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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 10.1902

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Fuchs, Georg: Holland und die groß-deutsche Kultur
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https://doi.org/10.11588/diglit.6695#0243
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Rolland und die groIHeuffahe Kultur,

M ls der Deutsche Kaiser jüngst die
/ % grossen Herren der amerikanischen
Presse den kommandierenden
m. Generälen der deutschen Armee
gleichstellte, da wunderten sich viele;
denn es war bisher nichts davon bekannt
gewesen, dass der Kaiser die deutsche
Publizistik auch nur halb so hoch einschätze.
Ja es musste geradezu so erscheinen, als
wollte der Monarch, indem er der Presse
der neuen Welt eine solch ausserordentliche
Machtstellung zuwies, zugleich auch zu ver-
stehen geben, dass er die deutsche für
weniger hochgebietend erachte, dass er sie
eher als ein wenig subaltern ansähe. Ein
General soll eine gewaltige Heeres-Säule
voranführen, er soll ihr Ziel und Marsch-
Route angeben und befehlen. Ob die
deutschen Publizisten — ich meine natürlich
nur die entscheidenden Besten bis hoch und

»Formen kommen und verschwinden:

Irdisches dem Ewigen gesellt«. Albert Verwky.

höchst hinauf in die Litteratur und ihre
Geschichte — ob sich diese wohl alle einer
solchen Machtvollkommenheit und Würde
bewusst waren? Ob es ihnen wohl stets als
die erste und nächste Pflicht erschien, zu
kommandieren und jene ungeheuren Heeres-
Säulen, welche die kulturelle Macht eines
Volkes, einer Rasse bilden, zu neuen Zielen
zu führen, oder doch nur eine von ihnen?
Die Geschichte lehrt, dass ihnen ein grosses
Gezänke um Kleines gewöhnlich angelegener
und lieber war. — Jetzt aber wird es anders!
So ruft man uns zu. Allein man kann
seinen Glauben an solchen Umschwung nur
mühsam aufrecht halten, wenn man betrachtet,
wie unser Schrifttum schon wieder gleich-
gültig oder mit jener ihm eigentümlichen
sittenrichterlichen und noch ein wenig schul-
meisterlichen Krittelei an der nicht eben
unbedeutenden Aufgabe vorübereifert, welche

1902. XI. 1.
 
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