ANTON FAISTAUER—"WIEN »GARDONE SOPRA«
MÜNCHENER KUNSTAUSSTELLUNG
GLASPALAST 1927
Die heurige Glaspalast-Ausstellung zeigt in-
sofern ein verändertes Gesicht, als fünf
der Haupträume in besonderer dekorativer
Weise behandelt wurden. Es sind die links an
die Haupthalle sich anschließenden Säle 2—6.
Während alle übrigen Ausstellungsräume die
einfache gelblichweiße Wand aufweisen, treten
in diesen fünf Sälen andere Farben, andere
Formgesinnungen hervor. So kleidet sich Saal 2
nach Entwurf von Bernhard Ingwersen in
ein dunkles, stumpfes Grauviolett, das nur
von einer breiten, matten Goldfläche (als Tür-
betonung) unterbrochen wird. Saal 3 hat von
dem Architekten Willy Erb ein kirchenartiges
Gepräge erhalten: Stein-Estrich, hoch hinauf-
gehende, architektonisch gegliederte Wände.
An Farben herrschen Grau und Grün vor, der
Estrich besteht aus braunroten Backsteinen.
Saal 4 ist eigentlich nur ein niedriger Verbin-
dungsraum, hat aber von Wilhelm Kreis eine
wuchtige architektonische Körperlichkeit erhal-
ten; der Anstrich ist hier rot. Saal 5 ist von dem
Wiener Architekten Clemens Holzmeister
geformt worden. Hier wie in den zwei voran-
gehenden Räumen handelte es sich im wesent-
lichen darum, Wände für Bewurf und Fresko-
malerei zu erhalten. Der Architekt hat dem
Raum durch offenes, teils stehendes, teils quer-
laufendes Balkenwerk eine Aufteilung gegeben,
die wohl absichtlich an gewisse Gemälde von
Egger-Lienz anknüpft. Um die Türen läuft eine
breite Abfassung in Backsteinen. Der letzte
Saal endlich ist wieder von Wilhelm Kreis
gestaltet worden: die Wände bestehen aus
geschichteten Ziegeln (nach Art von Biber-
schwänzen), mit Mörtellagen verbunden, der
Estrich aus dunklen, braunroten Blendsteinen;
aus dem gleichen Material ist das niedere Mauer-
werk, das den Innenteil der Grundfläche hof-
artig eingrenzt und der aufgestellten Plastik
(Figuren, Gruppen und Köpfe von Kolbe) als
Sockel dient. Von allen an diesen Räumen
beteiligten Architekten ist mit dekorativem Ge-
schick und jenem kunstgewerblichen Geschmack
gearbeitet worden, der eine so besondere Be-
ziehung zu einer in München seit langem be-
XXX. September 1927. 1
MÜNCHENER KUNSTAUSSTELLUNG
GLASPALAST 1927
Die heurige Glaspalast-Ausstellung zeigt in-
sofern ein verändertes Gesicht, als fünf
der Haupträume in besonderer dekorativer
Weise behandelt wurden. Es sind die links an
die Haupthalle sich anschließenden Säle 2—6.
Während alle übrigen Ausstellungsräume die
einfache gelblichweiße Wand aufweisen, treten
in diesen fünf Sälen andere Farben, andere
Formgesinnungen hervor. So kleidet sich Saal 2
nach Entwurf von Bernhard Ingwersen in
ein dunkles, stumpfes Grauviolett, das nur
von einer breiten, matten Goldfläche (als Tür-
betonung) unterbrochen wird. Saal 3 hat von
dem Architekten Willy Erb ein kirchenartiges
Gepräge erhalten: Stein-Estrich, hoch hinauf-
gehende, architektonisch gegliederte Wände.
An Farben herrschen Grau und Grün vor, der
Estrich besteht aus braunroten Backsteinen.
Saal 4 ist eigentlich nur ein niedriger Verbin-
dungsraum, hat aber von Wilhelm Kreis eine
wuchtige architektonische Körperlichkeit erhal-
ten; der Anstrich ist hier rot. Saal 5 ist von dem
Wiener Architekten Clemens Holzmeister
geformt worden. Hier wie in den zwei voran-
gehenden Räumen handelte es sich im wesent-
lichen darum, Wände für Bewurf und Fresko-
malerei zu erhalten. Der Architekt hat dem
Raum durch offenes, teils stehendes, teils quer-
laufendes Balkenwerk eine Aufteilung gegeben,
die wohl absichtlich an gewisse Gemälde von
Egger-Lienz anknüpft. Um die Türen läuft eine
breite Abfassung in Backsteinen. Der letzte
Saal endlich ist wieder von Wilhelm Kreis
gestaltet worden: die Wände bestehen aus
geschichteten Ziegeln (nach Art von Biber-
schwänzen), mit Mörtellagen verbunden, der
Estrich aus dunklen, braunroten Blendsteinen;
aus dem gleichen Material ist das niedere Mauer-
werk, das den Innenteil der Grundfläche hof-
artig eingrenzt und der aufgestellten Plastik
(Figuren, Gruppen und Köpfe von Kolbe) als
Sockel dient. Von allen an diesen Räumen
beteiligten Architekten ist mit dekorativem Ge-
schick und jenem kunstgewerblichen Geschmack
gearbeitet worden, der eine so besondere Be-
ziehung zu einer in München seit langem be-
XXX. September 1927. 1