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Dr. Ludwig Abels: Ein Wiener Kunst-Jahr.
Schaffens zu respektieren, den Umfang des
eigenen Empfindens zu erweitern. Dass
diese Anpassungs- und Begeisterungs-
Fähigkeit der Wiener so hervorragende
Künstler wie Max Klinger gefangen nimmt
und sie veranlasst, ihre Schöpfungen zuerst
in Wiener Ausstellungs - Räumen der Welt
zu zeigen, ist für den Ruf und die Fort-
Entwickelung des Kunst-Lebens von weit-
tragender Bedeutung.
Andererseits gibt gerade die Schätzung
der auswärtigen Kraft - Leistung für den
Einheimischen den Ansporn zur Thätigkeit,
sowie den Mut, seine Eigenart gegenüber
den unvermeidlichen Spöttern festzuhalten.
Bis zur äussersten Konsequenz geht in
dieser Hinsicht Gustav Klimt, der zwar in
diesem Jahre kein grösseres Werk zur Aus-
stellung brachte, aber in einer Anzahl von
ARCHITEKT PLECNIK—WIEN.
Landschaften sein unbeirrtes Streben zeigte,
an den einfachsten Natur - Ausschnitten die
feinsten Farben-Reize mit unvergleichlich
nuancenreichem Pinsel wiederzugeben; und
in einer kecken, brillant gemalten Fantasie
»Goldfische« wandte er ostentativ jeder Be-
einflussung durch die öffentliche Meinung
den Rücken. Aus der Zahl der übrigen
einheimischen Maler traten in der Ausstellung
der Sezession noch Stöhr, Lenz, Eugenie
Münk (mit einem Herren-Porträt), Bernatzik,
Siegmund und Andri interessant hervor.
Noch bedeutsamer jedoch für die
spezifisch österreichische Produktion ist das
Auftreten einer ganz neuen Künstler-Gruppe,
des »Hagenbundes«, der in kurzer Frist sich
die Gunst von Publikum und Kritik erobert
hat und auf den zwei bisher veranstalteten
Ausstellungen lediglich einheimische Talente
zu Wort kommen Hess. Eine
kleine Auswahl aus den Dar-
bietungen der Eröffnungs-
Ausstellung geben die bei-
gefügten Abbildungen der
Gemälde von Wilt, Baron
Dräsche, Hampel u. Graf. —
Woran es den Wiener Künst-
lern meist noch mangelt, das
ist die Durchgeistigung ihrer
Motive. Sie bleiben oft im
Spielerischen, Dekorativen
stecken. Selbst Künstler von
grosser Erfahrung, wie Goltz
oder Thiele, machen aus
ihren Bildern (»Lenzluft«,
»Helden«) Theater - Vor-
hänge oder Wand-Füllungen.
Hampel ist sehr begabt für
dekorative Wirkungen im
Kleinen. Seine Miniaturen
auf Pergament, meist ver-
führerisch reizende Frauen-
Gestalten in launigen Stell-
ungen, sind witzig und durch
den aparten, ein wenig süss-
lichen Gesamt - Ton rechte
Lecker-Bissen für Sammler.
Das obenstehende, »Eva«, ist
ein Versuch, sein Lieblings-
Motiv und seine Lieblings-
Partie eines Wohn - Hauses.
Dr. Ludwig Abels: Ein Wiener Kunst-Jahr.
Schaffens zu respektieren, den Umfang des
eigenen Empfindens zu erweitern. Dass
diese Anpassungs- und Begeisterungs-
Fähigkeit der Wiener so hervorragende
Künstler wie Max Klinger gefangen nimmt
und sie veranlasst, ihre Schöpfungen zuerst
in Wiener Ausstellungs - Räumen der Welt
zu zeigen, ist für den Ruf und die Fort-
Entwickelung des Kunst-Lebens von weit-
tragender Bedeutung.
Andererseits gibt gerade die Schätzung
der auswärtigen Kraft - Leistung für den
Einheimischen den Ansporn zur Thätigkeit,
sowie den Mut, seine Eigenart gegenüber
den unvermeidlichen Spöttern festzuhalten.
Bis zur äussersten Konsequenz geht in
dieser Hinsicht Gustav Klimt, der zwar in
diesem Jahre kein grösseres Werk zur Aus-
stellung brachte, aber in einer Anzahl von
ARCHITEKT PLECNIK—WIEN.
Landschaften sein unbeirrtes Streben zeigte,
an den einfachsten Natur - Ausschnitten die
feinsten Farben-Reize mit unvergleichlich
nuancenreichem Pinsel wiederzugeben; und
in einer kecken, brillant gemalten Fantasie
»Goldfische« wandte er ostentativ jeder Be-
einflussung durch die öffentliche Meinung
den Rücken. Aus der Zahl der übrigen
einheimischen Maler traten in der Ausstellung
der Sezession noch Stöhr, Lenz, Eugenie
Münk (mit einem Herren-Porträt), Bernatzik,
Siegmund und Andri interessant hervor.
Noch bedeutsamer jedoch für die
spezifisch österreichische Produktion ist das
Auftreten einer ganz neuen Künstler-Gruppe,
des »Hagenbundes«, der in kurzer Frist sich
die Gunst von Publikum und Kritik erobert
hat und auf den zwei bisher veranstalteten
Ausstellungen lediglich einheimische Talente
zu Wort kommen Hess. Eine
kleine Auswahl aus den Dar-
bietungen der Eröffnungs-
Ausstellung geben die bei-
gefügten Abbildungen der
Gemälde von Wilt, Baron
Dräsche, Hampel u. Graf. —
Woran es den Wiener Künst-
lern meist noch mangelt, das
ist die Durchgeistigung ihrer
Motive. Sie bleiben oft im
Spielerischen, Dekorativen
stecken. Selbst Künstler von
grosser Erfahrung, wie Goltz
oder Thiele, machen aus
ihren Bildern (»Lenzluft«,
»Helden«) Theater - Vor-
hänge oder Wand-Füllungen.
Hampel ist sehr begabt für
dekorative Wirkungen im
Kleinen. Seine Miniaturen
auf Pergament, meist ver-
führerisch reizende Frauen-
Gestalten in launigen Stell-
ungen, sind witzig und durch
den aparten, ein wenig süss-
lichen Gesamt - Ton rechte
Lecker-Bissen für Sammler.
Das obenstehende, »Eva«, ist
ein Versuch, sein Lieblings-
Motiv und seine Lieblings-
Partie eines Wohn - Hauses.