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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 41.1917-1918

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Beringer, Joseph August: Edmund Steppes, München
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https://doi.org/10.11588/diglit.8537#0354

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Edmund Steppes—München.

idealisten (Thoma, Lugo, Haider, Welti) einzu-
gliedern. Mag er immerhin etwas Gemeinsames
mit diesen Meistern haben, so ist es gewiß nur
ihre innere Erkennungsmarke: Das Deutsche
unddasZeitnahe. Steppes wurzelt weiter zurück.
In seinen Schriften stößt man auf die Namen
van Eyck, Rogier, Dürer und am häufigsten auf
den Erzvater malerischer deutscher Kunst: auf
Grünewald, in dessen Werk Verzücktheit im
Schauen und Beherrschtheit im Gestalten zu
vollkommenstem Wohlklang ineinanderfließen
und der das Märchenhafteste glaubhaft macht.

Steppes beherrscht die Ausdrucksmöglich-
keiten als ein Zeitgenosse mit der empfindsamen
Leidenschaft einer Vollnatur, die nichts Halbes
lebt, duldet und kennt. Linie und Farbe, Form
und Empfindung verschmelzen in der Leiden-
schaft seines Schauens und Gestaltens zur Ein-
heit. Kernhaft und voll Eigenart stehen seine

Bäume und Wälder, ragen seine Felsen und
Berge, dehnen sich seine samtigen Wiesen und
spiegelnden Seen, blühen seine Täler undHänge
in den von ätherischen Lüften erfüllten Räumen.
Ihr farbiger Wohllaut klingt wie ein vielstimmiger
Jubelruf zum Himmel empor, der, wie derMantel
ewiger Majestät, mit dem flockigen Hermelin
silberner Wolken bestickt ist. Jede Blume, jeder
Baum, jeder Bergzug eine Welt voll eigensten
Lebens. Eine religiöse Inbrunst, die den Welt-
harmonien mit farbigen Klängen auf der Bild-
tafel Laut und Form gibt, lebt in Steppes'
Werk. Man könnte jede seiner landschaftlichen
Tafeln als eine Andachtsstunde vor dem Gött-
lichen in der Natur bezeichnen. Wie Eichen-
dorffs Lieder mit C. M. von Webers Waldhorn-
klängen tönen aus den lauschigen Talgründen
in Farben empor: Heitere Lyrik und düstere
Ballade zu herber Poesie in eins verschmolzen.
 
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