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Dobschütz, Ernst von
Christusbilder: Untersuchungen zur christlichen Legende — Leipzig, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.4919#0023
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I. Die hitnruelentstaminten Götterbilder der Griechen.

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dein einfachen Glauben, dass das Bild der Göttin „himmelent-
stainmt" sei.

Darin lag zugleich seine wunderbar schützende Kraft.
Dieser Gesichtspunkt, der in unserem Sprachgebrauch dem Worte
Palladion eine weite Bedeutung gegehen hat, war von jeher der
beherrschende. Aber er knüpfte sich im Altertum ganz aus-
schliesslich an das Bild der Göttin Pallas Athene. Darum heisst
Athene die ερνοίπτολις, die Städteschirmerin;') denn die Stadt,
die ihr himmelentstammtes Bild besitzt, ist uneinnehmbar. Die
Griechen vermögen nichts wider Troja, solange dies wunderbare
Palladion in der Stadt sich befindet.2) Der Gedanke ist in un-
zähligen Formen, zumal als Orakel, poetisch ausgestaltet worden
und hat die Erzählung vom Raube des Palladion zu einem der
beliebtesten Vorwürfe für die Kunst des Dichters wie für die
bildenden Künste gemacht.3) Dabei finden wir wieder zahlreiche
Variationen. Schon darüber gingen die Meinungen sehr ausein-
ander, wie die Griechen hinter das Geheimnis des Palladion ge-
kommen seien: durch Helena, die Treulose, oder durch den ver-
geblich um sie werbenden Priamossohn Helenos.1) Wie dann

1) s. Ilias Ζ 305 (lb). Es kann fraglicb scheinen, ob die Eigenschaft
der Göttin oder der Charakter ihres Kultbildes das prius ist. Wir möchten
das letztere annehmen (s. u.). Jedenfalls unzutreffend ist die Erklärung
des Sto'ikers Cornutus (56), der in der Athene έρναίητολις die φρόνηαις
erblickt.

2) Der Stoff, wie es scheint, schon von den ältesten kyklischen Dichtern
Arktin in seiner Ilm Persis (2) und Lesches in der kleinen Ilias (3) be-
handelt, wurde weiter poetisch verarbeitet von Jon (10), Sophokles (11) —
vgl. dann besonders Konon (40) — Yergil (45a) — Dion. Hai. (4Sa) —
Ο viel (49 a «, e) — Silius (59) — Apollodor (78 b).

3) Die Archäologie lassen wir hier aus dem Spiele. Die Litteratur
über die zahlreichen bildlichen Darstellungen des Palladion-Raubes in der
Antike ist in der Litteraturübersicht mit * bezeichnet; die vollständigste
Übersicht giebt F. Chavannes, de Palladii raptu, 1891, l—26; s. auch 57b.

4) Schon die kleine Ilias (3) erzählte, dass Helena den als Kund-
schafter in Troja eingedrungenen Odysseus erkennt und ihm dabei das
Geheimnis der wunderbar schützenden Kraft des Palladion verrät, worauf
er mit Diomedes zusammen ein zweites Mal eindringt — darnach 11 (?). —
Die andere Form lässt nach Paris' Tod dessen Brüder Helenos und De'ipho-
bos um Helena werben; dieser, der jüngere, erlangt sie, worauf jener aus
Troja in die Berge entweicht und dort von den Griechen gefangen wird:
so Konon (40), ob nach Arktin (2)?, Apollodor (78b), Tryphiodor (111),

1*
 
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