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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 41.1917-1918

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Zündorff, Margarete: Künstlerischer Christbaumschmuck
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https://doi.org/10.11588/diglit.8537#0177

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ARCHITEKT DAGOBERT PECHE—WIEN.

>CHRISTBAUM-SCHMUCK« WIENER WERKST.

KÜNSTLERISCHER CHRISTBAUMSCHMUCK.

Sind diese beiden Begriffe nicht ein wenig
schwer vereinbar? Ja, und nein. Gedenkt
man des Weihnachtsbaums der letzten Jahr-
zehnte, dann: gewiß nicht, aber wenn Erinne-
rung die innige Christfreude früher Jugendtage
heraufbeschwört, bestrahlt vom dunkelgrünen,
krausen Lichterbaum, an dessen entzückenden
Nichtigkeiten sich Feuerbrände der Phantasie
entzündeten, die weiterglimmend flimmernd
und lockend alle dürren Tage des Herzens er-
wärmten und in sehnsuchtsvollen Träumen er-
strahlten, bis zur seligen Wiederkehr der näch-
sten Winterwende.

Das waren Weihnachtsbäume ! Ihnen glaubte
man, daß sie aus einem Wunderlande des Him-
mels stammten, der an ihren Zweigen reifen
ließ, was nie der Alltag schaute, aber auch,
verklärt sozusagen, über seine Gewöhnlichkeit
hinausgehoben, Manches, dessen Unvollkom-
menheit dem nicht sehr wirklichkeitstapfern
Kinderherzen geliebten Genuß verkümmerte.
Was alles trug doch solch ein ungestutzter,
harzduftender Baum im wirren Geäst! Eine
kleine, silberne Sänfte, in der ein winziges ge-
putztes Dämchen saß, phantastische Landschaf-

ten, Schlitten mit schellenklingelnden Pferden
und einem Kutscher, dessen Nase auch die
gütigste Unschuld ansehn mußte, wie jämmer-
lich eine Reise vom Himmel zur Erde frieren
macht. Dann ein kleines Hühnerhaus, aus dem
drei dottergelbe Küchlein blinzelten, echtge-
fiederte, sehr, sehr bunte Zwergvögel aus dem
Märchenwald, auf schwankem Reif, Körbchen
aus denen auf Goldspiralen niegesehne farben-
prächtige Blumenzitterten, Häuschen aus Hauch-
papier, die im Kerzenglanz strahlten als wären
sie aus Edelstein, goldne und silberne Wunder-
tüten mit Näschereien und des Nachtwächters
Spieß, Horn und Laterne. Viele dieser Herr-
lichkeiten waren aus Rauschgold, aus undefi-
nierbaren Stoffen oder aus Papier, manche, wie
Landschaft, Schlitten und Sänfte hatten nur eine
Schauseite. Unter schimmernden Sternen, über-
glänzt und in ihrer Schönheit nicht wenig ge-
hoben vom Glänze bunter Lichter, schaukelten
Kavaliere, Damen, süße Puppen neben dem
Schäfer und der Schäferin im Blumenhut und
ihrer Herde aus Tragant. Und das alles war so
wahr und dennoch nie dagewesen, so traum-
wirklich und erregend. Die runden, roten
 
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