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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 60.1927

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Michel, Wilhelm: Ausstellung "Neue Kunst" Darmstadt 1927
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https://doi.org/10.11588/diglit.9255#0332

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Ausstellung »Neue Kunst«. Darmstadt ig2j

AUGUST SOEDER—DARMSTADT

»ABEND IM VOGELSISERG«

und mit einem stillen Blick, schon jenseits der
ersten Angst, dem nahenden Dunkel entgegen-
sieht. Und doch lebt in diesem Bilde ein volle-
res Kunst- und Menschengefühl als in dem
Meisten, das rings an den Wänden hängt. Aus
dem Leben, das Corinth erst jubelnd durchlärmt
und dann mit tierhaftem Ernst durchlitten hat,
scheinen die Andern nur Teile, Fragmente
herauszunehmen, Ansichten, Standpunkte, Fern-
blicke. Die sind oft voll Reiz; sie bieten Inter-
essantes, Anregendes. Aber den vollen Einsatz
eines ganzen Menschen zeigen sie neben diesem
Bilde eines alten, kranken Künstlers selten;
und das ist vielleicht weniger ein Unterschied
von Wert zu Wert, als von Epoche zu Epoche.

Von Wolf Röhricht sieht man eine Hügel-
landschaft in schönen, klaren Herbstfarben, die
im Strich wie im Farbengefühl etwas vom Tem-
perament eines Vlaminck herübergenommen
hat. Nowak erfreut durch ein Kinderstück in
der sanften, deliziösen Romantik seiner Farbe,
für die ein sozusagen gereimter Dialog zwischen
Taubenblau und pastellhaftem Zinnober bezeich-
nend scheint; auch durch eine Landschaft, die
in lauter verblaßten, gebrochenen Herbsttönen
gehalten ist, bei großem, vielleicht etwas deka-
dentem Reiz der mürbenMaterie. Eugen S pi ro s
„Südfranzösische Landschaft" nimmt mit Ge-

schick Anregungen von Utrillo auf; ein Fraucn-
bildnis zeigt dagegen ganz seine alte, bekannte
Art oberflächlicher, eleganter Routine.

In der Reihe der Aquarelle bleiben einige
enorm wohlgelaunte Humoristika von Walter
Trier und eine flotte, geistreich-ironische Park-
szene von Krauskopf haften. Im übrigen
begegnet man noch vielen bekannten Namen
(wie Jaeckel, Felixmüller, Genin, Kohlhoff,
Berendt, Waske usf.), ohne daß dabei das Stich-
wort zu besonderer Äußerung fiele.
Ü In der Münchner Neuen Secession
fehlen, wie gesagt, die glückhaften Begegnungen,
die Aufgipfelungen, selbst die Sensationen.
Brünes „Zirkusmädchen" ist vom vorigen Glas-
palast schon bekannt. Die Landschaftenfolge
von Maria Caspar-Filser zeigt die Kraft, den
Ernst, den man an dieser Künstlerin kennt,
aber auch die männisch-rauhe und zur Gestalt-
losigkeitneigende Art; verschwiegen lebt manch-
mal zwischen den eingefügten Blöcken ihres
Bildaufbaues ein Glanz, ein Klang nobelster
Töne, wie hier in dem Bild „Sestri Levante".
Eberz bleibt, wie angedeutet, flach und matt,
fast Verblasen. Dagegen erfreut ein „Akt auf
schwarzem Grund" von Hans Gött durch eine
temperamentstarke, zügige Malerei; Lichten-
bergers Interieurs, die sich in bekannten Ge-

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