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t Danzig, (Fortsetzung aus Nro. 3.) Um nicht zu ermüden, übergehe
ich das weniger Interessante, was noch von der Bauart unserer übrigen Kir-
chen zu erwähnen wäreh und richte meine Aufmerksamkeit auf die anderen
öffentlichen Gebäude dieser alten schönen Stadt, von denen ich zuerst den

Artus Hof nenne, um so lieber, da meines Wissens außer Danzig keine
andere Stadt mehr einen solchen aufzuweisen hat. In diesen weiten Hallen,
unter diesen hohen, schönen Spitzbogengewölben, die auf vier schlanken Granit-
pfeilern ruhen, ging es in alter Zeit heiter und lustig einher; nach gethaner
Arbeit leerte man bei traulichen, geselligen Gesprächen die Humpen und ließ
sich dazu von Stadtpfeifern und Hofviolinisten, die damals auf der Empore,
wo jetzt die Uhr ist, standen, ausspielen. Johannes Haasentödter, ein
früherer Sekretarius dieser Stadt, leitet die Benennung dieses Gebäudes
folgendermaßen her:

Ein König war in Engelland,

Arthnrns oder Arthus genannt,

Ein gar waidlicher tapfrer Held,

, All' seine Feinde hat er gefällt,

Seine Tugend ist in manchem Land,

Auch an der Ostsee, wohl bekannt,

Die Höf' und Gärten er fnndirt,

Drin es gar ehrbar gehalten wird,

Da ist kein Zank, noch Hauen, Stechen,

Mit Frieden thut ein Jeder zechen u. s. w.

Wenn jene obenerwähnten geselligen Konversationen der damaligen Zeit
auch nicht durch Zeitungen aus allen Weltgegenden angeregt wurden, so wer-
den wohl umsomehr die reichen, mannigfaltigen, phantastischen Schöpfungen
der Malerei und Skulptur an den Wänden einen reichen Stoff zur Unter-
haltung gegeben haben. Man verweilt noch in unserer Zeit mit lebhaftem
Interesse dabei, wenn gleich leider manches bereits zerstört ist; so fehlt na-
mentlich ganz ein Triumphzug, aus Holz und Elfenbein geschnitten, welcher
in dem Friese über den Vertäfelungen der Sitze unter Glas aufbewahrt wurde.
Dieses Kunstwerk verschwand 1813, als der Artushof von den Franzosen zum
Militairlazareth benutzt wurde. Von einem anderen gemalten Triumphzuge,
die nach Marienburg ziehenden Danziger vorstellend, ist nur noch ein kleines
Stück vorhanden. Andere verdienstliche Leistungen der bildenden Knust in
diesem Gebäude werde ich noch weiter unten umständlicher erörtern. Ich
kenne keinen Saal der mittelalterlichen Zeit, der eine so kühne, schöne Archi-
tektur mit so vieler Pracht vereint nnd gleichsam wie aus einem Guß fertig
und vollendet dafteht.

Kann man doch keine Hand an die Wände legen, ohne auf Malerei,
Bildhauerei, Schnitzwerk, Vergoldung u. s. w. zu treffen. Rüstungen, außer-
ordentliche Hirschgeweihe, Fahnen, zierliche Schiffsmodelle der früheren Zeit
und vieles Andere mehr steigert dies Ganze bis zu einem sehr malerischen
Eindrücke und sehr natürlich erscheint es mir, daß dem so phantasiereichen
Hoffmann alle diese wunderbaren Gebilde des originellen Baues bei der
Beschauung sich belebten und in Gemeinschaft mit ihren Verfertigern bunt
durch einander, lebendig an ihm vorüberzogen, wie wir aus einer seiner inter-
essanten Novellen in den Serapions-Brüdern, „der Artushof" genannt, ersehen.
Unter dem jetzt gedielten Fußboden befindet sich noch der ältere von Stein,
der, wenn er sichtbar wäre, dem Ganzen noch mehr Würde geben würde;
indeß ist derselbe für den jetzigen Gebrauch des Gebäudes als Börse aller-
dings unbequem; sehr bedaure ich aber, daß die Marmorstatuc August III.
ihren früheren Platz in der Mitte des Saales hat räumen nnd mit einem
unzweckmäßigern in einem Winkel desselben vor wenigen Jahren vertauschen
müssen. An ihrem früheren Platze war diese weiße Marmorstatue sehr wohl
berechnet, denn nachdem die früheren zierlichen Sitze und Bänke des Trink-
gelages weggeräumt waren, erschien nvthwendig der Saal leer und diese
Statue gab daher demselben einen festen Mittelpunkt, auf welchem das Auge
wohlgefällig von den bunten Verzierungen der Wände ausruhte. Ueberdies
hatte diese Statue ihren geschichtlichen Werth, die Kaufmannschaft setzte sie
bekanntlich 1755 ihrem damals rechtmäßigen Schutzherrn und sie wurde, von
dem Danziger Bildhauer Meißner gefertigt, feierlich dort aufgestellt. Bei
der bedeutenden Größe des Saales war sie in keiner Art hinderlich, und sie
ist auch keineswegs so wenig gut gearbeitet, als man zuweilen behaupten will,
wenigstens hat man bis jetzt noch nichts Besseres an ihre Stelle hinsetzen
lassen.

Eine Marmorstatue unseres allgeliebten und verehrten hochseligen Königs
wäre in dieser Beziehung als Ergänzung unbedingt das Erfreulichste, und nach
der Rücksprache mit Prof. Rauch in Berlin, die ich nicht ohne Veranlassung
nahm, würde ein solches Werk zwar nicht von ihn; selbst oder in Berlin ge-
fertigt, aber durch seine gütige Vermittelung in Carrara ausgeführt, nicht
viel über 1000 Thlr. zu stehen kommen. Möchte sich doch diese patriotische
Absicht verwirklichen.

Der Baustil dieses Saales, abgesehen von seinen Verzierungen, ist aus
dem 14. Jahrhundert, und ich kann in dieser Beziehung nicht glauben, daß
bei dem, ini Jahre 1476 geschehenen Brande des Artushofes dieser Saal in
seinen Mauern, Pfeilern und Wölbungen mit zerstört worden wäre. Denn
sehr verschieden mit den Gewohnheiten unserer Zeit, wo man ägyptisch, grie-
chisch, römisch, gothisch u. s. w. durcheinander baut, hielt man sich in früheren
Jahrhunderten streng an den zeitgemäßen Baustil, und dies findet man denn
auch an der Hauptfayade des Artushofes beobachtet, die nach jenem Brande
und zwar im Jahre 1552 vollendet wurde; sie ist mehr italienisch, oder, wenn
ich so sagen darf, gewissermaaßen italienisch-gothisch, indem der altdeutsche
Baustil des Innern durch die drei großen Spitzbogenfenster seine Rechte in der
Fayade geltend macht. Ungeachtet eines solchen gemischten Baustils sehe ich
diese Fapade doch immer sehr gern, sie erscheint mir ganz gut in ihren Ver-
hältnissen, der abgestumpfte attikenartige Giebel mit Pilastern und durch-

brochener Galerie macht sich sehr interessant; auch durch seine Krönung des
hervorragenden Daches, worauf als Schluß eine Figur steht. Die neben den
Fenstern auf Kragsteinen angebrachten vollrunden Statuen, die basreliefarti-
gen Medaillonsportraits Karl's V. in, Portal, die vielen Vergoldungen über-
haupt, auch die große, beischlagartige Treppe, die leider ganz kürzlich ver-
kleinert worden, geben dem Ganzen viel Pracht und bereiten für das Innere
des Gebäudes würdig vor.

Die gute Nachbarschaft mag es entschuldigen, wenn ich gleich des an-
grenzenden, früheren Schöppenhauses, der jetzigen Admiralität, gedenke.
In Curike's Chronik ist uns noch ein guter Kupferstich aufbewahrt, von der
ehemaligen luxuriösen Fayade dieses Gebäudes, ganz mit Reliefs von Figuren
und Ornamenten bedeckt. Der Giebel war nicht spitz, sondern mit gradeni
Sturz nach der ganzen Breite des Hauses, und Zinnen krönten denselben.
In einigen Bildern hier am Orte, wovon das eine in der Kabrun'schen Bilder-
alerie, das andere im Privatbesitz sich befinde;, sieht man dieses schöne Ge-
äude in Flammen stehend. Mode und Nenerungssucht haben dann noch das
Interessante einer späteren Zeit, das sich vorzüglich im Innern vorfand, gänz-
lich zerstört und so ist denn nun nichts Erfreuliches an dem Hanse mehr vor-
handen und der schöne Artushof hat seine gute Nachbarschaft für immer
verloren. (Fortsetzung folgt.)

A Düsseldorf, den 9. März. (Kritik nnd Antikritik.) — Sicherlich
haben Sie den Aufsatz, den Herr O. v. Schorn gegen meine Antikritik und
meine Person in der Kölner Zeitung losgelassen, gelesen. Es wird Ihnen
das Auftreten desselben ebenso sonderbar erschienen sein, wie mir. Es wird
mir darin huldvollst das Recht zuerkannt, meine Ansicht über ein Bild aus-
zusprechen, selbst wenn sie sich herausnähme, von der des Herrn v. Schorn
abzuweichen. Aber statt daß diese Herablassung mich mit dankbarer Rührung
erfüllen sollte, ist mein Gemüth verstockt genug, um noch ein anderes Recht
in Anspruch zu nehmen, das mir, scheint es, nicht gewährt wird: das Recht
nämlich, seine Kritik anzugreifen, welche sich herausnimmt, nicht allein die ganze
hiesige Künstlerschaft im Gegensatz zu „einem plötzlich auftauchenden Künstler"
mehrfach über die Achsel anzusehen, sondern auch die meisten ihrer Leistungen
als auf möglichst schnellen Geldgewinn berechnet darzustellen. Dieses Recht
nehme ich in Anspruch, nnd das ist der hohe Standpunkt, der mich berech-
tigt, die Kritik des Hrn. v. Schorn anzugreifen. Derselbe hohe Standpunkt
konnte mich denn auch nicht veranlassen, im Einzelnen zu widerlegen, sondern
einfach eine Rüge ergehen zu lassen. Was ich über das Bild gesagt, war
dem Sinne nach das Urtheil der meisten hiesigen Künstler, die etwas leisten
in der Kunst; was ich dagegen über die Kritik gesagt, die allgemeine
Ansicht, noch bin ich deshalb auch weit entfernt davon, mir ein Verdienst des-
halb vindiciren zu wollen. — Wenn übrigens Hr. Sch. sagt, die Korrespon-
denten der Narionalzeitung und der Neuen Pr. Zeitung seien der-
selben Ansicht gewesen wie er, so scheint mir, läßt sich das auf dem sehr
natürlichen Wege erklären, daß die betreffenden Lobhudeleien alle aus der-
selben Feder/ oder wenigstens aus derselben Quelle geflossen sind. Was
schließlich die ini Artikel der Kölner Zeitung enthaltenen Anspielungen auf
meine Person betrifft, insbesondere die Fingerzeige auf die „bekannte Persön-
lichkeit", den „Zugführer einer kleinen Schaar Mißvergnügter" u. s. f., so be-
findet sich Hr. Sch. bei seiner Hetzjagd diesmal auf falscher Fährte, und
schießt ganz gewaltig in den leeren Wald hinein. Sollte es mir genehm sein,
werde ich mich gerne Hrn. Sch. nennen*), da ich meine Sache offen ver-
treten kann.

(5 Düsseldorf, den 10. März. (Zur Düsseldorfer Differenz.) —
Die in der hiesigen Künstlerschaft obwaltenden Streitigkeiten, deren Sie schon
öfter in ihrem geschätzten Blatte gedacht, sind plötzlich in ein ganz anderes
Stadium getreten. Am 25. Februar sind nämlich 21 Mitglieder, darunter
sämmtliche Professoren der Akademie aus dem Künstler-Unterstützungs-
Verein ansgetreten. — Ich halte die Sache für eine öffentliche Besprechung
noch nicht reif und beschränke mich daher einstweilen darauf, die Thatsache
mitzutheilen, ohne weitere Reflexionen, sei es über die Motive zu diesem
Schritte, sei es über die wahrscheinlichen Folgen derselben und behalte mir
für gelegene Zeit ein ausführliches Referat vor. Es läßt sich auch in der
That noch nicht ermessen, welchen Einfluß dieser Schritt auf den Verein selbst,
der jetzt 167 Mitglieder zählt**), haben wird. So viel ist jedoch klar, daß
durch das Heraustreten der Opposition, welche früher im Vereine selbst sich
als Minorität gegen die Majorität geltend zu machen suchte, nunmehr zwei
entschieden getrennte Lager gebildet sind; aber in welcher Weise der Kampf
weitergeführt wird, oder ob dieser Schritt einen Frieden in Aussicht zu stellen
geeignet ist, muß die Zeit lehren.

*) Das scheint uns um so weniger nöthig, als wir bestätigen können, daß Herr
von Schorn wirklich mit seiner Vermuthüng auf dem Holzwege ist. Ueberhaupt
legen wir der üblen Laune des Herrn von Schorn durchaus «keine Wichtigkeit bei.
Was aber das Bild des Herrn Larson betrifft, so werden wir ja, wie verlautet,
nächstens Gelegenheit haben, dasselbe in Berlin zu sehen und unparteiisch zu prüfen.
Wir werden dann, ganz unabhängig von der Ansicht, sei es unseres Korrespondenten,
sei es der des Herrn von Schorn, unsere Meinung ebenfalls sagen. Denn es ver-
steht sich von selbst, daß wir für die persönliche Ansicht eines Korrespondenten nicht
solidarisch verpflichtet sind und vielleicht ganz anders ürtheilen. Wir haben das Ver
trauen zu unserm Herru Korrespondenten, daß er seine aufrichtige Meinung unter
allen Umständen sagt, wir haben ferner guten Grund zu der Ueberzeugung, daß er
Sachkenntniß besitzt, und das mußte für uns hinreichen in einem Falle,' dessen Objekt
uns unbekannt ist, um seiner Ansicht vollkommen Raum zu geben.

D. Red.

**) Aus früheren Mittheilungen über Vorgänge im Vereine könnte man schließen,
daß Prof. Lessing unter den Ausgetretenen sei, dem ist nicht so.
 
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