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Von Rembrandt finden wir ein lebensgroßes „Brustbild eines Kriegshauyt
manns" in kunstreich geschnitztem Rahmen von dunklem Holze. Dieses Bild, eine
neuere Acquisition, zeigt die bekannten charakteristischen Eigenschaften der Portraits
des berühmten Malers. Von demselben Meister sehen wir: „Sarahs Klage gegen
Hagar" (t Mos. 16, 5. 6.), ein historisches Gemälde. (Höhe 4' 4" Breite 4' 9".)
Schon die Haltung der drei handelnden Personen, der Sarah, Hagar und Abrahams,
deutet an, daß diese anklagenden Worte der alten Lebensgefährtin des Patriarchen
den Schluß einer mißlichen häuslichen Verhandlung aussprechen. Die Handlung
geht vor Abrahams Wohnung vor. Sarah, in der Mitte vortretend, hat so eben
geredet; allein ihre Mienen sprechen noch deutlich von ihrem gekränkten Herzen über
die bevorzugte Magd zu ihrer Linken. Hagar in der bedeutsamen Stellung ihres
Zustandes, die Hand unter der Brust, scheint, wenngleich betroffen, doch keinesweges
gesonnen, zu weichen, während Abraham, rechts abgehend, den Frauen den Rücken
zuwendet und dadurch fast völlig sein Gesicht dem Zuschauer entzieht. Dennoch ge-
nügt dieses, verbunden mit dem Gestus seiner Hand, die abwehrende Verlegenheit zu
verrathen, welche in der biblischen Antwort liegt: „Abraham aber sprach zu Sarah:
siehe, deine Magd ist unter deiner Gewalt. Thue mit ihr, wie dir gefällt." Die
sprechende Wahrheit des Ausdrucks der Figuren und die Lebendigkeit der Handlung
in dieser Gruppe fesselt stets eine Menge Zuschauer vor dem Bilde, das in künstleri-
scher Vollendung, besonders in Schönheit des Kolorits und der dem Künstler eigen-
thümlichen Beleuchtung, sowie in der landschaftlichen Umgebung zu den vorzüglichsten
des Meisters gehört. Zwar sehen wir in dieser Sarah nicht die alte Jüdin, und
die junge Hagar ist keineswegs eine Schönheit von semitischem Typus; sondern beide
sind ihrem ganzen Wesen, auch ihrer Kleidung nach ächte holländische Frauen. Nur
Abraham, eine kräftig-edle Gestalt im Pnrpurgewande und turbanartiger Kopfbedeckung
macht eine Ausnahme von den Anachronismen, welche die holländischen Maler jener
Zejt sich gewöhnlich zu Schulden kommen ließen.

Herr von Sierstorpsf kaufte das trefflich erhaltene Bild 1829 von einer hollän-
dischen Familie in Münster.

Interessant ist es, unmittelbar über diesem Rembrandt ein Bild von Ger-
brandt van den Eckhout (ckn Chesne) zu finden, seinem Schüler, der dem
Meister so nahe kam, ja ihn in Richtigkeit der Zeichnung und im Halbdunkel oft
übertraf. Fast in denselben Dimenfionen des R embrandt'schen (4' 6" breit, 4' hoch)
stellt dieses Bild gleichfalls einen biblischen Gegenstand dar, eine verhäugnißvolle
Familiensceste: „Joseph erzählt seinen Traum." Ein Knabe von überaus feinem,
lieblichem Gesichtsausdrucke, steht Joseph, der Lieblingssohn, bekleidet mit dem be-
neideten bunten Rocke vor dem alten Jakob, an den Fingern herzählend die elf
Sterne seines Traumes, die sich nebst Sonne und Mond vor ihm neigeten. Das ist
der ominöse Augenblick im Leben Josephs, der Keimpunkt seines eigenen Lebensge-
schicks, des späteren Schicksals seiner Familie, den der Künstler gewählt hat, um dar-
zustellen , wie das Wort des Knaben in den Gemüthern der verschiedenen Familien-
glieder zündet. Gegenüber dem Erzählenden sitzt Jakob, der Vater, im Lehnstuhle,
eine Ehrfurcht gebietende Patriarchengestalt, mit klugen, dunklen Augen, wohlwollend
lächelnd, während doch die Hand warnend erhoben ist: „Soll ich und deine Mutter
und deine Brüder kommen und dich anbeten!?" — „Aber der Vater,behielt diese
Worte", welche die eben ihm sich vorbeugende (Stief-)Mutter Lea erzürnen und in den
Gruppen der zerstreut stehenden älteren Brüder eine unheildrohende Sensation erregen,
während der jüngste, Benjamin, in kindlicher Unbefangenheit mit einem Hündlein am
Boden spielt. Im Vordergründe des Bildes, dem Beschauer den Rücken znwendend,
sitzt noch Dina, die einzige Schwester, und horcht in liebender Bewunderung der
seltsamen Erzählung des junger Träumers. Wir sehen von dem Antlitz dieser Tochter
Israels nur ei» Weniges von der Wange und Stirn, aber lieblich wie der wachsende
Mond von Kanaan reicht es hin, die heitere Theilnahme der jungen Seele darin
zu erkennen.

Soviel denn von der Seele des Eckhout'schen Kunstwerks. Das Stoffliche ist
meisterhaft behandelt, sowohl in Farbe und Zeichnung als in bedeutsamer Gruppirnng.
Besonders glücklich find die Hauptfiguren beleuchtet, und das Beiwerk ist nicht ver-
nachlässigt. Dieses Stück ist sicher eines der gelungensten des Meisters und als solches
auch von dem verstorbenen Oberjägermeister vor 70 Jahren aus der Verhült'schen
Sammlung in Brüssel angekauft.

Es bedarf nur eines Schrittes in unserm ersten Bildersaal, um von diesen
realistisch-niederländischen Darstellungen alttestamentlicher Gegenstände durch ein italiä-
nisches Bild in eine ganz andere Gefühlssphäre versetzt zu werden. Cs ist das Brust-
bild eines Mönchs, im Katalog bezeichnet als „Franz von Assis" von Guido Reni
(oder Tintoretto?). In diesem wunderbaren Bilde tritt die christliche Askese, durch
tiefinnerliche Begeisterung verklärt, mit so unwiderstehlicher Wahrheit in die Erschei-
nung, daß es auf nicht ganz leere Gemüther einen wahrhaft hinreißenden Eindruck
macht. „Ich hatte ganz vergessen, daß das ein Gemälde ist!" rief ein junges Mädchen
und bezeichnete damit naiv die dämonische Macht des Bildes.

Wackere Niederländer sorgen indeß durch eine Reihe kerngesunder Portraits dafür,
uns sofort in die reale Welt zurückzuführen. Ich erwähne nur einen, prächtigen alten
Bürgermeister (von Geldorp) in spanischer Tracht. Der Verlust seines linken
Auges hindert nicht, in ihm einen ganzen Mann zu sehen, dessen Würde auch durch
einige Weinröthe keineswegs beeinträchtigt wird.

Ich würde die Grenzen eines Aufsatzes in d. Bl. überschreiten, wollte ich auch
nur die Gemälde unsers ersten Saales in bisheriger Weise beschreiben. Ein Albrecht
Dürer aus dem Jahre 1505, „Maria mit dem Kinde" nebst Beiwerk; ein Johann
Schoreel, „Altarbild" mit zwei Klappen, „die Anbetung der drei Könige"; zwei
kleinere Stücke von Lucas Cranach; „eine niederländische Familienfcene von David

Rickaerd, ein sehr reiches Bild; „eine Verkündigung Mariä" von Johann van Eyck,
400 Jahre alt, doch völlig unversehrt; ein Albert Kupp, „Verkündigung des Engels
an die Hirten"; ein Aldegrever „Kreuzigung" sind, neben den oben beschriebenen,
die Bilder, welche im ersten Saale vorzüglich in's Auge fallen.

Unter der reichen Zahl anderer Bilder finden wir, um nur einige hervorzuheben,
folgende Meister vertreten: Nie. Berghem, P. und I. Breughel, Caravaggio,
vanDyk, Everdingen, Hemling, Hobbema, Leonardo da Vinci, Mengs
van derNeer, Poussin, Rubens, Ruysdael, van Steen, van derBelde,
Wouverman. Ferner manche neuere Gemälde, eine Kupferstichsammlung und
kostbare Schnitzwerke.

Museum für Kunst und künstlerische Interessen in Berlin.

Der gegenwärtig im Sachse'schen Lokal ausgestellten Probe- (Aetz-) Druck des
großen Vereinstichs „Karl 1. nimmt vor seiner Hinrichtung Abschied ron seinen Kin-
dern" nach dem in Besitz des Herrn Consul Wagner Hierselbst befindlichen großen
Historiengemätde des Prof. Jul. Schräder, welches das „Museum für Kunst und
künstlerische Interessen" für seine Mitglieder ausführen läßt, findet bei Kennern wegen
seiner vortrefflichen und echtkünstlerischen Behandlung (der Stich der Platte ist be-
kanntlich H. Dröhmer übertragen) allgemeine Anerkennung. Indem wir uns ein
näheres Eingehen in die technische Ausführung der Platte Vorbehalten, bis sie weiter
vorgeschritten ist, theilen wir mit, daß die drei Vierteljahr, um welche nach dem Be-
schluß des Comites das erste Vereinsjahr verlängert worden ist (nämlich bis zum
1. Jan. 1858) bei dem zweiten Vereinsjahr wieder eingebracht werden. Die Verthei-
lung des obengenannten Blattes findet vom Oktober ab statt, so daß es sich noch vor
Weihnachten in den Händen aller bereits beigetretenen, sowie der noch bis dahin bei-
tretenden Mitglieder befindet. Für das zweite Vereinsjahr, welches in Folge der er-
wähnten Reduktion mit dem 1. April 1858 schließt, hat das Comit« den berühmten
Stich in Linienmanier von Prof. Mandel: „Madonna Colonna" bestimmt, um seinen
ersten Zweck, wahrhaft gediegene Blätter durch möglichst weite Verbreitung zu popu-
larifiren, zu erfüllen. Dieses Blatt kommt zwischen Januar und März 1858 zur
Vcrtheilung. Das Comit« hat dabei mit Herrn Prof. Mandel das Abkommen ge
troffen, daß denjenigen Mitgliedern, welche etwa die „Madonna Colonna" bereits
besitzen (fie kostet im Kunsthandel 7 Thlr.), freisteht, dafür den schönen, ebenfalls von
Prof. Mandel in Linienmanier ausgeführten Stich nach dem Gemälde des Prof.
E. Magnus „Spielende Kinder" zu wählen. — Es bedarf nach Anführung dieser
Thatsachen wohl keines Hinweises darauf, wie das Comit« des „Museums für Kunst"
in jeder Weise das vorgesteckte Ziel, gediegenen Kunstblättern Eingang in das größere
Publikum zu verschaffen und dadurch dem überhand nehmenden Mißgeschmack an den
oberflächlichen Produkten englischer und anderer Stahlstichfabriken entgegenzuarbeiten,
unverrückt im Auge behält.

Berein der Kunstfreunde im Preußische» Staate.

General-Versammlung vom 27. Mai.

Die Sitzung wurde mit Verlesung des Jahresberichts eröffnet, aus welchem
wir — sobald derselbe gedruckt ist — einen Auszug geben werden. Darauf erfolgte
die Rechnungslegung, welche in Betreff des für das nächste Vereinsjahr bestimmten
Stichs nach einem Bilde von Ed. Meyerheim seitens ein.s Mitgliedes einige Ein-
wendungen hervorrief, welche jedoch zum Vortheil der Verwaltung beseitigt wurden.
Einen rechtzeitig gestellten Antrag auf „Abänderung der Statuten" beschloß die Ver-
sammlung in Erwägung zu ziehen, und wird zur Erörterung desselben in den nächsten
Monaten eine neue General-Versammlung stattfinden. —

Es folgte hierauf die Verloosnng der vom Verein erworbenen Kunstwerke, und
fielen den betreffenden Mitgliedern folgende Gewinne zu:

1) Sr. Majestät dem Könige (auf Nr. 1"): „Waldlandschaft", Oel-
gemälde von Ed. Pape. — 2) Sr. Majestät dem Könige (auf Nr. 1*2): „ein
Jäger", Broncestatuette von Schindler. — 3) Sr. Kgl. Hoheit dem Prinzen Carl
von Preußen (auf Nr. 124°): „Blick auf's Meer von Sorrent aus", Oelgemälde von
Schirmer. — 4) Sr. Kgl. Hoheit dem Prinzen Albrecht von Preußen (auf Nr. 52):
„die Reisegefährten", Oelgemälde von Güterbock. — 5) Hrn. General von Palm
(auf Nr. 1691): „Marburger Bauermädchen", Oelgemälde von Arnold. — 6) Hrn.
Rentier G. von Puttkammer in Charlottenburg (auf Rr. 2004): „eingefangene
Hunde", Oelgemälde von Arnold. — 7) Hrn. Kaufmann F. A. Reimann (auf
Nr. 623): „Fruchtstück", Oelgemälde von Elsner. — 8) Hrn. Baron von Korfs
in Laukitten bei Brandenburg in Pr. (auf Nr. 1489): „Küste von Jschia", Oel-
gemälde von Schirmer. — 9) Hrn. Kaufmann G. Pfeiffer (auf Nr. 1775): „Gior-
gione und seine Geliebte", Oelgemälde von O. Wichmann. — 10) Hrn. Geheimen
Ob.-Finanz-Rrth Adelung (auf Rr. 1121): „Waldweg", Oelgemälde von R. Krause.

— ll) Der verwittw. regierenden Gräfin Louise zu Stolberg Erlaucht in Stol-
berg am Harz (auf Nr. 1737): „Ritt über Land", Oelgemälde von Wisniewsky.

— 12) Hrn. Makler Aug. Wegner (auf Rr. 1735): „Park im Frühling", Oelge
mälde von Holmberg. — 13) Hrn. Geh. Justiz-Rath Taddel (auf Nr. 2560):
„Landleute verlassen im Kriege die Heimath", Oelgemälde von Rabe. — 14) Hrn.
Major v. d. Lanken (auf dir. 136): „ein Kapuziner", Oelgemälde von Wolfram. —
15) Hrn. General v. Boß (auf Nr. 2111): „Stillleben", Oelgemälde von A. Eichens.

— 16) Hrn. Kaufmann Wilh. Hepner in Amsterdam (auf Nr. 1807) „Pilgerin für
ihr krankes Kind Hülfe bittend", Oelgemälde von I. Fay. — 17) Hrn. Regierungs-
Rath Naumann in Freienwalde a. O. (auf Nr. 922): „im Walde", Oelgemälde von
Hosemann. — 18) Hrn. Rittergutsbesitzer C. v. Novosiltzoff in Petersburg (auf
 
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