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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 60.1927

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Michel, Wilhelm: Vom Festraum
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https://doi.org/10.11588/diglit.9255#0132

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Vom Festraum

AUSFÜHRUNG : BILDHAUER LOW—WIEN

»KAMINGITTER IM ARBEITS-ZIMMERt

Darum muß der Festraum am meisten Wissen
vom Menschen haben, er muß die innigste und
wirksamste Beziehung zu ihm besitzen. Der
Festraum muß das ideale Negativ des gan-
zen Menschen sein; wohlgemerkt: des ganzen
Menschen. Er muß die Ordnung und die Ent-
fesselung enthalten, die Bindung und die Frei-
heit, die männliche Struktur und die weibliche
Zier und Verlockung. Die menschliche Psycho-
logie, aber auch die menschliche Physis muß
ihm tief innen bekannt sein. Der Grundriß muß
wissen, welche Abmessungen, welche Engen,
Weiten, Führungen dem Menschen lieb sind;

der Aufriß muß wissen, wie der Mensch in
seiner Beziehung zu Höhen und Gliederungen
am besten zur Geltung kommt. Nur eine men-
schen-freundliche Baukunst, die eine innere Be-
ziehung zur Geselligkeit besitzt, vermag einen
echten Festraum zu erschaffen.

Wir stehen hier an der Stelle, wo wir be-
greifen, warum von einem gewissen Zeitpunkt
ab die Fähigkeit, Festräume zu schaffen, unter
uns erlahmt, beinahe geschwunden ist. Ver-
gleicht man im Kurhaus von Baden-Baden den
großen älteren Festsaal in Rot und Gold mit
den vorgelagerten Räumen, die schon den Geist
 
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