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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 41.1917-1918

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Servaes, Franz: Ausstellung der Berliner Sezession
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https://doi.org/10.11588/diglit.8537#0255

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ERNST OPPLER—BERLIN.

»EISLAUF IM TIERGARTEN<

AUSSTELLUNG DER BERLINER SEZESSION.

VON FRANZ SERVAES.

Die alte Berliner Stammsezession hat es unter
Lovis Corinths Führung mit Erfolg verstan-
denem Erdreich der begabtesten Berliner Künst-
lerjugend Wurzel zu schlagen, und hierdurch
ihre Stellung wirksam befestigt. Sie stellt jetzt
eine Vereinigung dar, in der die älteren und
die jüngeren Talente, durch allerhand Alters-
stufen überbrückt, einträchtig zusammenwirken
und die lebendige Fortentwickelung in der
deutschen Kunstbewegung, nicht ohne den Reiz
aufeinanderwirkender Gegensätze, illustrieren.
Ihre jetzige Herbstausstellung spiegelt diese
künstlerische Lage mit besonderer Prägnanz
wieder und verdient darum bei den Beobachtern
unserer künstlerischen Wachstumsvorgänge, zu-
mal soweit sie die nördlichen Kunstzentrale um-
fassen, aufmerksame Beachtung.

Gewiß, die Front ist nicht einheitlich. Aber
wer möchte dies im prinzipiellen Sinne verlan-
gen? Eine Vereinigung von Künstlern ist kein
geschlossener taktischer Heereskörper und wird

von der unabweisbaren Verpflichtung getragen,
den verschiedenartigsten Individualitäten mög-
lichst ungehemmten Spielraum zu lassen. Der
gemeinsame Wille, der sie eint, besteht nirgends
in einem Dogma, sondern lediglich im leben-
digen Pulsschlag — im Pulsschlag zur Güte der
Leistung und zum unablässigen Vorwärts-
schreiten. Dieses mehr vor- als rückschauende
Trachten ist allen gemeinsam und rechtfertigt
die hervorstechende Rolle, die im Kreise solcher
Gemeinschaft der Jugend zufällt. Natürlich liegt
hier in gewissem Sinne auch ihre Gefahr. So
schön es ist, wenn die Älteren das Bestreben
zeigen, sich immer wieder zu verjüngen und
durch die ständige Berührung mit den Talenten
des Nachwuchses eine erhöhte Frische in sich
aufzuspeichern, so leicht kann doch auch die
Jugend zu einem gewissen Übermut verführt
werden, kann gegen die ihr anhaftenden Ge-
brechen sich verhärten, wohl gar in einseitige
Schrullen sich verlieben und so dazu gelangen,

XXI. Jan.-Febr. 1918 1
 
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