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des neuen Sicherheitshafens, in denen man mit Thürmen und Thoren im
gothischen Stile das Panorama von Köln zu erhalten sucht, obschon vielleicht
diese Bauten eine gewisse Dürftigkeit dadurch verratheu, daß man die schönen
alten Muster, z. B. den Bayerthurm, etwas zu nahe vor Augen hat. Zu
diesem anerkennenswerthen Streben nach Charakter, welches sich am südlichen
Theile der Stadt merkbar macht, bildet dagegen die Geschmacklosigkeit in den
Bauten des nördlichen Theils einen unangenehmen Gegensatz. Man findet
hier besonders ein Bahnhofsgebäude im sogenannten Eisenbahnstil, das diesen
Stadttheil gradezu verunstaltet. Wenden wir daher unser Auge davon ab
und dem Innern der Stadt zu, wo wir uns durch den Anblick der Restau-
ration des alten Vater Gürzenich und dessen neuen Anbaus im strengen
gothischen Stile entschädigt sehen. In diesem Jahre noch soll das Werk voll-
endet werden, welches, bis zur kleinsten Dekoration im Stile des Ganzen
durchgeführt, auf das Glänzendste ausgestattet werden soll. Die Glasmalereien
werden von dem Dom-Glasmaler Peter Graß ausgeführt und die Skulp-
turen von dem ebenfalls durch seine meisterhaften Arbeiten für den Dom
bekannten Bildhauer Ehr. Mohr. Bei der Einweihung dieses historischen
Gebäudes werde ich noch näher auf die Einzelheiten der Restauration und
des Neubaues eingehen.

Mit eben so großer Thatkraft werden die Arbeiten des Domes
unter der vortrefflichen Leitung des Dombaumeisters, König!. Geh. Regier.-
Baurath E. Zwirner, gefördert. Es ist bekannt, mit wie vielen Hinder-
nissen und Unannehmlichkeiten in jeder Beziehung dieser tüchtige Meister zu
kämpfen hat, um dieses große Werk zu vollenden. ES ist daher zu hoffen,
daß, nachdem E. Zwirner 24 Jahre seines Lebens demselben gewidmet'hat,
ihm auch der Lohn nicht ausbleiben möge, dasselbe vollendet zu sehen und
der höchsten Anerkennung und des Dankes aller Nationen theilhaftig zu werden.
Besonders erfreulich ist es mir, Ihnen berichten zu können, daß mm das
Südportal einen großen Theil seines plastischen Schmuckes erhalten hat.
Schon vor mehreren Jahren (wenn ich nicht irre ini Jahre 1852) war mit
den Standbildern des „Heilandes" und der „vier Evangelisten" für das
Tympanon des Portalgiebels der Anfang gemacht worden. Im Jahre 1854
wurde das Hautrelief "für das Portal-Bogenfeld vollendet, darstellend „die
Leidensgeschichte des Heilandes." An dem Tage des diesjährigen Dombau-
sestes hatten wir die Freude, die Hohlkehlen des mittleren großen Portal-
bogens, innerhalb der in demselben angebrachten Baldachine, mit 58 Engel-
statnen geschmückt zu sehen. Die erste Hohlkehle, zunächt dem Hautrelief,
ist mit 12 Passionsengeln ausgeschmückt. In der zweiten sind die 14 Ver-
kündigungs- und Schutzengel angebracht; in der dritten befinden sich 16 lob-
preisende und anbetende Engel aus dem alten und neuen Bunde; in der
vierten und äußeren Reihe sind die apokalyptischen und Skripturengel des
Gerichts mit Posaunen ausgestellt. An dem Mittelpfeiler der beiden Ein-
gangsthnren steht das Standbild des „h. Petrus." Diese sämmtliche Skulp-
turen sind von dem Dombildhauer Ehr. Mohr ausgesührt und zeichnen sich
durch gute Auffassung, edle Form und rein mittelalterlichen Geist aus. Außer-
dem hat Mohr die große Schwierigkeit, welche der Raum darbot, gut zu
lösen gewußt. Die Nischen sind im Berhältniß sehr klein, um damit für die
Entfernung des Auges wirken zu können. Alle Borwürfe, welche so oft die
Figuren im Charakter des Mittelalters treffen, sind hier beseitigt, ohne den
Charakter zu gefährden. Die Figuren sind in weißem Sandstein ansgeführt,
und wirkt die Farbe bis jetzt noch unangenehm, bis die Zeit und Atmosphäre
die Harmonie zwischen den Figuren und den schon vor vielen Jahren auf-
gestellten Baldachinen hergestellt haben wird. Möchten noch viele Verehrer
dieses großen Werkes dem schönen Beispiel Sr. Königl. Hoh. des Prinzen
von Preußen, durch dessen Munistcenz wir diese schönen Kunstwerke erhalten
haben, folgen, damit der geniale Bildhaüer mit neuer Rüstigkeit unserem
herrlichen Dome noch manchen Schmuck geben könne.

Ebenso erfreulich schreitet die Ausschmückung des Innern des Domes
fort. In der Kapelle der heil. Jungfrau ist das schon viel besprochene Altar-
bild, „die Himmelfahrt der heil. Maria" darstellend, von Fr. Overbeck aus
Rom, über dem neuen Altar aufgestellt. Der Altar, im Stile der Kirche,
ist vom Dombaumeister E. Zwirner entworfen und in jeder Beziehung ein
Meisterwerk zu nennen; nur hätten wir die früher auf dem alten Altar ste-
hende „Statue der heil. Maria", welche jetzt zur Seite angebracht ist, an die
Stelle des Bildes von Overbeck gewünscht, da das letztere nicht zur Ar-
chitektur passend ist. Auch sind die Fenster der Kapelle mit Glasmalereien
geschmückt, welche aus dem Atelier des Glasmalers B andrst hervorgegangen
sind und leider in jeder Beziehung hinter den früher angefertigten Fenstern
zurückstehen. Sie enthalten Hauptmomente ans dem „Leben der h. Maria"

Kunst-

Berlin. — Sonnabend den 4. d. M. wurde gegen Abend ans dem
neuen, nunmehr vollendeten Dachgerüst des Palais für Se. Königliche Hoheit
den Prinzen Friedrich Wilhelm eine Festlichkeit besonderer Art begangen: es
wurde nämlich die Krone von Eichenlaub und Blumen, geschmückt lyit den
preußischen Fahnen, aufgesetzt, um die Richtung des Gebäudes zu feiern.
Nach der hergebrachten schönen Sitte wurden von den betreffenden Ge-
werksführern die Einweihnngssprüche gesprochen, worauf zunächst ein Trink-
spruch auf Se. Majestät den König folgte, dem sich das Lebehoch ans
S. K. H. den Prinzen Friedrich Wilhelm und auf I. K. H. die Kron-
prinzessin Victoria von England anschloß. Der Bau wird bekanntlich nach
den Angaben und unter der Leitung des Hofbanraths Strack von dem Bau-
meister Meyer ausgeführt. Die Zimmerarbeiten haben die Zimmermeister
Pardaw und Schultz, die Maurerarbeiten die Maurermeister Schneider
und Hahnemann ausgeführt, die Klempnerarbeiten sind den Klempnermeistern
Peters und Straßburger übertragen worden.

im Stil der alten Temperamalereien des 14. Jahrhundert im hohen Chore.
Vom Gesichtspunkt der Glasmalerei sind sie im Charakter der alten Mosaik-
fenster gehalten. Die früheren von dem rühmlichst bekannten Domglasmaler
Peter Graß ausgeführten Fenster sind bedeutend besser und machen eine
schönere, künstlerisch gediegenere Wirkung. Wack die hier in Rede stehenden
Fenster betrifft, so sind die Darstellungen derselben folgende: Im ersten
Felde des ersten Fensters: „Joachim, dem durch einen Engel die Geburt
einer Tochter verkündet wird"; im zweiten Felde: „die Geburt der Maria;"
km dritten: „die Verkündigung" und im vierten: „die Geburt des Heilandes."
In den oberen Fensterrosen befinden sich die „Wappen der Familie des Erz-
bischofs Ferdinand August Grafen von Spiegel zu Desenberg und Canstein,"
des Stifters dieses Fensters. — In dem zweiten Bilde sehen wir im Felde 1
„die Darstellung des Heilandes im Tempel"; im zweiten den „Tod der heil.
Jungfrau"; im dritten „die Himmelfahrt" und im vierten „die Krönung der
heil. Jungfrau," In der oberen Fensterrose ist das „Brustbild des heil.
Albertus Magnus, Bischof von Regensburg" (st 1280) mit der Umschrift:
Cives academici Bonenses et Monasterienses Anno MDCCCLV11. —
Im dritten halben Fenster ist „die Maria als Himmelskönigin" darge-
stellt. — Die Kapelle macht im Ganzen einen schönen Eindruck und gereicht
dem Meister Zwirner zur größten Ehre. Später werde ich Ihnen noch
über neue Schöpfungen auf dem Gebiete der Architektur, namentlich über das
neue Museum und die Mariensäule berichten.

ist Paris, im Juli. —• Am 15. Juni ist die Kunstausstellung im „palais
de l’Industrie“ eröffnet worden. Sie zählt in Summa an 4000 Nummern,
allein an 3000 Gemälde, und ist im Allgemeinen vorzüglich zu nennen.
Am besten und glänzendsten sind vertreten:

1) in der religiösen und legendarischen Historie: Cartellier, Dauphin,
Larivisre, A. Lafon, Timbal, Baudry;

2) in der weltlichen Historie: Avon: „die Erstürmung des Malakofs" —
Bernet: „die Schlacht an der Alma" — Pils: „die Ausschiffung der Trup-
pen in der Krim" — Girand: „der Einzug der Orient-Armee in Paris"
— Penguilly l'Haridon: „le combat des Trente“. — Charpentier:
„die Schlacht an der Tschernaja", — Dev eria: „der Tod der Jeanne Sey-
mour", — E. Dubufe: „le congres de Baris", — L. Müller: „die
Ankunft der Königin von England in Saint-Cloud, — Bellange: „der
Tod des Obersten Viemont";

3) im historischen Genre: Robert-Fleury: „Karl V. in Saint Just",

•— ®ernte: „Heinrich III. in seiner Menagerie von Affen und Vögeln",
„Katharina von Medicis mit Ruggieri" — Cabanel: „Michel-Angelo in
seinem Atelier", „Aglae und Bonifacius" und „Othello" —- Benouville:
„Poussin", „Rafael" und „les deux pigeons" nach Lafontaine —
Hennebnrg: „der wilde Jäger" nach Bürger —Jalabert: „Rafael in
seinem Atelier" — G. R. Bonlang er: „Palestrina und ein tragischer Dich-
ter in Pompeji" - Heilbuth: „Palestrina" — Girand: „der Prinz Na-
poleon auf dem Robbenfänge am Nordpol" — Timbal: „eine Christenpredigt
zu Ephesus im apostolischen Zeitalter" —• Caraud: „der Abbe Prevost" —
Brion: „ein Jongleur im Mittelalter" — Roux: „Rembrandt in seinem
Atelier" und „Bernard Palissy" — Antigua: „der Kaiser Napoleon III. in
Angers" — Bouguereau: „der Kaiser in Tarascou";

'4) im Genre: Meissonnier, Gnillemin, Fortin, Willems, He-
bert/Aisred Stevens, Frayer, Landelle, Höckert, Dillens,
Knaus, Ten-Kate, Fortin, Hamon, Chavet, Plassan, E. Fröre,
Curpon, Fichel, Collin, Sain, Pichon, Leleux, Rigo, Hillen
macher, Fromentin, Cambon, Bles, Balerio, Bonlanger, Ja-
qnand, Tournemine, Roehn, Delestre;

5) im Portrait: E. Dubufe, Bernet, Flaudrin, Merle, Baudry,
Mde. Browne, Tissier, Winterhalter, Boutibone, Larivisre,
D o srr;

6i im Thicrstück: Brendel, Cock, Palizzi, Joseph Stevens;

7) in der Landschaft: Desjobert, Cabat, Theodore Rousseau,
Noel, Guillaume, Bellel, I. P. Flandrin, Flers, Pasini, Lapito;

8) in der Marine: Mozin, Clays, Lottier, Larson;

9) in der Architektur: van Mo er, Dauz als, Bosboom, Springer,
Gräb;

10) in der „nature morte“: Philippe Rousseau und St. Jean.

Diese Namen allein beweisen, welcher Reichthum und Glan; sich hier

vor uns entfaltet, und welchen Höhepunkt die moderne französische Kunst ein-
nimmt.

Chronik.

—• — Von dem im vorigen Jahre Hierselbst verstorbenen Professor
Buchhorn wurde mittelst testamentarrscher Verfügung dem Magistrat zu
Halberstadt ein Kapital von 4000 Thlr. zugewendet, dessen Zinsen für einen
in Halberstadt gebornen, auf der Akademie der Künste zu Berlin der Malerei,
Bildhauerei, Architektur oder Kupferstecherei sich widmenden jungen Mann
verwendet werden sollen. Kürzlich ist der Ausführung dieses Legats die
landesherrliche Genehmigung ertheitt worden.

— — Die Erben des verstorbenen Prof. Krüger haben das Haus des
Künstlers, Behrenstr. Nr. 63, für 85,000 Thlr. verkauft.

— — Die Vorbereitungen zu dem Bronceguß der Statue des Feld-
marschalls v. Keith, durch welche die bisherige Marmor-Bildsäule des am
14. October 1758 bei Hochkirch gefallenen Helden auf dem Wilhelmsplatz
ersetzt werden soll, sind als beendet anzusehen und hoffen wir nächstens über
das Gelingen des Gusses berichten zu können.
 
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