schen Buchhand,
lung in Berlin.

f

-—'

f Nro. 9. <|>

' —40^— *

Mittheilungen und Corre-
spondenzen aller Art, welche
den Inhalt der Zeitung be-
treffen, sind an die „Re-
daction der Dioskuren"
(Jägerstr. 38), Reklama-
tionen an die „Expedi-
tion der Dioskuren"
hebend.) zu richten.

sPreis einer einz cln en
Nummer 5 Sgr. ohne Kunst-
beilage.)

Zeitschrift ftir Kunst, Kunllindulirie und künstlerisches Leben,

rcbiQtrt unter Mitwirkung einheimischer unö auswärtiger Ruustfreuude

von

Dr. Max Schasler,

©ecretair des „Museums für Kunst und künstlerische Interessen" in Berlin.


1. Mai.f

&

1857.


Dos Reäaktionsdnrean cier „Dioskuren“ (Jägerstrasse 38) ist in der Regel täglich von 9 — 12 Uhr geöffnet.

Inh

Abhandelndc Artikel: Die Häupter der modernen französischen Malerei von R. A.
Correfpondenzen: Karlsruhe, im April. — R. Danzig, im April. (Schluß.)

A Düsseldorf, im April.

Kunstchronik: Verschiedene Lokolnachrichten aus Berlin, Halle, Magdeburg,
Köln, Düsseldorf, Dessau, Alteustein, Nürnberg, Frankfurt a. M.
Wien, Paris, Brüssel, Rom, London, Manchester, Dublin, Stock-
holm, Kopenhagen, Petersburg.

alt:

Kunstkritik: Kritische Wanderungen durch die Kuustinstitute und Atelie rs
von Berlin, t. Ausstellung im Lokal des Kunstvereins. — 2. Die Gemälde-
sammlung des verstorbenen Banquiers Michael Wolfs. — 3. Atelier des Bild-
hauer Heidel. — 4. Die Ausstellung von Florentinischen Marmor- und Ala-
basterwerken in der Akademie. — 5. Permanente Gemäldeausstellung von Sachse. —
Kunstinstitute und Kunjwereine: Wissenschaftlicher Kunstverein — Zur Differenz
des Hrn. Dr. Waagen in Berlin und Morris Moore in London re.

Die Hliuptrr der modernen französischen Malerei.

Ein Beitrag zur Geschichte und Kritik derselben
von

Richard Fischer.

Einleitung.

Es ist eine der wichtigsten aber auch schwierigsten Aufgaben der Geschichts-
schreibung im Allgemeinen, also auch der Geschichtsschreibung der Kunst im
Besonderen, nicht allein das Was und das Wie der Erscheinungen und Er-
zeugnisse zu schildern, sondern auch das Warum derselben zu ermitteln und
zur Darstellung zu bringen, also die Gründe nachzuweisen, welche die Rich-
tungen, Gegenstände und Formen dem Wese» nach bedingen und bestimmen.
Wenn wir uns auch hier nur auf einige Häupter und Vertreter der mo-
dernen französischen Malerei beschränken, so ist es doch eine unserer ersten
Aufgaben, von der allgemeinen materiellen und geschichtlichen Basis aus die
cigenthümliche Entfaltung der modernen französischen Kunst, also eben dieses
Warum derselben nachzuweisen.

Wir können natürlich hier nicht in die Geschichte der französischen Malerei
des Weiteren eingehen; allein um den genetischen Entwicklungsgang derselben von
den früheren Jahrhunderten bis auf unsere Tage zu schildern, werfen wir
zum allgemeinen, tieferen logischen Verständnisse der modernen französischen
Kunst einen Rückblick auf ihre ältere Geschichte. Für den philosophischen
Kunst- und Geschichtsforscher ist diese Logik der Geschichte ein besonders
anziehendes und belohnendes Studium.

Den Geschichtskundigen ist es bekannt, daß die Malerei in Frankreich
erst in späteren Zeiten, nämlich zu Anfang des siebenzehnten Jahrhunderts,
zu einer allgemeineren künstlerischen Bedeutung sich aufschwang. Die Portrait-
schule der Elouets, genannt Janets, von welcher das Louvre eine Reihe
vorzüglicher Arbeiten, besonders in kleinerem, fast miniaturartigem Maaßstabe,
aufweist, war nur eine flüchtige, vereinzelte Blüthe in den mittleren und letz-
ten Jahrzehnten des sechszehnten Jahrhunderts. Sehr natürlich. Die langen
und verderblichen Kriege, sowie die feudalistischen Kämpfe zwischen Adel und
Krone im Mittelalter, im sechszehnten Jahrhunderte aber die religiösen Par-
teiungen und Zerwürfnisse machten die Entwickelung eines Kunstlebens ganz
unmöglich und wirkten namentlich auch auf seine religiös kirchliche Malerei
höchst nachtheilig ein. Während in Flandern, Westdeutschland und Italien
die religiös-kirchliche Malerei von der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts
an bis in die Mitte des sechszehnten hinein, ans das Glänzendste sich ent-

faltete, hat Frankreich auch nicht einen einzigen Meister von Bedeutung in
diesem Fache aufzuweisen. Namen, wie Nikolas Pion und Giachetto
sind höchst apokryphischer Natur. Anders war es jedoch mit der Miniatoren-
schule, als deren Haupt wir hier nur Jean Fouquet von Tours, Hofmaler
Louis XI., anführen Die öffentlichen Bibliotheken in Paris liefern die Beläge,
welche hohe Stufe der Ausbildung die Miniature in Frankreich während des
Mittelalters einnahm.

So kommt es denn, daß die Historienmalerei im Allgemeinen, und die
religiös-kirchliche im Besonderen erst mit Vouet, Poussin, Ph. deEham-
paigne, le Sueur und Mignard beginnt und in logischer Konsequenz,
theils der Klassicismus, theils der Naturalismus von Anfang an sich geltend
macht. Gemälde biblischen oder legendarischen Inhalts im Stile eines

I. van Eyck, Memling, Rogier van der Weyde, Messis, Dürer
u. A. hat die französische Kunst garnicht aufzuweisen, weder in älterer noch
in neuester Zeit, wie überhaupt dieser specifisch christlich-mittelalterliche, ro-
mantische Typus, die Miniature ausgenommen, niemals Meister und Verehrer
gefunden hat, und zwar vor Allem aus dem einfachen Grunde, weil dieser
Typus, diese kindgläubige Naivetät, diese mönchische Askese, diese fromme
Sinnigkeit, dieser weltverachtende Mysticismus und starre Dogmatismus dem
Geiste, Wesen und Charakter des Franzosen, als Nation, vollkommen fremd
ist. Was einmal dem Geiste, Wesen und Charakter einer Nation fremd i|i,
kann sich auch niemals und in keiner Weise in ihr im Großen und Ganzen
entwickeln. In dieser Beziehung wenigstens muß man der französischen Nation
Christenthum und Religion, im Leben wie in der Kunst, absprechen. Der leben-
dige, heißblütige, thatkräftige, poetisch gestimmte. Glanz und Genuß liebende
Franzose wird und muß logisch seinen Kunstgenius, den er in reichem Maaße
besitzt, in anderen Formen zur Anschauung bringen, als in diesen specifisch
christlichen, romantischen. Frankreich hatte ans den angeführten Gründen,
also in Folge der geschichtlichen, materiellen Zustände des Landes, bis zum An-
fang des siebenzehnten Jahrhunderts keine nationale Malerei, die es selbst-
ständig und bewußt Stufe für Stufe dem Idealismus zugeführt hätte, Frank-
reich ward in den ersten Jahrzehnten des sechszehnten Jahrhunderts durch die
Meisterwerke der Malerei und Plastik, welche sein kunstsinniger König Franz I.
 
Annotationen