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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 41.1917-1918

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Strnad, Oskar: Einiges Theoretische zur Raumgestaltung
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https://doi.org/10.11588/diglit.8537#0081

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Einiges TJieoretische zur Raumgestaltung.

ruhige und starke Raumwirkung erhalte ich
unter allen Umständen, wenn ich den Fußboden
und die Decke ablesen kann. Wenn ich mit
anderen Worten alle Begrenzungslinien des Fuß-
bodens übersehe, und wenn diese mit den Be-
grenzungslinien der Decke übereinstimmen.
Damit ist der Raumeindruck unten und oben
festgelegt. Die Wand nimmt dann, wie in dem
"of mit den Töpfen, nicht Teil an der Raum-
arbeit. Die Wand wird ruhig. Eine Wirkung,
die für Wohnräume jedenfalls erstrebenswert ist.

Aber es müssen an der Wand Türen und Fen-
ster angebracht werden. Die Tiefe, mit welcher
Fenster oder Türe in die Mauer einspringen,
wird ein Maßstab für die ganze Raumbewegung.
Es müßten alle weiteren Bildungen sich diesem
Maßstab anpassen, um einheitliche Raumwir-
kung zu erhalten. Das ist oft sehr schwer und
nur selten durchgeführt worden. Ich erinnere
an Tiroler Zimmer. In unseren Wohnungen wird
oft aus wirtschaftlichen Gründen darauf Rück-
sicht genommen (bei unseren Zinshäusern, da

freilich, da darf überhaupt nicht von Raum ge-
sprochen werden; denn die alle, welche das
Recht haben, Häuser zu bauen, die haben da-
für überhaupt kein Organ). Man hilft sich und
schaltet diesen Raumwert aus, indem man ihn
„verhängt", man hängt Stoff darüber. Stoff
kann nicht raumbildend sein, das liegt im Wesen
des Stoffes. Bei der Türe kann man sich helfen,
wenn man sie wie ein Bild an der Wand be-
handelt, d. h. rahmt. Freilich darf der Rahmen
dann keinen Raumwert bedeuten, und muß so
behandelt werden, wie die Gelenke. Etwas,
was bei uns nie gemacht wird. Noch die Empire-
zeit, sogar die Biedermeierzeit hatte Sinn dafür.

Eine wesentliche Notwendigkeit des woh-
ligen Wohnraumes ist das Sich-Bewegen. Das
Verändern des Standpunktes zum Gegenstand
(übrigens der Inhalt alles Raumbewußtseins)
gibt ein fortwährendes Ändern der Bilder, die
wir von den Gegenständen erhalten, die im
Zimmer sind. Bald ist der Sessel vor dem Kasten
sichtbar, bald vor der Türe, dann vor dem Fen-
 
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