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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 5.1854

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https://doi.org/10.11588/diglit.1198#0243
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231


Gabrielli in Rom kam, findet sich nämlich in einem zweiten Bilde,
von welchem Kenner, die Leide gesehen haben, — wir haben nur
das letztere zu sehen Gelegenheit gehabt — behaupten, daß es das
zumeist vorzügliche sei.* *)

Diese zweite Darstellung des Christus am Oelberge, in der
Größe wohl mit der ersteren übereinstimmend**), befindet sich im
Besitze des Kunsthändlers del Frate zu Nom, der sie von einem ge-
wissen Ferrari erstanden hat. Wir gehen zur Beschreibung des
Bildes.

Ans einer hügelartigen Erhöhung in der Mitte der Composition
kniet Christus mit gefalteten Händen und zum Himmel gerichtetem
Auge, -dem Engel mit dem Leidenskelch schmerzlich entgegenblickend.
Sein langes hellbraunes Haar ist, wie der ziemlich kurze Bart, in
der Mitte getheilt und über dem etwas nach links gebeugtem Haupte
schwebt in goldiger Kreislinie der Nimbus. Roth ist das am Halse
mit einer schwarzen Linie berandete Untergewand, während das Ober-
gewand, blau vom rechten Arm über dessen Schulter um den Rücken
fallend, aus dem linken Unterarm ruht und bis zu den Füßen hin
den ganzen Unterkörper bedeckt; die Füße verhüllt das Unterkleid.
Der kleine Engel mit dem Leidenskelch schwebt in der Höhe,
sein im Schatten röthliches, im Licht gelbes Gewand flattert nach
hinten; das Haar ist blond und die Flügel gehen in's Schwarze.
Mit der linken Hand reicht er den Leidenskelch, die Rechte ist an
den Körper angelegt. An jenem Hügel, auf welchem der Erlöser
kniet, ruhen im Vordergründe die drei schlafenden Jünger; lange
Blumenstengel sprießen zu beiden Seiten aus und ttagen Rosen und
Lilien. Schlafend sitzt Petrus gegen den Hügel gelehnt in der
Mitte, und aus die rechte flache Hand stützt er das gesenkte Haupt,
indeß aus dem linken Knie seine andere Hand ansliegt. Nur Petrus
hat von den drei Jüngern einen Bart, er ist braun wie sein Haupt-
haar, seinen Körper umkleidet 'ein warm braunes Gewand. In der-
selben Weise, wie Jacobus rechts, schlummert links vom Beschauer
Johannes. Aus einem Felsstücke ruht der rechte Arm und dient
dem müden Haupte zum Lager; ausgestteckt lagert der Körper, der
linke Arm ist über den Schooß hingelegt, an den Füßen sind die
Beine übereinandergeschlagen. Langes blondes 'Haar schmückt den
schönen in ein grünes Unter- und rothes Oberkleid gewandeten
Jüngling. Jacobus hat das Haupt aus den rechten Arm, der
ebenfalls aus dem Felsen aufliegt, gestützt, über dem linken Knie
ruht die entsprechende Hand, und das rechte Bein ist über das an-
dere geschlagen. Sein Haar ist braun und gelockt, und das gelbe
Untergewand, wie bei Johannes, nur am Oberkörper sichtbar; ebenso
wie bei diesem läßt das blaue Obergewand, welches zur Unter-
lage des rechten Arms aus den Felsen geschoben ist, .die nackten Füße
sichtbar. - Im Mittelgründe, je aus einer Anhöhe zu beiden Seiten,
erBIicten wir noch zwei Gruppen in kleineren Figuren. Diejenige
rechts neben einem zierlichen Baume erkennen wir als die Schaar
des Judas. An der Spitze von fünf Kriegern und einer bürger-
lichen Person mit Barett und Bart erscheint der roth und weiß ge-
kleidete Verräther mit grauem Haar, und Bart in demonstrirender
Bewegung. Die Krieger sind jung, geharnischt, ihr hinterster trägt
aus hoher Stange eine rothe Fahne.

Dieser Gruppe gegenüber aus der andern Seite befinden sich
zwei Figuren: Die vorderste, eine kriegerische Erscheinung, zeichnet
sich durch seine graziöse Stellung aus. Das Gewicht des Körpers
ruht auf dem linken Fuße, während das rechte ins Knie gebeugte

*).2)a wir das Gabriellische Bild nicht kennen, haben wir auch kein Urtheil
über das „Besser" des einen oder andern, halten es aber für unsere Pflicht,
genau darüber zu berichten, wobei wir bemerken, daß das Gabriellische Bild zu-
nächst an Woodburn und von diesem an Roger in London kam.

*) Höhe 23A Palm, Länge Vjz Palm.

Bein nur mit den Fußspitzen anftritt. Die Stellung ist fast profil,
obgleich das Gesicht uns in seinem ganzen Oval ansieht. Der Schild
steht ans der Erde; er hält ihn durch eine Berührung der linken
Hand, die rechte ruht an der Schwertkette. Nebst dem blauen
Schuppenpanzer wägt er ans dem Helme eine Krone. Ein junger
Mann steht etwas zurück und seitwärts, sein langes blondes Haar
schmückt ein rothes Barett, das gelbweiße Gewand ist nmgürtet,
blaue Beinkleider und rothe Sttefel vollenden den Anzug.

Die ganze Scene ist in einer Landschaft gehalten, die rechts
und links des Hügels blaue Verglimm, in der Mitte ein Gewässer
und an dessen gegenseitigem Ufer eine Stadt zeigt. Die Lust ist
bläulich und klar. Das Bild ist auf Holz gemalt und zeigt, wenn
auch gründlich gereinigt, eine befriedigende Erhaltung.

Wir gingen in unserer Beschreibung einestheils so ausführlich
zu Werke, um für Jedermann die Unterschiede der beiden Bilder
zu ermöglichen, die vorläufig darin bestehen, daß der Engel des
Gabrieüischen Bildes mit einem Fuße ans einer Wolke steht, wäh-
rend der nnsrige.in blauer Luft schwebt, und daß ferner in der fast
erloschenen Goldverzierung am Gewände des Petrus auf der Brust
des ersten Bildes ein R. V eingeschrieben steht, das unserm Bilde
entschwunden ist oder immer gefehlt hat; anderentheils der folgen-
den Annahme wegen.

Passavant sagt über die beiden Gruppen seitwärts: \

„Judas mit sechs Soldaten, und ans der linken Seite sieht

man deren noch zwei andere." -

Wir bemerkten bereits, daß unter diesen Figuren zwei ohne
kriegerischen Beirath seien, welche Unterscheidung jedenfalls einen
Grund in sich trägt. Hat die Gruppe rechts als die Schaar des
Judas ihre volle Bedeutung, so fehlt den beiden Figuren links jed-
weder Zusammenhang mit dem Vorgänge der Composition. Sie
stehen zu der Handlung in gar keiner Beziehung, und der Eindruck,
den sie in ihrer Jsolirung gewähren, -ist ein durchaus repräsentativer.
Aus diesen Gründen liegt es nahe, anzunehmen, daß wir-hier zwei
Portraitfiguren vor uns haben.

Die würdige Stellung, der Adel der Geberde, die schöne Aus-
rüstung und besonders der Schmuck der Fürstenkrone lassen gerne
an den erhabenen Besteller denken; und wahrlich, dieser Krieger
wäre kein unwürdiges Bild des Herzogs Guidubäldo! *) Wer könnte
aber der Jüngling zu seiner Seite mit langem blonden Haar, Ba-
rett und weißem Kleide eher sein, als der göttliche Urbinate, der
dieses Werk seinem Gebieter darbrachte? Die Gesichtszüge erheben
keinen Einspruch gegen die Annahme, daß wir hier den Künstler
und den Besitzer des Werkes vor uns sehen; die beiden Figuren
treten dadurch aus ihrer bisher bedeutungslosen Stellung heraus und
gewinnen einen Zweck und ein-Interesse, das den Werth des Bildes
nur erhöhen kann. Der Besitzer schlägt diesen allerdings sehr hoch
an; denn seine Forderung beträgt 16,000 Scudi.

Ein alter Teppich zu Greisswalde.

Von Dr. K. Th. Pyl.

Außer dem Rektormantel, der mit Inschriften und Emblemen

. - ' * • - - 1 ' ■ - * ' - - ' - - . ' • •1 ■' ■ - / i ■.1..,

in Goldstickerei verziert ist, sind hier zwei gestickte Teppiche von großer
Bedeutung vorhanden, welche beide von dem Herzog von Croh, dem
Sohne der Herzogin Anna, stammen, der sie der Universität schenkte.

*) Das Portrait, welches Rafael von seinem Landesfürsten malte, ging be-
kanntlich verloren; bietet die kleine Figur dieses Bildes, im Falle man unserer
Meinung beistimmt, auch dafür keinen Ersatz, so wären deren Gesichtszüge auch
zunächst noch mit der Marmorbüste dieses Fürsten auf seinem Grabe in der
Bernhardinerkirche vor Urbino zu vergleichen.
 
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