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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 11.1902

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Fuchs, Georg: Die Wohn-Räume der Deutschen Abteilung der Turiner Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6694#0066

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Die Wohn-Räume der Deutschen Abteilung.

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Willkür eines Wienertums bethören
lassen, jenes Wienertums, das, wie seine
architektonischen Capriccio's mit nur
vereinzelten Ausnahmen ganz offen-
kundig machen, den Mackintosh's nicht
sehr viel weniger als alles verdankt.
Wir müssten vor einer architektonischen
und gewerblichen Kunst stehen, die
uns nötigte, zu rufen: wie, diese Kunst
ist ja wieder ganz verständlich! Man
wird ja wieder »ganz natürlich«! Das
ist ja wieder alles ganz selbstverständ-
lich, als ob es gar nicht anders sein
könnte! ■— In der Abteilung England's
finden wir auch solche Kunst, solche
Geräte, solche Klarheit, solche ohne
jede Reflexion verständliche Einfach-
heit. In Deutschland kann freilich
einstweilen nur von der Absicht die
Rede sein. — Beachtenswert ist da
vornehmlich die Entwickelung geschäft-
licher Unternehmungen, wie der Ver-
einigten Werkstätten für Kunst im
Handwerk zu München, der Versuchs-
und Lehr- Werkstätten der Kgl. Kunst-
Gewerbe - Schule zu Stuttgart und der
Dresdener Werkstätten für Handwerks-
Kunst (Schmidt & Müller). Ein Raum,
der künstlerisch so hoch steht, wie das
Speise-Zimmer von Bruno Paul, und
der dabei so gar nicht mehr wie ein
»Kunst-Werk« aussieht, sondern eben wie
eine »natürlich« entstandene Einrichtung: ein
solcher Raum gibt doch zu denken und zu
hoffen. Man gewinnt die Zuversicht, dass er
selbst diejenigen überzeugen könne, welche
sich sonst pathetisch gegen alles »Moderne»
wehren. — Damit nähern wir uns langsam der
Situation der führenden Holländer, die schon
so ziemlich alle Intelligenz ihres Volkes auf
ihrer Seite haben. Auch dort sind Werk-
stätten - Unternehmungen entscheidend ge-
wesen. Der Salon und das Rauch-Zimmer
von Pankok sind noch aus einer früheren
Zeit: wie viel mehr herrscht in ihnen noch
der Geist der Fantastik, der Individualismus,
das l'art pour l'art, wie viel stärker erinnert
er uns trotz seiner ausserordentlichen Quali-
täten noch an das Künstlertum, das um der
Ausstellungen willen auf menschenfernen

FR. ADLER—MÜNCHEN.

Vitrine.

Ateliers in kunstgewerblichen Titanen-
Träumen schwelgte! Man denkt daran, dass
es einmal eine Zeit gab, wo der kunst-
gewerblich dilettierende »Kunst-Maler« seine
Philosophie der Stuhlbeine und seine deko-
rative Programm - Musik an die Stelle nütz-
lichen Gerätes zu setzen sich unterfangen
wollte. Pankok selbst ist freilich längst
darüber hinaus und die neuen Möbel seines
Salons zeigen ein Fortschreiten seiner ge-
sunden Entwickelung. — Dann muss man
aber auch auf den jungen Friedrich Adler
aufmerksam machen, der in einem kleinen
Vor «Räume an einer Stuck-Decke, an
Pfeilern, Thür-Umrahmungen usw. Ideen
entwickelt, die weder alltäglich noch unver-
nünftig sind. Er konnte hier allerdings nur
wenig zeigen: vielleicht beweist er später
einmal in grösseren Verhältnissen, dass er
 
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