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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 41.1917-1918

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Schulze-Elberfeld, Otto: Scherenschnitte Walter Kampmanns
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https://doi.org/10.11588/diglit.8537#0365

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WALTER KAMPMANN--ELBERFELD. SCHERENSCHNITT »STURMANGRIFF«

SCHERENSCHNITTE WALTER KAMPMANNS.

Schattenriß und Scherenschnitt sind im ver-
flossenen Jahrzehnt zu ganz ungewöhnlicher
Bedeutung gelangt. An sich einfache und be-
scheidene Techniken und Arbeitsmittel begün-
stigten diese uralten Ausdrucksfähigkeiten der
Kunst wesentlich, sodaß nicht nur hervor-
ragende Künstler, namentlich Graphiker, son-
dern auch kunstbeflissene Laien sich ihrer für
ihre Absichten in besonderen Fällen bedienten.
Die Schwarzweißkunst hatte von jeher einen
bestechenden Reiz; ihre wohltuende Gegensatz-
wirkung hat etwas Beruhigendes und Großes-,
ja der Schatten an sich schon infolge der bei
ihm möglichen Steigerung ins Riesenhafte streift
das Übernatürliche. Unsere Zeit hat demgemäß
Schattenriß und Scherenschnitt besonders be-
günstigt, sie sind leicht verständliche und er-
schöpfende Vermittler der Vorgänge, Wallungen
und Stimmungen. Auch Walter Kampmann,
der bisher als Kunstgewerbler, Maler und
Zeichner mehr der kaufmännischen Werbekunst
diente, hat eine Reihe starkwirkender und
künstlerisch wie inhaltlich bedeutungsvoller Ar-
beiten darin geschaffen, denen auch, selbst
wenn fremder künstlerischer Einfluß anregend

und befruchtend gewirkt haben sollte, persön-
licher Eigenwille und ein reiches Empfindungs-
leben in engster Fühlung mit den Zeitereig-
nissen zuerkannt werden muß. Rein technisch
scheinen sie mir aber ganz besonders beach-
tenswert, weil der Scherenschnitt hier auf sein
eigentliches Maß der Knappheit, Geradheit und
der ungekünstelten Linie zurückgeführt worden
ist. Scharf und schnittig ist daher die Formen-
gebung einheitlich durchgeführt; knapp, klar
und scharf treten die Inhalte der Scherenschnitte
in Erscheinung, die auf den Beschauer wiederum
dadurch so stark wirken, weil scheinbar die
Zickzacke aus der Scherenführung heraus die
Scherenschnitte in lebendiger Schattenbeweg-
lichkeit erhalten. Und doch ist in diesen bild-
reichen Scherenschnitten Technik bei weitem
nicht die Hauptsache; Kampmann hat in ihnen
Richtung und Bekenntnis bekundet, die ihn in
das Lager der nach dem „Neuen Stil" Suchen-
den stellen. Er verdient auch in dieser Be-
ziehung weiteste Beachtung, weil er gerade in
der Bindung an Werkzeug und Werkstoff sich
eine fühlbare weise Beschränkung in der Wahl
des überhaupt noch Darstellbaren auferlegt.

XXI. März 1918. 3
 
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