den Völkern neue Entwickelungs - Gesetze
und neue ungeheure Aufgaben auferlegt.
Davor verschwinden die kleinen Vorurteile
und Gezanke, welche trennten so lange
Europa, die kleine Halb-Insel am asiatischen
Kontinente, sich »die Welt« dünkte. Die
Turiner Ausstellung bezeugt uns nun, dass
diese Annäherung bei den führenden Geistern
Hollands und Deutschlands schon ganz offen-
bar ist: sie reichen sich die Hände. Um
von Wegerif zu Behrens, von Berlage zu
Läuger zu kommen, bedarf es keiner Brücken,
und die deutschen Dichter unseres Sinnes sind
der Bruderschaft mit den holländischen Sängern
gewiss und sind stolz darauf, mit Männern
wie Albert Verwey eines Wegs zu gehen.
Hier in Turin ist es den allzulang feind-
selig von einander abgewendeten Brüdern
wieder bewusst geworden, dass sie eines
Stammes und eines Willens sind, dass der
göttliche Geist, welcher dereinst im christ-
lichen Zeitalter die gotische Kunst als sein
sichtbares Haus ihnen beiden auferrichtete
— jene Gotik, die trotz der gemeinsamen
Schwibbogen doch anders ist, als die fran-
zösische — dass der in ihnen auf's neue
wirksam wird, und dass sie beide unter
seinem Fittig wohnen und bauen. Es wird
ein anderes Werk sein, als das der Gotik,
das nun entstehen soll, aber ob es darum
weniger religiöser Art sei, das sei in Frage
gestellt. Nicht umsonst ruht in einem
Schreine der Tempel - Halle von Behrens
der »Zarathustra« in Kleinodien und weihe-
vollen Zeichen gefasst, nicht umsonst be-
kennen sich so viele der Besten unter
den Holländern zu einem religiösen Leben,
das man gemeinhin als »Mystik« nur ober-
flächlich zu kennzeichnen liebt, nicht um-
sonst umfangen uns in dem ernsten Ge-
mache von Christ. Wegerif, welches J. B.
Uiterwijk & Co. hier ausgestellt haben, die
feierlichen Gemälde von .Frans Stamkart:
jene Hymnen an das Licht, an das schaffende,
heilige Licht, die zwischen den Säulen hervor
schweben mit dem trostreichen, milden Klange
der einst den heiligen Schildereien von der
Geburt des Herrn die fromme Ehrfurcht der
Seelen erzwang. Nicht umsonst müssen wir
uns in der dämmernden Majolika-Halle von
Kreis wehren gegen den Gedanken, dass
dieser Künstler, wenn er sich und seinen
Weg einmal gefunden, profanem Thun allein
sich widmen würde, und nicht umsonst
sträuben wir uns gegen die Zumutung, dass
diese hieratisch geformten Becken, Leuchter
und Schalen aus gehämmertem Kupfer, die
uns gleichfalls von Uiterwijk & Co. gezeigt
werden, zu anderem dienlich sein dürften
als zur Begehung heiliger Tage: welcher
Tage, welcher Heiligen?
Gewiss: nicht alles, was Holländer und
Deutsche hier aufgebaut haben, legt uns diese
Erwägungen nahe. Ganz gewiss nicht! Aber
diejenigen Werke, welche uns mit befehls-
haberischer Wucht dazu zwingen, sind auch
und neue ungeheure Aufgaben auferlegt.
Davor verschwinden die kleinen Vorurteile
und Gezanke, welche trennten so lange
Europa, die kleine Halb-Insel am asiatischen
Kontinente, sich »die Welt« dünkte. Die
Turiner Ausstellung bezeugt uns nun, dass
diese Annäherung bei den führenden Geistern
Hollands und Deutschlands schon ganz offen-
bar ist: sie reichen sich die Hände. Um
von Wegerif zu Behrens, von Berlage zu
Läuger zu kommen, bedarf es keiner Brücken,
und die deutschen Dichter unseres Sinnes sind
der Bruderschaft mit den holländischen Sängern
gewiss und sind stolz darauf, mit Männern
wie Albert Verwey eines Wegs zu gehen.
Hier in Turin ist es den allzulang feind-
selig von einander abgewendeten Brüdern
wieder bewusst geworden, dass sie eines
Stammes und eines Willens sind, dass der
göttliche Geist, welcher dereinst im christ-
lichen Zeitalter die gotische Kunst als sein
sichtbares Haus ihnen beiden auferrichtete
— jene Gotik, die trotz der gemeinsamen
Schwibbogen doch anders ist, als die fran-
zösische — dass der in ihnen auf's neue
wirksam wird, und dass sie beide unter
seinem Fittig wohnen und bauen. Es wird
ein anderes Werk sein, als das der Gotik,
das nun entstehen soll, aber ob es darum
weniger religiöser Art sei, das sei in Frage
gestellt. Nicht umsonst ruht in einem
Schreine der Tempel - Halle von Behrens
der »Zarathustra« in Kleinodien und weihe-
vollen Zeichen gefasst, nicht umsonst be-
kennen sich so viele der Besten unter
den Holländern zu einem religiösen Leben,
das man gemeinhin als »Mystik« nur ober-
flächlich zu kennzeichnen liebt, nicht um-
sonst umfangen uns in dem ernsten Ge-
mache von Christ. Wegerif, welches J. B.
Uiterwijk & Co. hier ausgestellt haben, die
feierlichen Gemälde von .Frans Stamkart:
jene Hymnen an das Licht, an das schaffende,
heilige Licht, die zwischen den Säulen hervor
schweben mit dem trostreichen, milden Klange
der einst den heiligen Schildereien von der
Geburt des Herrn die fromme Ehrfurcht der
Seelen erzwang. Nicht umsonst müssen wir
uns in der dämmernden Majolika-Halle von
Kreis wehren gegen den Gedanken, dass
dieser Künstler, wenn er sich und seinen
Weg einmal gefunden, profanem Thun allein
sich widmen würde, und nicht umsonst
sträuben wir uns gegen die Zumutung, dass
diese hieratisch geformten Becken, Leuchter
und Schalen aus gehämmertem Kupfer, die
uns gleichfalls von Uiterwijk & Co. gezeigt
werden, zu anderem dienlich sein dürften
als zur Begehung heiliger Tage: welcher
Tage, welcher Heiligen?
Gewiss: nicht alles, was Holländer und
Deutsche hier aufgebaut haben, legt uns diese
Erwägungen nahe. Ganz gewiss nicht! Aber
diejenigen Werke, welche uns mit befehls-
haberischer Wucht dazu zwingen, sind auch