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Dr. Ludwig Abels: Ein Wiener Kunst-Jahr.
CLARA GROSCH—DARMSTADT.
Stimmung auch auf grössere Leinwandflächen
zu übertragen. Der Akt erinnert an Stuck, an
die »Vertreibung aus dem Paradiese«, aber
die Derbheit ist gemildert, aus dem Drama
ist ein Idyll geworden. Auf dem Gebiete des
Porträts sind namentlich Robert Schiff und
Ludwig Graf zu nennen. Über Konopa,
Lefler und Urban (von letzterem wurde das
schmucke Ausstellungs-Haus des Bundes ge-
baut) gedenke ich ein andermal zu sprechen.
Spuren eines kraftvollen Aufschwungs finden
sich auch auf einem Gebiete, auf dem Öster-
reich in der jüngsten Vergangenheit allzu-
wenig hervortrat, nämlich dem der Plastik.
Zwar hat man Meister, wie Hellmer Und
Weyr, sowie Arthur Strasser, stets mit
Ehren genannt. Einige ganz meisterhafte
Bildhauer-Arbeiten dieses Jahres aber stammen
von Künstlern, deren Namen in Deutschland
noch kaum genannt wurden,
die man aber in Zukunft
wohl oft und mit besonderer
Auszeichnung vermerken
wird. Diese sind Franz
Zelezny, Alfonso Canciani
und Richard Tautenhayn
(ein Sohn des bekannten
Medailleurs; ein jüngerer
Bruder, Karl, hat sich
gleichfalls durch vorzüg-
liche Medaillen - Arbeiten
hervorgethan). Canciani ist
ein Italiener aus dem öster-
reichischen Küsten-Lande.
Erinnert Canciani in der
virtuosen Beherrschung des
Aktes und in der strengen
Wiedergabe an Meunier, in
der Gruppierung manchmal
an Rodin, so ist ihm doch
eine vollkommen indivi-
duelle Note eigen, die
neuerdings wieder an der
Figur der »Nachtwandlerin«
(auf der letzten Ausstellung
der Sezession) zu Tage trat.
Der Gegensatz zwischen
der Schlichtheit dieser weib-
lichen Erscheinung und der
geheimnisvollen Gewalt, die
sie vorwärts treibt, ihre Hand mit über-
natürlicher Magie durchflutet, ist sehr er-
greifend. — Die Gruppe der zwei ringenden
Knaben (sie ist eine der besten Klein-Plastiken
in Bronze, hier nach dem Gyps - Modell
wiedergegeben) berührt wie ein Stück Leben;
ebenso der »Stein werf er«. Canciani hat in der
letzten Zeit zahlreiche Modelle für die k. k.
Erz-Giesserei geschaffen, und eine lobenswerte
Energie, wegen des dekorativen Zweckes die
Natur-Wahrheit nicht zu verleugnen, bethätigt.
Seine Zukunft jedoch liegt zweifelsohne auf
dem Gebiete fantasievoller, pathetischer
Konzeptionen. — Ist bei Canciani die Weiter -
Entwickelung noch ein Problem, so sehen
wir in Zelezny einen zu selbstsicherer Meister-
schaft ausgereiften Künstler. Unter seinen
Masken finden sich neben fantastischen,
lockenumwallten und bekränzten Mädchen-
Damen-Porträt.
Dr. Ludwig Abels: Ein Wiener Kunst-Jahr.
CLARA GROSCH—DARMSTADT.
Stimmung auch auf grössere Leinwandflächen
zu übertragen. Der Akt erinnert an Stuck, an
die »Vertreibung aus dem Paradiese«, aber
die Derbheit ist gemildert, aus dem Drama
ist ein Idyll geworden. Auf dem Gebiete des
Porträts sind namentlich Robert Schiff und
Ludwig Graf zu nennen. Über Konopa,
Lefler und Urban (von letzterem wurde das
schmucke Ausstellungs-Haus des Bundes ge-
baut) gedenke ich ein andermal zu sprechen.
Spuren eines kraftvollen Aufschwungs finden
sich auch auf einem Gebiete, auf dem Öster-
reich in der jüngsten Vergangenheit allzu-
wenig hervortrat, nämlich dem der Plastik.
Zwar hat man Meister, wie Hellmer Und
Weyr, sowie Arthur Strasser, stets mit
Ehren genannt. Einige ganz meisterhafte
Bildhauer-Arbeiten dieses Jahres aber stammen
von Künstlern, deren Namen in Deutschland
noch kaum genannt wurden,
die man aber in Zukunft
wohl oft und mit besonderer
Auszeichnung vermerken
wird. Diese sind Franz
Zelezny, Alfonso Canciani
und Richard Tautenhayn
(ein Sohn des bekannten
Medailleurs; ein jüngerer
Bruder, Karl, hat sich
gleichfalls durch vorzüg-
liche Medaillen - Arbeiten
hervorgethan). Canciani ist
ein Italiener aus dem öster-
reichischen Küsten-Lande.
Erinnert Canciani in der
virtuosen Beherrschung des
Aktes und in der strengen
Wiedergabe an Meunier, in
der Gruppierung manchmal
an Rodin, so ist ihm doch
eine vollkommen indivi-
duelle Note eigen, die
neuerdings wieder an der
Figur der »Nachtwandlerin«
(auf der letzten Ausstellung
der Sezession) zu Tage trat.
Der Gegensatz zwischen
der Schlichtheit dieser weib-
lichen Erscheinung und der
geheimnisvollen Gewalt, die
sie vorwärts treibt, ihre Hand mit über-
natürlicher Magie durchflutet, ist sehr er-
greifend. — Die Gruppe der zwei ringenden
Knaben (sie ist eine der besten Klein-Plastiken
in Bronze, hier nach dem Gyps - Modell
wiedergegeben) berührt wie ein Stück Leben;
ebenso der »Stein werf er«. Canciani hat in der
letzten Zeit zahlreiche Modelle für die k. k.
Erz-Giesserei geschaffen, und eine lobenswerte
Energie, wegen des dekorativen Zweckes die
Natur-Wahrheit nicht zu verleugnen, bethätigt.
Seine Zukunft jedoch liegt zweifelsohne auf
dem Gebiete fantasievoller, pathetischer
Konzeptionen. — Ist bei Canciani die Weiter -
Entwickelung noch ein Problem, so sehen
wir in Zelezny einen zu selbstsicherer Meister-
schaft ausgereiften Künstler. Unter seinen
Masken finden sich neben fantastischen,
lockenumwallten und bekränzten Mädchen-
Damen-Porträt.