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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 11.1902

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Fuchs, Georg: Die Wohn-Räume der Deutschen Abteilung der Turiner Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6694#0071

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Die Wohn-Räume der Deutschen Abteilung.

ganz bezeichnend, dass sich manche dieser
Künstler nur ungern dazu herbeilassen, für
den Luxus zu schaffen, dass ihnen ebenso
die Kunst, welche nur auf Museen rechnet,
verhasst ist. Sie wollen lebendige That!
Darum wollen sie gerade die einfachsten,
alltäglichsten Dinge und die in diesen ent-
haltenen Motive der Schönheit erwecken.
Eine Welt-Anschauung, die aus dem »Alltage«
einen Wert gestalten möchte, welcher der
»Alltag« heiliger erscheint als der Fest-Tag

— ist sie nicht ein neues, sittliches Bewusst-
sein? Und eine Kunst, welche es vermöchte,
zu dieser sittlichen Erhebung zu überreden,
welche wirklich diese Suggestion vollbringt

— ist sie nicht eine grosse, sittliche Macht?
Ist sie es nicht auch noch bei den Geistern
des guten Durchschnittes, bei den wackeren
Gefolgs-Mannen und Gefährten? Der Führer
freilich tritt bewusst hin vor das Chaos des
modernen Lebens und spricht: Ich will
diesem grossen, diesem gewaltigen, diesem

schönen Leben, das ich mitlebe, den grossen,
den gewaltigen, den schönen Ausdruck ver-
leihen! Es soll das Haus zeugen von dem
Thun! An den leichten, kühnen, stahl-
getragenen Hallen, an den trotzigen Firsten
und den türmen - gleichen Essen soll man
die ungeheueren Mächte der Zeit erkennen!
Man soll es davor fühlen: hier dröhnen die
Maschinen, hier kommen und gehen die
Ströme rastloser Menschen, hier sammelt
sich die Mannigfaltigkeit ihrer Erzeugnisse
zu bunter Fülle, hier tollt und tanzt die
Jugend, hier übt sie im Wettstreit ihre
Kräfte, hier hören wir in weihevollen
Räumen die Stimmen unserer Meister! —
Ein wunderbares, ein reiches Leben erfüllt
sich heute, ich will es nicht verbergen
hinter Symbolen, die von gestern und ehe-
gestern sprechen, nein, ich will ihm ein
Siegel aufprägen, mein Siegel, das von meiner
Kraft, von meinem Willen zeugt und von
meinem Danke vor dem schönen Leben! —

BRUNO PAUL—MÜNCHEN.

Schreibtisch aus Rüsternholz. Ausgef. von den Vereinigten Werkstätten.
 
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