Einiges Theoretische zur Raumgestaltung.
ster. Ruhe ist da nur zu erhalten, wenn ich
immer die klaren Begrenzungslinien des Fuß-
bodens sehe. Es müssen also alle Dinge auf
Füßen stehen oder der Raum ist so groß, daß
eine Unklarheit durch Verschneidungen nicht
eintreten kann. Wenn ein Möbel im Zimmer
steht, das mir nicht möglich macht, bis an den
Fußboden zu sehen, so müssen alle anderen
ins Zimmer gestellten Dinge so stehen, daß nie-
mals eine Verschneidung der Bildeindrücke ge-
schehen kann. Aber dieses Möbel dürfte nie-
mals so hoch sein, daß ich nicht ruhig darüber
hinwegsehen könnte, denn sonst bildet es mit
ler Wand eine Einheit. Es steht dann nicht
mehr auf dem Fußboden auf, sondern ist etwas
anderes geworden. Es beginnt als Raumwert
der Wand, nicht mehr des Fußbodens zu spre-
chen, gibt einen neuen Maßstab, der sonst nir-
gends im Zimmer ist, und hat damit die Einheit
zerrissen. Ein derartiges wäre nur denkbar,
wenn es bis zur Decke reicht, denn dann wird
eine Raumeinheit des ganzen Raumes für sich
gebildet, in welchem die übrigen Dinge so stehen
wie früher, wie die Bäume auf der Wiese. Ich
sehe die Füße der Sessel, der Tische, der Kästen
und schätze an ihnen die Raumtiefe. Bei Räumen,
die nicht Wohnräume sind, ist die einheitliche
Wirkung im allgemeinen leichter zu erreichen.
Eingestellte Pfeiler oder Säulen mit verbinden-
dem Gebälk und Gurten, die die Bewegung des
Auges vorwärts leiten, bilden die Anregung
zur Raumvorstellung. Die Größe des Raum-
maßstabes gibt den Grundton. Das Fassen der
Gelenke gibt den Charakter. Solche Räume sind
oft verschiedenen Beleuchtungs-Verhältnissen
ausgesetzt. Da kann es denn vorkommen, daß
durch das geänderte Licht die Raumwirkung
sich verschlechtert. Dann muß die Farbe helfen.
Alles, was bei normaler Beleuchtung im Schatten
liegt, muß so gefärbt werden, daß es Ruhe gibt,
blau oder schwarz. Alles, was im normalen
Lichte hell ist, muß gold oder gelb getönt sein.
' Je mehr Möglichkeiten beim Sich-Beweger
eine derartige Anlage gibt, Verschneidungen und
Verschiebungen zu sehen, eine umso reichere
Raumbildung ist zu erwarten. Die Einheit dieser
Verschiebungsbewegung gibt die Größe.
Für den Raumkünstler sind die Erfahrungen
aller dieser Dinge der Ausgangspunkt seiner
Tätigkeit. Er arbeitet zwar unbewußt und in-
stinktiv. Für ihn ist die Kenntnis der Wirkungs-
werte das, was man „Tradition" nennt. Der
Laie sieht freilich nur das Gegenständliche,
unterliegt aber unbewußt der Wirkung, —
PROFESSOR OSKAR STRNAD—WIEN. »ZIERSCHRANKCHEN IM DAMENSCHLAFZIMMER«
ster. Ruhe ist da nur zu erhalten, wenn ich
immer die klaren Begrenzungslinien des Fuß-
bodens sehe. Es müssen also alle Dinge auf
Füßen stehen oder der Raum ist so groß, daß
eine Unklarheit durch Verschneidungen nicht
eintreten kann. Wenn ein Möbel im Zimmer
steht, das mir nicht möglich macht, bis an den
Fußboden zu sehen, so müssen alle anderen
ins Zimmer gestellten Dinge so stehen, daß nie-
mals eine Verschneidung der Bildeindrücke ge-
schehen kann. Aber dieses Möbel dürfte nie-
mals so hoch sein, daß ich nicht ruhig darüber
hinwegsehen könnte, denn sonst bildet es mit
ler Wand eine Einheit. Es steht dann nicht
mehr auf dem Fußboden auf, sondern ist etwas
anderes geworden. Es beginnt als Raumwert
der Wand, nicht mehr des Fußbodens zu spre-
chen, gibt einen neuen Maßstab, der sonst nir-
gends im Zimmer ist, und hat damit die Einheit
zerrissen. Ein derartiges wäre nur denkbar,
wenn es bis zur Decke reicht, denn dann wird
eine Raumeinheit des ganzen Raumes für sich
gebildet, in welchem die übrigen Dinge so stehen
wie früher, wie die Bäume auf der Wiese. Ich
sehe die Füße der Sessel, der Tische, der Kästen
und schätze an ihnen die Raumtiefe. Bei Räumen,
die nicht Wohnräume sind, ist die einheitliche
Wirkung im allgemeinen leichter zu erreichen.
Eingestellte Pfeiler oder Säulen mit verbinden-
dem Gebälk und Gurten, die die Bewegung des
Auges vorwärts leiten, bilden die Anregung
zur Raumvorstellung. Die Größe des Raum-
maßstabes gibt den Grundton. Das Fassen der
Gelenke gibt den Charakter. Solche Räume sind
oft verschiedenen Beleuchtungs-Verhältnissen
ausgesetzt. Da kann es denn vorkommen, daß
durch das geänderte Licht die Raumwirkung
sich verschlechtert. Dann muß die Farbe helfen.
Alles, was bei normaler Beleuchtung im Schatten
liegt, muß so gefärbt werden, daß es Ruhe gibt,
blau oder schwarz. Alles, was im normalen
Lichte hell ist, muß gold oder gelb getönt sein.
' Je mehr Möglichkeiten beim Sich-Beweger
eine derartige Anlage gibt, Verschneidungen und
Verschiebungen zu sehen, eine umso reichere
Raumbildung ist zu erwarten. Die Einheit dieser
Verschiebungsbewegung gibt die Größe.
Für den Raumkünstler sind die Erfahrungen
aller dieser Dinge der Ausgangspunkt seiner
Tätigkeit. Er arbeitet zwar unbewußt und in-
stinktiv. Für ihn ist die Kenntnis der Wirkungs-
werte das, was man „Tradition" nennt. Der
Laie sieht freilich nur das Gegenständliche,
unterliegt aber unbewußt der Wirkung, —
PROFESSOR OSKAR STRNAD—WIEN. »ZIERSCHRANKCHEN IM DAMENSCHLAFZIMMER«