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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 60.1927

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Schrimpf, Georg: Théophile Robert
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https://doi.org/10.11588/diglit.9255#0288

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Theophile Robert

Das also war es, was wir neu gesehen und ge-
lernt hatten, als die sogenannte kubistische Rich-
tung in die Erscheinung trat. Ihre ersten Werke
stammen aus den Jahren 1908 und 1909; sie
stehen fast alle unter dem Zeichen Cezannes.
Anfangs beschäftigten sich die Kubisten nur
mit reiner Malerei und Konstruktion. Später
empfanden sie das Bedürfnis, ihr Vorgehen zu
erklären und zu rechtfertigen, und so erlagen
sie der Versuchung, mysteriöse Theorien auf-
zustellen und diese Theorien mit Werken zu
illustrieren, die natürlich den Stempel eines
(heute längst überwundenen) Intellektualismus
an sich tragen. Erst um 1913 erschienen die
ersten durchgebildeten und für die Richtung
maßgebenden Werke. Der Kubismus hatte seine
Ausdrucksmittel gefunden und entwickelte sich
in strenger Folgerichtigkeit; einige seiner Schöp-
fungen sind von bemerkenswerter Schönheit
und Formkraft. Um 1919 galten die Kubisten
bei Vielen, denen am Fortschreiten der Kunst
gelegen war, als die Vorläufer einer neuen
Renaissance. Das Wort „Klassizismus" war in
aller Munde. Ingres, Corot, selbst David waren
mehr als je unter den fortschrittlichen Künst-
lern das Tagesgespräch. Man verliebte sich mit

jugendlicher Leidenschaft in die griechische
Kunst. Man erörterte mathematische und geo-
metrische Dinge, die Gesetze der Beziehungen
und Verhältnisse und ihre Anwendung auf die
Malerei. Es hatte den Anschein, als stünde man
am Vorabend einer neuen klassischen Kunst.

Aber dann, als gerade die kubistischen Ge-
mälde ihre höchsten Preise erzielten, fiel diese
schöne Begeisterung wieder in sich zusammen.

Es ist noch zu früh und es wäre zu schwierig,
in wenigen Worten die Gründe für diesen Zu-
sammenbruch anzugeben (von dem man übrigens
hoffen darf, daß er nur eine Augenblickser-
scheinung ist). Stellen wir lediglich fest, daß
wir jene Renaissance immer noch erwarten und
daß der Kubismus trotz seiner Fähigkeiten nicht
alle seine Versprechungen hat halten können.

Für mich gilt jedenfalls, daß 25 Jahre Studium,
Arbeit, Erfahrung und Nachdenken die Ge-
danken, die ich schon in meiner Studienzeit hin-
sichtlich der Notwendigkeit hegte, wieder an
die Tradition anzuknüpfen, nicht haben ver-
drängen können. Heute mehr als je halte ich
eine solche Anknüpfung für notwendig."

Man wird den Ausführungen Theophile Ro-
berts bis hierher mit Interesse gefolgt sein, denn
 
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