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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 41.1917-1918

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Habich, Georg: Neue Münchener Medaillen
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https://doi.org/10.11588/diglit.8537#0396

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Neue Münchener Medaillen.

lung bot, hat der vielgewandte Künstler unter
bewußter Abkehr von der verkünstelten fran-
zösischen Manier alle die Wege beschritten, auf
denen die alten deutschen und italienischen
Meister der Medaille zum Ziel gelangten und
die sich von den modernen Praktiken sämtlich
dadurch unterscheiden, daß sie unmittelbar aufs
Ziel losgehen. Wie Dürers Zeitgenossen hat
Dasio kleine Modelle in Kelheimer Stein und in
Buchs geschnitten, aber wie beim Eisenschnitt
mußte der Künstler schmerzlich die alte Werk-
stattüberlieferung vermissen, die jene Allen be-
sassen und ohne die ein so sprödes Material,
zumal in dem ungewohnten kleinen Maßstab,
nicht zu meistern war.

Glücklicher war Dasio mit einem anderen Ver-
fahren, das sich ihm aus der Anschauung der
großen italienischen Quattrocento-Medaillen er-
gab, dem Tiefschnitt. Eine nähere Betrachtung
der bedeutendsten Arbeiten eines Antonio
Pisano und seiner Zeitgenossen lehrt, daß diese
Meisterwerke nicht, wie vielfach angenommen
wird, in pastoser Masse hochmodelliert, sondern
im wesentlichen vertieft geschnitten sind und
zwar in einer harten Masse, Gips, Schiefer und
dergleichen. Ebenso verzichtet Dasio,der neben-
bei bemerkt, von Haus ausMaler ist wie Pisanello,
auf das landläufige Wachsmodell, das vermit-
telst Maschine verkleinert zu werden pflegt. Er
schneidet vielmehr unmittelbar sein Relief in die
Tiefe und zwar sogleich in der beabsichtigten

Größe. Welche Vorteile dieses Verfahren dem
Betrieb mit derReduktionsmaschinevoraus hat,
liegt auf der Hand. Es ist mit einem Wort un-
mittelbar und darum künstlerischer als jenes.
Die Relief Wirkung stellt sich hier von selbst ein;
nicht nur daß die Schlichtung der Flächen, die
Verteilung im Raum, die Proportionen sich aus
der Arbeit in der Fläche ergeben, auch die Einzel-
form, die Modellierung ist durch den Arbeits-
vorgang bestimmt. Durch keine Reduktion ver-
schleiert und verkümmert, bewahrt die Form
ihre handschriftliche Frische. Alles für die Bild-
wirkung im kleinen Raum Wichtige, die springen-
den Punkte des Aufbaus werden deutlich be-
tont. Auch dem Außenstehenden leuchtet ohne
weiteres ein, wieviel natürlicher es ist, etwa eine
Schrift vertieft mit dem Stichel in die Matrize
einzutragen als sie in pastoser Masseim positiven
Modell aufzuhöhen. Und so steht es mit der
Form im Relief überhaupt. DerTiefschnitt führt
naturgemäß zu einer breiten summarischen An-
lage, aber auch das Detail, kostümliche Einzel-
heilen, Stoffmuster, Haare, Ornamentales und
Schmückendes kommen ebenso exakt wie reiz-
voll zur Erscheinung. Selbst landschaftliche
Motive — das Beispiel Pisanos zeigt es — be-
halten plastischen Charakter. Die ganze Formen-
sprache steht in vollem Gegensatz zu dem
malerischen Schwindel des französischen Ma-
schinenerzeugnisses, das freilich durchtriebener,
als wir Deutschen es verstehen, die Not zur
 
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