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über zu sprechen, betrachtet werden darf. Viele Leute waren bei Eröffnung
der Vorlesungen der Ansicht, daß sie sich nicht halten und, wenn auch Anfangs
die Neugierde Einige heranzöge, im Verfolge leer bleiben würden. Es hat
sich — em Zeichen der Zeit — gezeigt, daß Leute aus allen Ständen, Adelige
und Beamte, Geistliche und Weltliche, daran ein außerordentliches Interesse
nahmen. Professor v. Eitelberger hielt diese Vorlesungen übrigens als
Mitglied des Älterthumsvereins und ohne alles Honorar.

Paris. — Eugen Delacroix ist mit 22 Stimmen zum Mitgliede der
Akademie der schönen Künste erwählt worden. Seine Mitbewerber waren
Heß und Heinrich Lehmann.

-Die Gemäldeliebhaber sind in großer Bewegung, und haufen-
weise strömen sie nach dem Hotel Drouot, wo gestern der erste Verkauf der
Sammlung des Hrn. Marcille begonnen hat. Der vor Kurzem verstorbene
Hr. Marc ille war einer der passionirtesten Liebhaber, der sein ganzes Leben
damit zugebracht, eine Galerie zu sammeln, die über 4000 Bilder enthielt.
Er liebte vorzüglich das 18. Jahrhundert und suchte mit Vorliebe die geringsten
Skizzen jener Epoche. So besaß er eine große Anzahl von Gemälden von
Chardin, Watteau, Lancret, Boucher, Fragonard und Greuze,
und darunter Kapitalbilder. Auch eine bedeutende Anzahl historischer Portraits
ist vorhanden. Aber der Schmuck seiner Galerie war seine Sammlung von
Werken von Prudhon, die vollständigste, die man kennt und die einzige, die
eine Idee von dem Talent dieses Künstlers geben kann. Die Passion des
Hrn. Marcille für diesen Maler hatte zu einer Zeit begonnen, wo die aka-
demische Malerei absolut regierte, und die Werke von Prudhon, um die
man sich heute streitet, vollständig verkannt wurden. Einige Monate vor
seinem Tode hatte zwar Hr. Marcille die Meisterwerke seiner Galerie unter
seine beiden Söhne getheilt; aber unter den Bildern, welche zum Verkauf
kommen, befinden sich noch viele vortreffliche. Die erste Abtheilung, mit deren
Verkauf gestern angefangen worden, umfaßt 206 Gemälde. Die anderen
werden nach und nach herankommen, und es werden wohl sechs Monate hin-
gehen, bis alle andere Eigenthümer gefunden haben.

-Horace Bern et hat ein neues Gemälde „Daniel in der Löwen-
grube vollendet, welches sehr gerühmt wird. Namentlich soll die Ausführung
der den Propheten umgebenden wilden Thiere eine gelungene sein.

--Während vor zehn Jahren des bekannten Gudin Seestücke mit

60- bis 80,000 Franken bezahlt wurden, brachten die hier kürzlich öffentlich
verkauften zehn Meisterarbeiten dieses Künstlers 4445, sage viertausendvier-
hundertfünfundvierzig Franken. Das thenerste, eine Brandung, kam auf
610 Franken, sonst waren die Preise: 600, 590, 520 bis zu 100 Franken
das Bild.

— — Der Verkauf der reichen und bedeutenden Sammlung der Frau
Marschällin von Lannes, Herzogin von Montebello, wird Montag, den 2. Fe-,
bruar 1857 in ihrem Hotel zu Paris beginnen. Diese Sammlung besteht
hauptsächlich in altem chinesischen, japanesischen, sächsischen und Sevres-Por-
zellan, — reichen und kostbaren Möbeln, Wandstücken und feinen Gegen-
ständen aus altem japanesischen Lack, — einem reizenden kleinen Mobiliar
von Rosenholz, eingelegt mit großen Placken von 8svrss - tsnclrs und mit
Blumenkörben, bekannt als einst im Besitz der Königin Marie Antoinette ge-
wesen, — Kunstbroncen, Kandelabern Louis XVI., — Tabaksdosen, Bon-
bonieren, — einem wunderschönen Portrait Peters des Großen, von Soiron
d. Aelteren gemalt, — verschiedene Schmucksachen, — Bergkrystallen, —
schönen alten Seidenzeugen u. s. f.

— — Es sollen mittelst Photographie alle assyrischen, ägyptischen,
griechischen und römischen Inschriften abgebildet werden, welche sich auf den
Granit- und Marmor-Monumenten und Ueberresten im Louvre-Museum und
in der Kaiser!. Bibliothek befinden, damit diese Inschriften für die Geschichts-
forscher und Archäologen niemals verloren gehen. Ebenso wird die berühmte,
in drei Sprachen geschriebene Inschrift von Rosette, in zahlreichen Exemplaren
in Bronce galvanisch abgezogen werden.

— — Das Album, welches der Stadtrath von den bedeutendsten Künst-
lern zur Feier des Aufenthalts der Königin Victoria in Paris anfertigen ließ
und das die bedeutsamsten Scenen auö dieser Reise darstellt, ist jetzt voll-
endet und bereits nach Eugland abgeschickt.

Turin. — Man hat seitens Mailands eine bedeutende Summe zusam-
men gebracht, um den Bildhauer Cav. Bela mit der Ausführung eines Mo-
numents betrauen zu können, welches auf einen der schönsten Plätze Turins
zu stehen kommen und als ein Sinnbild der Zuneigung und der Stamm-
verwandtschaft der Mailänder auch späteren Zeiten Zeugnis; geben soll. Das
schon in Angriff genommene Monument wird aus Marmor in kolossaler Größe
ausgeführt werden, und stellt einen piemontesischen Fahnenträger dar, welcher
die Fahne in der linken Hand hält, während er mit dem Schwert in der
Rechten dieselbe vertheidigt. Die Gestalt des Bannerträgers soll drei Metres,
die des Piedestals sechs Metres haben; auf der Vorderseite des letztem sollen
die Worte zu stehen kommen: „Die Mailänder der sardinischen Armee am
15. Januar 1857."

Rom. — Der Architekt Carnavali baute dem Fürsten Torlonia ein
Haustheater, für welches unsere bedeutendsten Bildhauer die neun Musen in
Marmorgruppen ausführten. Uuserm Landsmanne W. Matthiae auö Berlin
fiel Polyhymnia zu. Die Gruppen wurden eben vollendet. Da stellt sich nun
zum Schrecken des Fürsten heraus, daß der Architekt die Treppe so eng an-
legte, daß die Musen nicht durchkönnen. Die Gruppen müssen also anderSwo
untergebracht, oder die ganze Treppe des thurmhohen Hauses muß eingerissen
werden.

— — lieber die letztwilligen Verfügungen des in Rom verstorbenen
Malers Franz Catel erfahren wir Folgendes: Fr. Catel hinterläßt in
Kapitalien und liegenden Gründen (meist in der Mark Ancona) ein Vermögen
von mehr als 80,000 Scudi (120,000 Thlr. preußisch). Seine Gattin, eine
Römerin, hat auf Lebenszeit den Nießbrauch der halben Hinterlassenschaft.
Da er kinderlos starb und seine Berliner Verwandten wohlhabend sind, so
verfügte er über die andere Hälfte des Vermögens und, nach dem Tode der
Frau, auch über den jetzt legalen Th eil zum Besten Anderer. In seinem
Testament sagt er: er verdanke alles, was er besitze, seiner Kunst, darum
solle es den Jüngern der Kunst verbleiben. Die Hauptmasse soll demnach
den Fonds einer milden Stiftung für solche deutsche Künstler bilden, welche
hier unverschuldet Noth leiden. Dem deutschen Künstlerverein in Rom hinter-
läßt er seine Kupferstiche, Skizzen, Bilder, deren Werth sich auf 9000 Scudi
belaufen dürfte. Catel bekennt, während des langen Aufenthalts in Rom
seitens der Italiener so viele liebevolle Theilnahme und Aufmerksamkeit er-
fahren zu haben, daß die Erinnerung daran ihm uni so lebhafter vor die
Seele trete, je näher sein Ende heranrücke. Er hinterlasse daher, wie für die
deutschen, so auch für die italienischen bedürftigen Künstler einen Theil seines
Vermögens zu einer Unterstützungskasse, mit dem Wunsche, daß sein Beispiel
Nachfolger finden möge. Geistliche Curatele und geistliches Patronat, wie
sie bei Testamentsvollstreckungen hier gewöhnlich sind, wurden geflissentlich
ausgeschlossen; dagegen soll .der jedesmalige Senator Roms um die Annahme
der Pflegschaft über die Stiftung für die Italiener ersucht werdeu. Zur Ord-
nung und Vollstreckung dieses unserm Landsmann dauernden Dank sichernden
letzten Willens ernannte er secks Italiener und zwei Deutsche.

London. — William Simpson, der Künstler des Krieges in der
Krim, ist von der Königin beauftragt, für ihre Privatgalerie ein Gemälde
ihres Empfanges an Bord des „Resolute" anzufertigen. Das Bild wird die
Portraits mehrerer Mitglieder der königlichen Familie, des Kapitän Hartstein,
der amerikanischen Offiziere und des amerikanischen Konsuls enthalten, soll
gestochen werden und dürfte in der Form des Kupferstichs, als Gedenkblatt
internationaler Galanterie, diesseits und jenseits des atlantischen OceanS zahl-
reiche Käufer finden.

Kunst-Literatur und Album.

I. Kunstliteratur.

Aesthetik — Geschichte — Technik.

Kunst und Leben der Vorzeit, von Beginn des Mittelalters bis
zu Anfang des 19. Jahrhunderts, in Skizzen nach Originaldenk-
mälern für Künstler und Kunstfreunde zusammengestellt und herausg. von
vr. A. von Eye, Vorstand der Kunst- und Alterthumssammlung des
germanischen Museums in Nürnberg, und Jakob Falke, Konservator
und Sekretair der Kunstsammlung am Germ. Mus. — (Heft I—XIII.)
Gezeichnet und radirt von Willibald Maurer. Nürnberg, 1855.
(Verlag von Bauer und Raspe: Julius Merz.)

Das vorliegende Werk ist ein wissenschaftliches Kostümwerk, welches die Trachten,
Gerathe und verschiedene tektonische Gegenstände des privaten und öffentlichen Lebens
aus dem Mittelalter und der Neuzeit in Radirungen nach den Originalen oder ori-
ginalen Abbildungen darstellt. Die Blätter bilden die Hauptsache darin, indem jedem
derselben nur ein Blatt Text, einen gedrängten historischen und künstlerischen Kom-
mentar der Darstellung enthaltend, beigegeben ist. Aber weit entfernt, hierin einen

Fortsetzung in

Fehler zu finden, glauben wir vielmehr, daß dies der einzige richtige Weg ist, die
Kostüinlehre praktisch zu bearbeiten und namentlich für Künstler brauchbar zu machen.
Denn für diese ist der weitschweifige, wenn auch noch so gründliche, resp. gelehrte
Text, der etwa nur durch mehr oder minder dürftige Illustrationen vervollständigt
wird, mehr ein Hinderniß als ein Hülfsmittel, um den stofflichen Inhalt aufzunehmen.
Wird dagegen der Text dem Bilde untergeordnet und gewährt das letztere hinläng-
liches Interesse zur näheren Betrachtung, so ist der Tert eine dankenswerthe Zugabe,
welche das Verständniß der Abbildung erleichtert und vervollständigt. Die Radirnu-
gen nun verdienen sowohl rücksichtlich der Auswahl und Anordnung der Gegenstände
als auch in Betreff der charakteristischen Wiedergabe hohe Anerkennung. Man fühlt
es dem ganzen Werke ans dem ersten Blick an, daß es sich hier nicht auf eine buch-
händlerische Speknlation, sondern um die gewissenhafte Verarbeitung eines gediegenen
und zum großen Theil seltenen Stoffs handelt; und zu einem solchen Unternehmen
war wohl Niemand geeigneter als die Herausgeber, welche durch ihre Stellung an
den bedeutenden Kunstsammlungen des Germanischen Museums in Nürnberg und durch
ihre gründliche Kenntniß des ganzen antiquarischen und ästhetischen Gebiets des Mittel-
alters nicht nur den ganzen Stoffreichthum zu überblicken, sondern auch zu sichten
der Beilage.
 
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