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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 60.1927

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Rösel, Gottfried: Primo Conti, Florenz
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https://doi.org/10.11588/diglit.9255#0089

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F R I MO
CONTI
»MARIA
WEINEND«

PRIMO CONTI-FLORENZ

Unter den Meistern des italienischen „Nove-
cento", die sich im Anfang dieses Jahres
in Mailand zu einer geräuschvollen Ausstellung
vereinigten, fehlte einer, der nicht nur zu den
bedeutendsten modernen italienischen Malern
gehört, sondern auch unter seinen durchweg
älteren Kollegen am meisten Anspruch auf den
Titel eines „Novecentista" machen kann, schon
weil er erst am Anfang dieses Jahrhunderts das
Licht der Welt erblickte.

Primo Conti wurde im Jahre 1900 in Florenz
geboren und hat sich, nach längerem Schwan-
ken zwischen Musik und Literatur, autodidak-
tisch zur Malerei herangebildet. Mit dreizehn
Jahren nahm er zum ersten Male an einer Aus-
stellung teil, folgte seit 1917 einige Jahre lang
dem Heerbann der Futuristen und Nachfutu-
risten und übte sich in der seinen Jahren ja auch
wirklich entsprechenden ironisch-diskompositio-
nellen Anschauungsweise gegenüber der lächer-
lich scheinenden Vorkriegswelt. Seine Arbeiten

aus dieser Zeit zeugen jedoch schon von einem
mit unerbittlicher Energie sich durchsetzenden
Instinkt, alles das auszudrücken, was sein Inne-
res bewegt, sowie von einer unverhehlten Vor-
liebe für die reiche Schönheit der Farbe, die
dem Siebzehnjährigen bei der Soldatenausstel-
lung in Florenz die silberne Medaille einbrachte.

Als nach dem Kriege bei allen jungen Künst-
lern die Reflexion einsetzte und das Erlebte
von der Wirklichkeit zur Wahrheit erhob, da
brauchte der junge Florentiner nur die zu eng
gewordene Rüstung des Futurismus Stück für
Stück abzulegen, um in sich selbst den Weg zu
einem ganz persönlichen und darum auch ganz
anders befriedigenden Stil zu finden. Die „Ar-
chitektonischen Formen" von 1920, die sich in
der Falkschen Sammlung in Berlin befinden,
zeigen noch ein Übergangsstadium, aber schon
1922 ist in den „Tänzerinnen" und „Nach dem
Bade" ein sicherer Boden erreicht, auf dem der
rapide Aufstieg von „Jesus und die Schriflge-

XXX. Mai 1927. 2
 
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