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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 60.1927

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Habicht, Victor Curt: James Ensor: Erste deutsche Gesamtausstellung in der Kestner-Gesellschaft-Hannover
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https://doi.org/10.11588/diglit.9255#0161

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JAMES ENSOR

ERSTE DEUTSCHE GESAMTAUSSTELLUNG IN DER KESTNER-GESELLSCHAFT—HANNOVER

Das sichere Kunstverständnis eines Hannove-
raners, Herbert v. Garvens-Garvensburg's,
hat einen schönen Anteil an dem in unseren Ta-
gen groß gewordenen Ruhm Ensor's. 1910 ent-
deckte Garvens Ensor für sich, begann sofort
seine Werke zu sammeln, veröffentUchte 1913
(bei L. Ey, Hannover) die erste deutsche Bio-
graphie des Meisters, veranlaßte im gleichen
Jahre eine Ausstellung im Kestner - Museum,
Hannover und zeigte in der neu gegründeten
Galerie von Garvens anläßlich der ersten Aus-
stellung derselben (Oktober 1920) vor allem
die Arbeiten des großen belgischen Künstlers.
Es ist daher mehr ein Akt der Tradition, als spon-
taner Initiative, wenn die Kestner-Gesellschaft
unter dem Protektorate des belgischen Ge-
sandten und der societe de l'art contemporain
(Anvers) die erste deutsche Gesamtausstellung
der Werke des Meisters zusammengebracht hat.

Als ich 1913 die Ausstellung des Kestner-
Museums mit zu arrangieren hatte, trat mir
mit dem Werk Ensor's ein seither unbekannter

Meister entgegen, der mich sofort außerordent-
lich fesselte und über dessen höchst eigenar-
tiges Schaffen ich mir in einem Aufsatz des
Hannoverschen Kuriers (vom 16. Mai 1913)
erstmalig Rechenschaft zu geben suchte.

Inzwischen ist der Meister eine Berühmt-
heit geworden — und damit Stoff mehr oder
minder belangvoller, schon recht zahlreicher,
Behandlungen seines Wollens und Strebens.
Ohne Frage stehen wir Erscheinungen wie
Ensor heute dank des Expressionismus und
dank einer vorurteilsloseren, mit durch ihn
veranlaßten und geschärften Kunstbetrach-
tungsweise unendlich gerüsteter und objektiver
gegenüber, als es bei einem durch eine einsei-
tige ästhetische Norm gebundenen Verhalten
möglich war. Wenn ich selbst schon 1913 weit-
offen und voller Sympathie diesem Werk ge-
genüberstand, so ist das nicht als ein persön-
liches Verdienst, wohl aber als ein solches der
Gesamtwendung der neueren Kunstgeschichte
zu buchen und sehr gelassen anzumerken, da

XXX, Juni 19JT. 2
 
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