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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 41.1917-1918

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Prellwitz, K.: Sehen lernen
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https://doi.org/10.11588/diglit.8537#0328

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Sehen lernen.

entwurf und aus-
führung:
k. k. fachschule in
haida.

»vase und pokal«
silbergelb über-
fangen, geschält
und geschliffen.

schon richtig, daß das Kunst-
werk, je stärker es ist, um
so weiter auch dem unvor-
gebildeten Beschauer ent-
gegenkommt, aber doch nur
bis zu einem gewissen Grade.
Endlich ist doch der Punkt
erreicht, wo der Kontakt
aufhört. Was an Feinheit,
an psychischer und physi-
scher Ergebenheit jenseits
dieser Stelle gelegen ist,
bleibt verschlossen und es
ist zumeist der beste Teil an
einem Kunstwerk, der so
außerhalb des selbstver-
ständlich Erreichbaren sich
befindet. Um zu ihm zu ge-
langen, muß man selbst sich
bemühen, muß ein Entgegen-
kommen auf das Kunstwerk
zu stattfinden. Man muß,
das Wort im weitesten Sinne
gefaßt, sich mühen zu
sehen. — Man darf wohl^
sagen, daß die Mehrzahl
unserer künstlerisch Gebil-ij
deten vor einer Leinwand vase silbergelb, geschält u. geschliffen.

gar nicht ein Bild, sondern
zuerst einmal Literatur sieht.
Man sieht, nicht was der
Maler gemalt hat, sondern
was über Malerei und be-
sonders über diese Art Ma-
lerei geschrieben worden
ist. Ein ganzer Pack Druck-
zeilen , den man im Kopf
mit sich schleppt, blendet
das Auge. Da hat es die,
dort jene Meinung gege-
ben und im Geist beginnt ei-
ne Auseinandersetzung, die
wohl als äußersten Aus-
gangspunkt das Kunstwerk
haben mag, die im Grunde
aber Auseinandersetzung
über Gelesenes und Gedank-
liches ist. Das Literarische,
das seinen inneren Sinn doch
darin hat, daß es Wegleite
ist zum Werk des Schaffen-
den , drängt sich wie ein
Nebelschwaden zwischen
Objekt und Betrachter. Ver-
mutlich nicht einmal, weil
das, was geschrieben ist,
 
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