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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 10.1902

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Abels, Ludwig W.: Ein Wiener Kunst-Jahr
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https://doi.org/10.11588/diglit.6695#0188
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Dr. Ludwig Abels: Ein Wiener Kunst-Jahr.

clara grosch—darmstadt.

Köpfen vergnügt grinsende »Weinbeisser«,
böhmische Musikanten usw. Einige Arbeiten
waren in einem früheren Heft der Zeitschrift
abgebildet, darunter ein Beethoven-Kopf, in
dem glücklich jede Affektation vermieden
war. Von den hier abgebildeten Arbeiten
sind die beiden Füllungen von Kassetten-
Wänden für die Turiner Ausstellung bestimmt.

Was nun das Wiener Kunst-Gewerbe
des letzten Jahres anlangt, so lässt sich
gerade von diesem Schaffens-Gebiet mit der
grössten Sicherheit eine feste Stellungnahme
konstatieren. Immer mehr befreien sich die
Innen-Architekten, wie Professor Hoff mann,
Adolf Loos, Leopold Bauer u. A. von fremden
Vorbildern, sie dringen immer mehr in die
Bedingungen des Handwerklichen und in
die lokale Tradition ein. Nichts ist dafür

karakteristischer, als die
Pflege des »Biedermaier-
Stils«. Man sammelt in
Werken die Fassaden und
Innen-Räume, die sich aus
jener Zeit noch erhalten
haben, und bildet sie auch
vielfach nach. An dem
pietätvollen Studium des
vorhandenen Guten hat es
bisher in Österreich ge-
fehlt. Neuerdings freilich
geht man recht energisch
daran, sowohl ein »histo-
risches Museum der Stadt
Wien«, indem die ver-
streuten Schätze übersicht-
lich angeordnet werden
sollen, als auch eine »mo-
derne Galerie« zu schaffen.
Für den Bau des histo-
rischen Museums, das auf
einem Bau-Block nächst
der Karls-Kirche und dem
Schwarzenberg - Palais er-
richtet werden wird, war
eine offene Konkurrenz
unter österreichischen Ar-
chitekten ausgeschrieben,
in der Ober-Baurat Gtto
Wagner für sein Projekt
den ersten Preis erhielt.
Das bedeutet einen wichtigen Sieg der
Moderne, — die übrigens auch bei Wohn-
Häusern immer mehr Anwendung findet.
So in dem Hietzinger Bau von Josef Plecnik,
dem einst in Wagner's Atelier meist be-
schäftigten Architekten.

Unter den einzelnen Zweigen des Kunst-
Gewerbes werden mit besonderem Eifer die
Stickerei, die Keramik und neuerdings die
Schmuck-Kunst gepflegt, für die namentlich
Otto Prutscher eine hervorragende Begabung
zeigt. Die hier reproduzierte Kollektion wurde
auf der letzten Ausstellung der Sezession
viel bewundert. Dass es bereits möglich
ist, mit derartigen Werken Erfolg zu erzielen,
ist ein Beweis dafür, dass in Wien das Leben
immer intensiver von künstlerischem Geiste
durchdrungen wird. Dr. Ludwig Abels.

»Holzschnitzer von fseltwald*.
 
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