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veut bien m'envisager comme uu de ses nationaux, puisqu’il vient de
faire l'acquisition de mon grand tableaux du: „Retour de Ia fete de
ia Madone de l’Arc“ pour le piacer dans Ia galerie de Luxembourg.
C’est un honneur qui me Latte beaucoup, et qui me fait esperer de
voir continuer l’attention qu’on veut bien accorder en France ä mes
productions.“ — So im Jahre 1828 an Navez von Rom ans. Gerard,
welcher ihm den Borwurf macht, daß er einen viel zn niedrigen Preis für
sein Gemälde gesetzt habe, antwortete er kurz vo.rher: „Mais ne suis-je
pa« grandement reeompense par l’honneur d’avoir uu de mes ouvrages
dans les galeries d’une nation a laquelle je voudrais appar-
tenir? Cet avan tage serait in ap pre ciable ä mes yeux, si je
pouvais l’envisager comme une adoption.“ —

Sein Empfang in Paris war für ihn ein höchst schmeichelhafter und
von Seiten Marcotte's d'Argenteuil, mit dem er seit längerer Zeit in Brief-
wechsel stand, ein wahrhaft herzlicher. Kunsthändler wie Kunstsammler über-
häuften ihn mit Bitten und Anfragen, theils die Vervielfältigung seiner Ge-
mälde, thcils Bestellungen betreffend von Oelgeinälden, Aquarellen und Haud-
zeichnuugeu für Albums. Wir haben bereits in früheren Abhandlungen darauf
hingewiesen, wie es in Paris eine Ehrensache ist, theils vom besonderen na-
tionellen, theils vom allgemeinen spirituellen Standpunkte aus, kleinere oder
größere Werke bedeutender heimathlicher Künstler, und seien es nur flüchtige
Albumblätter, zu besitzen und in die Privatsammlungen aufzunehmen So
führte denn auch Robert mehre Lithographien und Aquarellen in dieser Zeit
theils in Paris selbst, theils in der Schweiz aus, in die er sich, nach kurzem
Aufenthalte in Paris, in den Schoost seiner Familie begab. Eine der vor-
züglichsten dieser Aquarellen stellte eine junge „Frascatinerin an einem Brun-
nen" vor, welches treffliche Blatt in den Besitz der kunstliebenden und kunst-
übenden Prinzessin Marie von Orleans überging. So ermunternd und ehrend
alle diese Beweise freundschaftlicher Theilnahme und öffentlicher Anerkennung
waren, so vermochten sie doch nicht die Schwermuth zu verscheuchen, welche
immer tiefer an seinem Herzen nagte. Die Spuren derselben traten in seinem
ganzen Wesen immer deutlicher hervor, so daß man in dem düsteren, schweig-
samen, menschenscheuen, weltfliehenden Manne kaum den großen, gefeierten
Künstler zu erkennen verniochtc.

Als Robert in seinen Canton zurückkehrte, befand sich derselbe in dem
Zustande der höchsten politischen Aufregung, die fast zu einem Bruder- und
Bürgerkriege führte. Robert hielt sich „en sa qualite de neutre“ fern von allen
Kundgebungen, fühlte sich jedoch unter diesen tumultarischeu Volksbewegungen
und Wafsenzügen so unwohl, daß er die Schweiz bald verliest und sich nach
Florenz begab. Er.blieb daselbst zwei Monate und führte dort zwei köstliche
Bildchen aus. Sein weniger reizbarer und empfindsamer Bruder Aurel war
in la Chaux-de-Fonds zurückgeblieben in dem Kreise seiner Familie. Im
Februar 1832 verließ jedoch Leopold schon wieder Florenz, begab sich nach
Venedig und liest sich daselbst förmlich nieder, um das vierte Gemälde des
Chklus der „Jahreszeiten", den „Winter", auszuführen. Venedig war ihnl
übrigens bereits bekannt von seinem Rückwege aus der Schweiz nach dem
Tode seiner Mutter. Die Briese an Marcotte und an Navez vom Jahre
1828 und 29 enthalten vielfache Ausdrücke seiner Bewunderung Vencdig's,
namentlich wegen seiner wunderbaren Originalität. Auch diese Briefe sind
wiederum Zeugnisse seines scharfen und richtigen Kunsturtheils über die ita-
lienischen Schulen und Meister. Die Reinheit der Seele, die Tiefe des
Gefühls, die Erhabenheit des Gedankens, die Größe des Stiles, die Schönheit
der Form, die Wahrheit des Ausdrucks, die Strenge der Durchführung, die
Einfachheit der Behandlung sind vornämlich Dinge, die er als nothwendig
und schätzenswerth an einem Künstler hervorhebt. Daher sind ihm Rafael
unter den Römern, Titian unter den Venetianern vor Allen Meister und
Muster, wiewohl er ersterem entschieden den Vorrang einräumt. Tintoretto
z. B. mit seinen „grandes machines“, die Carraccis, Guido, Guer-
cino u. A. verfehlen nach Robert schon darum einen Hauptzweck der Kunst,
„weil sie nicht zu Herzen gehen", weil sie „seelenlos sind." — Sehr wahr.
Die Kritik kann den Künstlern ohne Ausnahme nicht oft genug als Axiom
Vorhalten, je reiner, wahrer, lebendiger die Gottesidee als Kunst-
schönes in ihren Werken sich offenbart, also das wahrhaft Mensch -
heitliche aus ihren Worten, Tönen, Farben, Erzen und Steinen
beseelend und belebend ausstrahlt, weil es ihnen eben inne-
wohnt, um so höher und dauernder wird der Werth ihrer Werke
sein, um so mehr werden sie sich den Idealen nähern, welche die
Kunstphilosophie im Einzelnen, das instinktive Gefühl und Schön-
heitsbewußtsein im Allgemeinen aufstellt. —• Wir leben gegenwärtg
in einer so materiellen Zeit, daß auch in der Kunst der Materialismus vor-
herrscht, in der Musik die Instrumentation, auf der Bühne der Pomp, in der
Malerei das Kolorit und die Technik, daß also vorzugsweise das äußere,

sinnliche Element berücksichtigt wird, und so das Ideelle, Spirituelle, Huma-
nitäre, was allein erst wahrhafte Befriedigung und Vollendung gewährt, auf
das Bedauerlichste in den Hintergrund tritt. Auf diesem Wege entfernt man
sich mehr und mehr von dem Ziele der Kunst und schwächt somit das Inter-
esse an ihr selber bedeutend ab. Es gicbt viele, viele alte Bilder aller Schulen
und Länder, die an Kolorit und Technik den modernen weit nachstehen, dessen-
ungeachtet aber einen weit höhern Kunstwerth haben, weil sie eben obige Be-
dingungen erfüllen, d. h. die Gottesidee und das wahrhaft Menschheitliche als
Gedanke, als Glaube, als Poesie, als Charakter, als Raivetät oder auf welch'
sonstige ideelle, spirituelle Weise offenbaren, also auch erwecken. — Möchten
alle Künstler über ihre Werkstätten den Grundsatz des Aristoteles schreiben:
„Die höchste Aufgabe der Kunst ist der Ausdruck der moralischen
Schönheit vermittelst der physischen." In diesem Humanitären Sinne
und philosophischen Verständnisse der Kunst erklärte auch Winckelmann:
„Die Betrachtung des Apoll von Belvedere hat mich besser ge-
macht." — Doch kehren wir zu nnserm Robert zurück.

Da seine kunstkritischeu Aeußerungen von allgemeinem Werthe sind, so
mögen wenigstens einige hier ihren Platz finden, welche er über die venetia-
nische Schule macht. Sie sind ebenso interessant für Jedermann im Fache
der Kunst,' wie kennzeichnend für unseren Künstler. So schreibt er an Mar-
cotte: Les Venetiens en (trouver de beaux tons) ont abuse, car ils ont
tout sacrifie ä un merite qui, en somme, est secondaire. Aussi leurs
tableaux ne peuvent-ils soutenir un examen severe parce qu’il n’y a
aucune profondeur. Tous ces tableaux de Tintoret, des Palma,
de Bassan, et meine un grand nombre de Paul Veronese, sont
beaucoup trop forts en decoration. A cet egard, je n’aime pas l’ecole
veniticnne de cette epoque. Leurs predecesseurs etaient bien plus re-
marquables” les Bellini, lesGiorgion, Pordenone etTitienont
plus de retenue, et leurs ouvrages sont executes plus en conscience.
Les immenses pages que l’on voit dans le palais du Doge et dans une
partie des eglises me sont en antipathie; il me sembla toujours que
c’est de la peinture falte ä l’aune.“ —

Robert hatte seine Werkstätte aufgeschlagen in dem Palaste Pisaui und
ging bald an die Bearbeitung seines „Karneval." Obgleich zur Karncvalszeit
angekommen, fand er doch keinesweges die Freiheit des Maskenlebens und
des Mummenschanzes, sowie die Originalität und den malerischen Charakter,
welche seine Phantasie ihm vorgemalt hatten. Diese Freiheit und Originalität
war mit der Herrschaft der österreichischen Regierung nicht verträglich.
Auch mangelte es ihm überhaupt an Modellen, die seinen Ideen vollkommen
entsprochen hätten. Er ließ sich daher erst in Chioggia und Palestrina einige
Wochen nieder unter seinen armen Fischern, deren charaktervolle und malerische
Haltung einen lebhaften Eindruck auf ihn machte. Später erst, etwa nach
Jahresfrist, ward der „Schweizer Bär", wie ihn die Benetianer nannten, so
bekannt, geschätzt und geliebt, daß ihm die Mütter ihre Töchter unbedenk-
lich zu Modellen anvertrauten, und es ihm daher nicht mehr an Auswahl
gebrach.

Sein „Karneval" beschäftigte ihn nun lebhaft. Studien wurden gemacht,
Figuren und Gruppen gezeichnet, eine reiche Komposition entworfen, welche
mehr und mehr als fertiges Gemälde hervortrat. Allein, aller dieser Fort-
schritte ungeachtet, sowie des Selbstzeugnisses der Zufriedenheit in formeller
Hinsicht, fand er doch in den meisten Figuren, namentlich in den Masken,
nicht den „accord de sentiments si essentiel dans une composi-
tion“, wie er sich unter dem 20. Mai 1832 an Marcotte ausdrückt. „II
n’avait rien pour la pensee, rien qui fit reflechir.“ — Wir heben
grade solche kurze, klare, einfache Aeußerungen des Künstlers hervor, um zu
beweisen, daß ihm Gefühl und Gedanke vor Allem das Wesen eines Kunst-
werks ausmachen, und daß ihn weder die seinigen noch andere befriedigen,
welche dieses belebenden Elementes ermangeln. All' dieses Aeußere, Formelle
mußte von Gedanke und Gefühl vollkommen durchdrungen, beseelt sei», sollte
es als wahrhaft künstlerisch von ihm anerkannt werden. — Für einen Künstler
namentlich höchst anerkennenswerthe Grundsätze, die er vor Allem an sich selber
befolgte und demgemäß auch, da ihn sein Gemälde in diesem Punkte unbe-
friedigt ließ, den größten Theil desselben wiederum auskratzte, so daß von
dem ersten Entwürfe nichts weiter übrig blieb, als einige Frauen und Marine-
details. Dazu kamen noch zwei besondere Gründe. Robert war nämlich
in religiöser Hinsicht zu rücksichtsvoll, als daß er irgend etwas dargestellt
hätte, was eine Kirche und Religion im Entferntesten blosgestellt haben könnte,
— in diesem Gemälde waren nämlich einige Motive und Gestalten, welche
als Ironie aus einzelne Gebräuche der katholischen Kirche gedeutet werden
konnten —; und zu düster und nielancholisch, um Freude und Lust, Humor
und Scherz in voller Wahrheit und Ursprünglichkeit darstellen zu können, weil
sie eben nicht in ihm selber walteten. Er stand also weislich davon ab und
 
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