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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 10.1902

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Thovez, Enrico: Leonardo Bistolfi - Turin
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https://doi.org/10.11588/diglit.6695#0050
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332 Dr. Enrico Thovez

Leonardo b1stolfi—tukin. »Die Bräute des Todes«.

»Le spose della morte«: ]ias-Relief eines Familien-Grabmales.

Turin :

welche die Bürger entsetzte: eine
Gruppe von »Wäscherinnen« wurde
wegen ihrer unerbittlich-ernsten, der-
ben Realistik als anstössig abgelehnt.
Allein in einer Serie kleiner Gruppen
mit ländlichen Sujets zeigt er schon
bald die späteren Haupt - Karakter-
Züge seiner Kunst: den Sinn für
die Poesie des Freilichts, für die
malerische Erscheinung der plastischen
Form. Für Bistolfi ist die plastische
Form untrennbar von der Luft, welche
sie umhüllt, und auch von der Farbe,
welche sie schmückt. Er ist daher
unablässig bemüht, mit durchaus
plastischen Mitteln diesem Sinn für
atmosphärische Umhüllung und der
Farbe genug zu thun. Dieses Be-
streben hat ihn dazu geführt, das
Halb-Dunkel mit einer Eindringlich-
keit zu studieren, welche den meisten
Bildhauern gänzlich fremd ist, und
ferner die Darstellungs-Mittel zu einer
Feinheit auszubilden, deren der Bild-
hauer, wenn er nur die exakte Form,
losgelöst von ihrem Milieu, darstellen
will, gar nicht bedarf. Diese »male-
rische« Tendenz, welche die Form in
ihrem Milieu zu erfassen sucht, d. h.
in ihrem Leben, getränkt von Luft
und strotzend von Licht, tritt am
stärksten in seinen Bas-Reliefs her-
vor. Er beschränkt sich in ihnen
nicht darauf, nur die Formen in ent-
sprechenden Verkürzungen auf der
Bild-Fläche zu verteilen und die
Abstände der Flächen zu verringern:
seine Absicht ist eine ganz andere.
Vermittelst einer wohlberechneten Be-
tonung der Konturen und einer Ver-
stärkung der Wirkungen des darüber
spielenden Lichtes ist es ihm ge-
lungen, den Eindruck einer ganz von
Luft und Licht umhüllten, innerhalb
ihres Milieus lebendigen Form hervor-
zurufen. Man hat ihm oft den Vor-
wurf gemacht, dass er mit dieser
»malerischen« Tendenz die Grenzen
der plastischen Kunst überschritte;
mit Unrecht! Denn wenn sich die
 
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