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Eggers, Friedrich [Editor]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 5.1854

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https://doi.org/10.11588/diglit.1198#0285
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271

Drama, d. h. eine naturgemäße Oper, in welcher auch die meisten
Uebergangs- und Verbindungspunkte, ohne selbst lyrischer Natur zu
sein, um deswillen musikalischen Bortrag erhalten werden, weil aus
oben angeführten Gründen eine häufige Abwechselung von Rede und
Gesang, zumal bei einen und denselben Personen, gar leicht eine
komische Wirkung hat. Freilich, der dramatische Werth einer von
lyrischen Momenten überhäuften Handlung, in welcher obendrein
manche Stiicke nicht nach den Gesetzen des Dramas, sondern wegen
eines außer seinen Grenzen liegenden Grundes musikalisch vorgetra-
gen werden, wird nicht sehr bedeutend sein; aber ihre psychologisch-
ästhetische Möglichkeit und Berechtigung liegt dennoch eben darin,
daß es ein lyrisches Drama ist. Beides aber, der Werth und die
Berechtigung'der Oper, erscheint in einem noch helleren Lichte, wenn
man erwägt, daß sie nach der weitaus größten Anzahl nicht sowohl
lyrisches oder musikalisches Drama, sondern vielmehr nur dramati-
sirte Musik ist. Die Poesie ist meist nur der an sich werthlose
Faden, auf welchen die kostbaren musikalischen Perlen aufgereiht
werden; wenn es hoch kommt, die goldene Fassung, worin die Musik
ihre Brillanten und edlen Steine setzt. Der Dichter ist nur der
Famulus des Componisten, sein Werk ist kein eigenes Gedicht, son-
dern ein bloßer „Text" zur musikalischen Dichtung, und die Dar-
steller sind nicht Schauspieler, welche singen, sondern „Sänger und
Sängerinnen", welche spielen. Man ist daher froh, wenn Beides,
der Text und das Spiel, uns nur nicht in dem musikalischen Ge-
nüsse stören, und dankt ihnen genug, daß sie der Resonanzboden
sind, auf welchem die Harmonien rein ertönen; man läßt sich sogar
von Poesie und Mimik noch manches gefallen, was nichts weniger
als gefällig ist, wenn nur die Musik es vergütet. Das- ist der
Standpunkt, von welchem allein die Oper richtig gewürdigt werden
kann. Freilich die Freunde der wahren dramatischen Poesie sind
mit Recht darüber ergrimmt, daß die in Wahrheit höchste und edelste
aller Künste, die dramatische Poesie, als dienende Magd der Musik
unterthäuig sein solle; sie könnten sich aber damit trösten, daß un-
sere heutigen Musiker und Componisten wenigstens nicht überürüthig
und nicht einmal stolz darauf sind, über eine so edle Dienerin zu
gebieten, da sie augenscheinlich auf die feilen Dienste des Decora-
tionspomps ein mindestens eben so großes Gewicht legen.

Neuere Bestrebungen eines durch seine in der That meister-
haften Werke berühmten poetischen Musikers, nicht bloß die Oper
dramatischer, sondern überhaupt jedes Drama zur Oper zu machen,
beruhen lediglich auf der Verwechselung des in der Darstellung und
Ausführung seiner Idee entsprechenden Dramas mit bloßen dra-
matischen Effekten bei sonst gänzlich lyrischer, also widersprechen-
der BehandlungllllNM/i MstHNH MMMjWN

Judas fern und gleichgültig, die Uebrigen mehr oder weniger ergriffen
und nachdenklich. Sie sind beisammen auf einem blumigen Wiesen-
grund, eine Felswand rechts, links schattige Bäume, in der Ferne
ein Fluß mit breitem Wasserspiegel und sanfte, duftige Berge und
über die ganze Landschaft ein lichter sonniger Himmel gebreitet,
dessen klares Blau sich nach oben allmählig in tiefes Dunkel ver-
liert. Ein feierlicher, durchaus nicht trüber Ernst liegt über den
Versammelten und die heitere Ruhe der Landschaft vollendet den
mild ansprechenden Eindruck; die Charaktere sind in großen Zügen
gezeichnet und edle Einfachheit ohne naturalistische Jndividualisirung
ist das Grundmerkmal der gewählten Formen. Im Bau der Grup-
pen hat man ein wenig von der Originalzeichnung abweichen müssen,
da die Viertheilung des Fensters eine Anordnung und Eintheilung
nöthig macht, die ohne Nachtheil nicht verletzt werden kann.

Trotzdem aber, daß man die Figuren so gerückt, daß keine von
ihnen durch den Fensterstock getheilt oder begrenzt wird, daß höch-
stens ein ausgestreckter Arm oder ein Gewandstück in die nächste
Abtheilung reicht, oder ein Ellenbogen an das Maßwerk streift, ist
die Composition nicht tut mindesten gestört tut klaren Zusammenhang
ihrer-Linien und Massen und in der Ruhe des Totaleindrucks, noch
ist ihr der geringste Zwang anzusehen, vielmehr macht sie den Ein-
druck eines durch keine äußere Rücksicht bedingten Vorgangs. Dabei
sind die strengsten Regeln der Anordnung für die Deutlichkeit im
Auge behalten, so daß die Hauptfigur, Christus, nur den halbver-
deckten Kopf eines Apostels neben sich, eine Fensterabtheilung allein,
einnimmt und somit die Aufmerksamkeit des Beschauers sogleich auf
sich zieht.

Um dieses ganze Bild ist nun ein Rahmen in Form eines auf
einem 4 F. hohen Sockel stehenden goldenen Tabernakels gelegt,
gleich einem Fenster, durch welches man die Handlung sieht. Es
ist dreitheilig, im gothifchen Styl des 14. Jahrh. mit einem breiten
Spitzbogen und Giebel in der Mitte, einem schmalen an jeder Seite,
mit Pyramiden und Fialen, an einzelnen Stellen mit silbernen Or-
namenten und bunten Edelsteinen besetzt, einzelne Ornamente auch
nach der Weise vom Schnitzwerk des 15. Jahrh. frei in den innern
Bogenraum ausladend. Die Wölbung des Tabernakels ist dunkel-
roth, mit goldenen Sternen bedeckt, was neben dem Gold der Glie-
derungen eine zauberhafte Wirkung macht. ef.

Aas Vaterunser von /. Overbeck.

Der Kaufmann Vorwerk- in Hamburg hat der dortigen Katha-
rinenkirche ein Glasfenster verehrt, -das in der k. Glasmalereianstalt
zu-München ausgeführt worden. Das Fenster ist 144 F. breit und 45 F.
hoch, ist viertheilig und hat Spitzbogenform. Das Gemälde ist nach einer
Zeichnung Overbeck's in überlebensgroßen Figuren ansgeführt von
dem Glasmaler Faustner und stellt vor, wie Christus seine Jün-
ger das Vaterunser lehrt. Er kniet auf eurer felsigen Erhöhung,
hat die Hände zusammengelegt und den Kopf leicht nach oben ge-
wendet. Kniend -und stehend umgeben rhu die Apostel, und nehmen,
wie es das Aussehen hat, das Wort von seinen Lippen>. vor allen
Johannes, der innig mitbetet, Jacobus der ältere, den das Gehörte
zu erwägen scheint, Jacobus der jüngere in kindlicher Hingebung,
Petrus in ausfahrender'Begeisterung, man möchte-sagen des Beifalls,

Kunstbericht aus Münster.

W. Lübke's interessantes Werk „Die mittelalterliche Kunst in
Westphalen" hat in jüngster Zeit die Aufurerksamkeit des kunstgebil-
deten Prlblikums aus die hiesigen, in Sachen der bildenden Künste
ziemlich sequestrirterr Gegenden gelenkt und dürfte Ihnen daher ein
kurzer Bericht über die gegenwärtigen Kunstzustände nicht unwill-
kommen sein.

Da ich beabsichtige, Ihnen später detaillirte Notizen über ein-
zelne hervorragende münstersche Künstlerfamilien und Künstler des
vorigen und der ersten Decennien unsers Jahrhunderts zukommen
zu lassen, wie namentlich über die Malerfamilie Köppers, den
Bildhauer Gröningen, den trefflichen Portraitmaler Rincklage
und andere, so will ich mich jetzt lediglich auf die Gegenwart be--
schränken.

Der hiesige Kunstvorem, der gleichzeitig mit vielen anderen
Kunstvereinen Deutschlands wohl mehr durch den Impuls einzelner
Kunstfreunde, als' aus einem Bedürfnisse des begüterten und gebil-
deten Publikuns entstand/ hat sich nicht eben glänzend entfaltet und
scheint sich Hinfristen zu müssen. Die einzelnen im Anschluß an an-
dere deutsche Vereine abgehaltenen großen Kunstausstellungendie

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