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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 60.1927

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Zur Neuaufstellung des Völkerkunde-Museums in München
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https://doi.org/10.11588/diglit.9255#0417

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VOLKERKUNDE-MUSEUM

»BUDDHIST. PLASTIK«

ZUR NEUAUFSTELLUNG DES VÖLKERKUNDE-MUSEUMS

IN MÜNCHEN

Unser ganzes Museumswesen befindet sich
zur Zeit nicht nur wissenschaftlich, sondern
auch künstlerisch vor einer Wende. Namentlich
gilt dies für die völkerkundlichen Sammlungen.
Viele stellen auch im heutigen Zeitpunkt noch
unübersichtliche, selbstfür denFachmann schwer
zugängliche Aufstapelungen von ethnograph-
ischem Studienmaterial dar, mit dem der Laie
schon gar nichts anzufangen weiß. Wo eine
Neuordnung versucht wurde, ergaben sich die
größten Schwierigkeiten, Konnte man etwa
wagen, die Hochkulturen, vor allem Asiens, neben
die reine Ethnographie zu stellen? Andererseits
wurde die Forderung erhoben, die bildende Kunst
aus dem Völkerkundemuseum herauszunehmen
und den sogenannten Kunstmuseen zuzuweisen.
Damit würden die Völkerkundemuseen eines
großenTeiles ihrer wertvollsten Schätze beraubt,
und die Kunstmuseen mit einem Material be-
reichert, das formal und wissenschaftlich doch
nur im Rahmen der Ethnographie erfaßbar bleibt.
— Das hier berührte Problem wird aber noch

weiter kompliziert, indem auch außerhalb der
Hochkulturen in Mexiko, in Afrika und in
Ozeanien schöpferische Kunstleistungen ent-
deckt wurden. Wo zusammenfassen und wo
trennen? Unsere Kunst- u. Bildungssnobs hätten
es vielleicht über sich gebracht, Negerplastik
anschließend an die Antike vorzuführen. Da-
gegen wendeten sich scharf die Kunsthistoriker,
diese offenbar mit mehr Recht als jene. Schließ-
lich besteht auch die Anschauung der Völker-
kundler zu recht, daß man viele künstlerische
Erscheinungen nur aus der regionalen Ethno-
graphie und dem Kult erklären kann. Nicht
unberechtigt sind endlich auch die Forderungen
nach künstlerischer Lösung der Aufgabe.

Die Neuaufstellung des Museums für Völker-
kunde in München, das zu den ältesten und um-
fangreichsten Instituten dieser Art inDeutschland
zählt, bedeutet all diesen wichtigen Problemen
gegenüber sowohl theoretisch wie künstlerisch
eine vorbildliche Tat. Der verdiente Leiter
dieses Museums, Geheimrat Prof. Dr. L. Scher-

XXX. September 1927. 0 *
 
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