AUSSTELLUNG „NEUE KUNST" DARMSTADT 1927
Seit einer Reihe von Jahren steht die aus-
stellerische Betätigung der deutschen Mittel-
städte unter erheblich veränderten Bedingungen.
Unter erschwerten Bedingungen, das ist kein
Zweifel. Wo früher der gute Wille ausreichte,
um etwas Sehenswertes zu stände zu bringen,
müssen heute besondere Anstrengungen gemacht
werden. Vor dem Kriege brauchte man den
Bildern und Plastiken sozusagen bloß zupfeifen,
und sie kamen. Mittlerweile hat sich nicht nur
die Konkurrenz der Städte verschärft — die
alle in den sommerlichen Ausstellungen wichtige
wirtschaftliche Faktoren erblicken —, sondern
auch die Konkurrenz des Kunsthandels und
der künstlerischen Ausstellerverbände hat
außerordentlich zugenommen. Das Material ist
nicht mehr ohne weiteres greifbar. Es muß ge-
sucht, es muß gewählt werden. Zu alledem
gesellt sich noch eine weitere Erschwerung. Es
genügt nicht mehr, überhaupt Material herbei-
zubringen, sondern es muß auch nachbestimmten
Gesichtspunkten organisiert werden; es muß
unter schlagkräftige Ausstellungsgedanken
gestellt werden. Die Eigenbewegung des künst-
lerischen Schaffens ist teils matter, teils unüber-
sichtlicher und konfuser geworden. Es hat an
spontaner Ordnung und Zielstrebigkeit, es hat
an lebendigem Zusammenhang und an echter
Lebensgeltung verloren. Deshalb müssen klar
und scharf umgrenzte Ausstellungsgedanken
kristallisierend eingreifen. Es muß höhere Energie
auf schmälerer Angriffsfläche eingesetzt werden,
damit eine Kunstausstellung zu einem echten
geschöpflichen Körper und zu fühlbarer Wirkung
komme. Wie die Bühnenkunst heute des form-
gebenden Regisseurs nicht mehr entraten kann,
so sind auch die Ausstellungen eine Angelegen-
heit des Fachmannes geworden, und das heißt:
geistige, persönliche und gestaltgebende
Kraft muß eingesetzt werden, um einer Aus-
stellung Gestalt und Individualität zu geben.
— Wird dies hier im Anschluß an die Darm-
XXX. August 1927. 6
Seit einer Reihe von Jahren steht die aus-
stellerische Betätigung der deutschen Mittel-
städte unter erheblich veränderten Bedingungen.
Unter erschwerten Bedingungen, das ist kein
Zweifel. Wo früher der gute Wille ausreichte,
um etwas Sehenswertes zu stände zu bringen,
müssen heute besondere Anstrengungen gemacht
werden. Vor dem Kriege brauchte man den
Bildern und Plastiken sozusagen bloß zupfeifen,
und sie kamen. Mittlerweile hat sich nicht nur
die Konkurrenz der Städte verschärft — die
alle in den sommerlichen Ausstellungen wichtige
wirtschaftliche Faktoren erblicken —, sondern
auch die Konkurrenz des Kunsthandels und
der künstlerischen Ausstellerverbände hat
außerordentlich zugenommen. Das Material ist
nicht mehr ohne weiteres greifbar. Es muß ge-
sucht, es muß gewählt werden. Zu alledem
gesellt sich noch eine weitere Erschwerung. Es
genügt nicht mehr, überhaupt Material herbei-
zubringen, sondern es muß auch nachbestimmten
Gesichtspunkten organisiert werden; es muß
unter schlagkräftige Ausstellungsgedanken
gestellt werden. Die Eigenbewegung des künst-
lerischen Schaffens ist teils matter, teils unüber-
sichtlicher und konfuser geworden. Es hat an
spontaner Ordnung und Zielstrebigkeit, es hat
an lebendigem Zusammenhang und an echter
Lebensgeltung verloren. Deshalb müssen klar
und scharf umgrenzte Ausstellungsgedanken
kristallisierend eingreifen. Es muß höhere Energie
auf schmälerer Angriffsfläche eingesetzt werden,
damit eine Kunstausstellung zu einem echten
geschöpflichen Körper und zu fühlbarer Wirkung
komme. Wie die Bühnenkunst heute des form-
gebenden Regisseurs nicht mehr entraten kann,
so sind auch die Ausstellungen eine Angelegen-
heit des Fachmannes geworden, und das heißt:
geistige, persönliche und gestaltgebende
Kraft muß eingesetzt werden, um einer Aus-
stellung Gestalt und Individualität zu geben.
— Wird dies hier im Anschluß an die Darm-
XXX. August 1927. 6