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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 11.1902

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Die österreichische Abteilung auf der Turiner Ausstellung
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Die österreichische Abteilung auf der Turiner Ausstellung.

Industrie Österreichs zu thun, nicht eigentlich
mit einer Künstler-Ausstellung. Von den
bekannten Führern der Wiener Sezession
finden wir kaum einen, und auch andere
Künstler-Namen sind nur vereinzelt vertreten,
unter ihnen freilich C.J.A. Voysey, der den
auf S. 88 abgebildeten., von J. Ginzkey in
Maffersdorf gewebten Gobelin entworfen
hat, ein wahres Pracht - Stück, dem sich
kaum ein anderes dieses kunstgewerblichen
Zweiges auf der ganzen Ausstellung an
die Seite stellen darf. Dieser Gobelin be-
kleidet die eine Wand der von J. W. Müller
nach Baumann's Angaben errichteten Halle,
deren einfache, kräftig ausgebildete Balken-
Decke ebenfalls vorzüglich wirkt. Aus der
Halle tritt man in den Musik - Salon, den
Carl Witztnann entworfen und Sigm. Oppen-
heim ausgestellt hat: ein echt wienerisches
Ensemble: fesch, munter, heiter und bunt.
Der Salon hat zwei Erker: einen für grössere
Geselligkeit und einen zum vertraulichen
»Plauschen«. Die Wand - Bespannung der
Erker entspricht den Polster-Stoffen ihrer
Möbel, während der Haupt-Raum eine
citronengelbe Wand - Bespannung zeigt bei
weisslackierten, altrot gepolsterten Möbeln.
Ganz besonders hübsch wirkt die Kamin-
Partie. Im übrigen leidet der Raum etwas
unter dem Allzuviel an oft recht verdächtigen
Nippes-Figürchen und süsslichen Bildchen,
ein Umstand, der z. B. das anschliessende
Herren-Zimmer von Jakob & Josef Kohn,
das übrigens auch hinsichtlich der Möb-
lierung etwas zu voll gestellt ist, empfind-
lichen Nerven ungeniessbar machen könnte.
Mussten es denn gerade diese Bilder,
diese Statuetten, diese Vasen sein? — Und
die rot lackierten Möbel der Firma Kohn
sind an sich so elegant und zeigen eine so
virtuose Behandlung der gebogenen Hölzer,
dass sie solchen kleinlichen Aufputz ruhig
entbehren könnten. — Portois & Fix haben
sich davor zu hüten gewusst und so kommt
der von ihnen möblierte, vornehme Speise-
Saal zu glänzender Wirkung, trotz des sehr
reichlichen, aber doch wenigstens gewählten
Tafel - Schmuckes der Benndorf er Metall-
waren- Fabrik. — Von den Gemächern des
Ober-Geschosses verdient das von Baron

Franz von Krauss eingerichtete Schlaf-Zimmer
aus der Fabrik von Wilh. FehlingerBeachtung.
In Ergänzung zu unseren Abbildungen auf
Seite 84 und 85 bemerken wir, dass die
Möbel ganz hell poliert, die Vorhänge und
Bezüge hellblau sind; der Teppich, grün
mit weissen Blüten, ist von Ginzkey. Auch
die Firma F. Schönthaler & Söhne hat hier
ein nettes Schlaf-Zimmer vorgeführt. Auch
hier finden wir wieder wenig geschmackvolle,
süssliche Bildchen, z. B. die eingelassenen
Gemälde in den Möbeln. Es ist schade,
dass so manches treffliche Stück durch diese
unangebrachten Zuthaten beeinträchtigt wird.

Was den anderen Pavillon, die Bazar-
Ausstellung der Österreichischen Sektion,
anlangt, so ist hier der Gesamt - Eindruck
leider nicht so günstig. Zu erwähnen sind
hier von besseren Einzel - Gegenständen
noch die Gläser von E. Bakalowits, Por-
zellan von J. Bock, nach Entwürfen von
Frl. J. Sicka u. a., die von R. Hummel ent-
worfenen und von S. Deutsch—Bruna aus-
geführten Herrenzimmer-Möbel, die von
demselben Künstler und J. Pfeiffer gezeich-
neten Heiz-Körper der Firma L. Hardt-
muth & Co., die Teppiche von Philipp Haas
&" Sohn, die Kollektionen des K. und K.
österreichischen Museums für Kunst und
Industrieund zahlreicher Provinzial-Anstalten,
die Esszimmer-Möbel von J. Wrytrlik und
die skulpturalen Arbeiten von Zelezny und
Gurschner. Es mag hier auch sonst noch
manches hübsche Stück seinen Platz ge-
funden haben; allein es ist ganz unmöglich,
dass man in diesem Kunterbunt einen reinen,
frischen Eindruck gewinnen kann. Hier hätte
entschieden sorgfältiger gesichtet werden
müssen. Durch das Allzuviel hat man diesen
Teil der Österreichischen Sektion um seine
Wirkung gebracht. Das darf uns freilich
nicht verhindern, das Gute und den im
ganzen entschieden vorteilhaften und ele-
ganten Eindruck anzuerkennen, welchen das
österreichische, insbesondere das fortschritt-
liche Wiener Kunstgewerbe auch in Turin
hervorzurufen verstand, vorzugsweise in der
geschmackvollen Errichtung der kleinen Villa.
Im übrigen mögen hier die Abbildungen
für sich sprechen. — Die Schrifti.ettung.
 
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