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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 10.1902

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Fuchs, Georg: Holland und die groß-deutsche Kultur
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https://doi.org/10.11588/diglit.6695#0249
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Holland und die gross-deutsche Kultur.

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zu betonen, dass man viel kann. Hiernach
orientiert zeigen die holländischen Wohn-
Räume feinen Takt und das verleiht uns
das Gefühl hochgesinnter Lebensführung
bei ihren Urhebern. Das muss vor allem
gesagt werden, denn das gibt den wieder
zusammenf liessenden Bruder-Strömen Rich-
tung. Dessen ungeachtet braucht das einzel-
künstlerische Verdienst nicht verschwiegen
zu werden, denn es ist ja das zuverlässigste
Beweis-Mittel. Wir bewundern die köstlichen
Teppiche und Vasen von Colenbrander,
welche die Königl. Deventer Teppich-Fabrik
und die Manufaktur von Rozenburg zur
Ausführung gebracht haben; wir freuen uns
auch im Einfachsten noch einen grossen Zug
zu finden: in den schlichten Geschirren von
De Iß und Rozenburg, den Teppichen von
Stevens & S. in dem herben Metall-Gerät eines
Ysenlöffel, in den Gemächern,
welche Berlage, J. R. Hillen
und Pool junior zu Urhebern
haben, und in den wunder-
baren Gres - Figürchen eines
Mendez da Costa. Woher
kommt es wohl, dass diese
unscheinbaren Statuetten,
Bildnisse von Bettlerinnen
und lächerlichen Tieren, uns
ergreifen und erheben? Wäre
das denkbar, wenn nicht ein
tieferer, geistiger Unterstrom
aus ihnen sein geheimnisvolles
Raunen vernehmen liess ?
Und wem entginge dies vor
den plastischen Gebilden eines
Zyl, die so ganz voll sind
einer geistigen, herben Schön-
heit, und über den Büchern
von Veldheer, Toorop, Thorn-
Prikker u. a. mit ihren selt-
samen Zierraten? Und dass
die staatlichen Manufakturen
und Museen diesem Streben
fördernd beistehen, ist nicht
das letzte Moment, das uns
Hochachtung vor den Hol-
ländern abnötigen kann! —
»Diese Zivilisation — hat ein
einzig dastehendes Verdienst:

Sie ist gesund; die Menschen, welche in ihr
leben, haben diejenige Gabe, welche uns am
meisten fehlt, Weisheit, und eine Belohnung,
welche wir nicht mehr verdient, Zufrieden-
heit«. So spricht Hippolyt Taine von Holland
im I. Bande seiner »Philosophie der Kunst«,
welche uns nun in der vortrefflichen Über-
tragung Ernst Hardt's gegeben worden ist.
Ihm, dem grossen Franzosen, ist es auch
nicht entgangen, wohin der Marsch dieses
starken, wohlausgerüsteten Stammes führt.
Er sagt im anderen Kapitel: »Eine Rasse,
mit einem dem der lateinischen Völker ganz
entgegengesetzten Schaffens-Geiste, erringt
sich nach und neben ihnen seinen Platz in
der Welt«. — Wohl dachte er dabei zuerst
an die Vergangenheit, an das Zeitalter
Rembrandt's, allein er schloss die Möglich-
keit nicht aus, dass es wieder einmal so

J. THORN-PRTKKER—HAAG.

Plakat.
 
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