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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 10.1902

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Ebe, Gustav: Versuche in moderner Bau-Ornamentik - Schluß, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6695#0132
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Gustav Ebe: Versuche in moderner Bau-Ornamentik.

aber dafür mit seitlichen Konsol - Ansätzen
versehen. — Die Ausstellungs - Bauten des
Jahres 1900 in Paris boten manche neue
derartige Einzelheiten; so im deutschen
Ehrenhofe die romanisierenden Säulen-Kapi-
telle und Basen von Hoffacker, in Ver-
mischung mit altnordischen und modernen
Formen; auch in den Konsolen traten ähn-
liche Bildungen auf (Deutsche Bauztg. 1901
Nr. 18). Einzelne Wand-Teile desselben
Bauwerkes zeigten japanisierende Linien-
Spiele, verbunden mit altnordischem Band-
Geschlinge und figürlichen Bildungen von
modernem Karakter. In dem österreichischen
Ehrenhofe daselbst hatte L. Baumann in
Wien einige neue dorisierende Kapitell-
Bildungen angebracht, indem er die Über-
leitung von den Ecken der Abaken zur
Rundung des Säulenschafts durch konsol-
artige Vorsprünge bewirkte, zugleich zeigten
die eisernen Bogenträger die Konstruktion
ohne den Versuch dekorativer Verkleisterung.
— Das Naturhistorische Museum im Jardin
des Plantes zu Paris von Dietert hat zwar
im einzelnen antikisierende Formgebung auf-
zuweisen, erhält jedoch eine Belebung im
modernen Sinne durch Tier-Skulpturen von
Fremiet u. a., welche auch zur Bildung der
Gliederungen, wie z. B. die Löwen-Büsten
an den Pfeiler - Kapitellen, herangezogen
sind. Die Friese enthalten Verzierungen aus
Muscheln, und an den Eisen-Gittern erscheint
ein naturalistisches Pflanzen-Ornament. — Im
Hofe des Geschäfts-Hauses der »Allgemeinen
Zeitung« in München hat Martin Dülfer den
Versuch gemacht, die Brüstungs - Füllungen
durch Reihen aufrecht nebeneinanderge-
stellter. Glockenblumen
auf langen Stengeln in
sehr grossem Maßstabe
zu verzieren (Deutsche Bauztg,
1901 Nr. 60); indes erscheinen dieselben
etwas fremdartig und nichtssagend. —
Das Pflanzen-Ornament an den Fas-
saden der Sächsischen Handels-Bank

in Dresden von Schilling & Gräbener
(Deutsche Bauztg. 1901 Nr. 1 und 2) folgt,
was die mehrfach angebrachten Baum-Ver-
zweigungen und die naturalistischen Blatt-
Formen anbelangt, den über Amerika zu
uns gelangten japanischen Anregungen; der
Ausdruck statisch wirkender Kräfte ist in
diesen Verzierungen wohl mit Absicht ver-
mieden. Allenfalls geben die Fruchtknollen
unter den Ecken der Säulen-Deckplatten noch
eine Andeutung der älteren Auffassungsweise
der Kapitell-Form. Die verwendeten tierischen
Ornament - Motive, wie die Drachen u. a.,
wiederholen altnordisch - fantastische Bil-
dungen. Weshalb gerade an diesem Gebäude
solche Motive gewählt sind, lässt sich aus
der zwecklichen Bestimmung desselben nicht
erraten, wenn man nicht an den Schätze
hütenden Fafnir der Sigurd-Sage denken will.

Die öfter wieder aufgenommene An-
wendung des altnordischen Band-Geschlinges,
in Verbindung mit den an den Enden an-
gesetzen Thierköpfen und den in das Muster
verflochtenen schlangenartig verlängerten
Tier-Leibern, diese Anfänge aus dem Kind-
heits-Alter der west- und nordeuropäischen
Völkerschaften, sind für uns Modernen in-
haltlich ebenso bedeutungslos wie die Fabel-
Wesen der Antike; sie geben die Wieder-
holung eines rein archaistischen Nieder-
schlags und können keinen Ausgangspunkt
für neue Erfindungen bieten, umsoweniger,
als die Schönheit dieser ursprünglich aus
der Holz-Schnitzerei und der Metall-Technik
hervorgegangen, in der Buch-Malerei weiter
ausgebildeten, später in die Stein - Technik
übersetzten Formen doch mehr als zweifel-
haft ist und höchstens
den Reiz einer unge-
wohnten pikanten Er-
scheinung für sich hat. In diesen
Kreis gehören die Auffrischungen
norwegischer Ornamentik von Maxi-
milian Jagielski in Christiania (Deutsche
Bauhütte 1901 Nr. 18), welche deshalb
 
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