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Dobschütz, Ernst von
Christusbilder: Untersuchungen zur christlichen Legende — Leipzig, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.4919#0078
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58

ν. Dobschütz, Christusbilder.

einzige Exemplar, welches die Auffindungsgeschichte des Bildes
von Kamuliana enthielt. Gretsers bewegliche Klage: utinam
abstinuisset (iconomachica manus)! imago haec nobis notiorforet]),
muss angesichts der beiden mitgeteilten Auffindungsberichte —
vermutlich war in jenem Codex der jüngere enthalten — ver-
stummen. Dennoch muss ein doppeltes auffallen. Einmal, dass
man bei dieser Gelegenheit auf dem Konzil nicht auf das Wunder-
bild von Kamuliana selbst als klassischen, durch seine zahlreichen
Siege wohl bewährten Zeugen gegen die Bilderstürmer zurtick-
griff. Zum andern, dass auch von dem Auffindungsbericht nur
anlässlich seiner Vernichtung die Rede ist, man sich aber nicht
um ein anderes Exemplar bemüht.2) Diesen Stand der Dinge
spiegeln noch heute die Menaeen wieder, indem sie wohl zum
15. oder 17. Mai und 9. August die Auffindung erwähnen, aber
nur als Titel ohne folgende Lektion, die in äusserst wenigen
Handschriften tiberliefert zu sein scheint. Aus der ersten Be-
obachtung aber darf man wohl folgern, dass das Bild von Ka-
muliana selbst den Blicken jener Zeit entschwunden war oder
doch jedenfalls nicht mehr so im Vordergrund des Interesses
stand, wie zur Zeit eines Justin II. und Herakilos. Ob sein
Glanz nur neben dem der neuerdings mehr zu Ansehen gelangten
Marienbilder verblichen war, oder ob es etwa in einem der Kriege
verloren ging, können wir nicht wissen. Unter Heraklios wechselt
der Feind der Ostgrenze seine Gestalt: an die Stelle der Perser
treten die Araber, die Bekenner des Propheten, die eifrigen Feinde
aller Bilder. Ob auch das eingewirkt hat? Hätten die Bilder-
stürmer erst es beseitigt, so wäre das kaum unbemerkt geblieben.
Man hat daran gedacht, dass es dasjenige Bild gewesen sei, wel-
ches der Legende nach der Patriarch Germanos beim Ausbruch
des Bildersturmes unter Leon dem Isaurier rettete, indem er es
den Fluten des Meeres anvertraute; es schwamm dann von selbst
nach Alt-Rom und ward hier von Papst Gregor II. geborgen.3)

1) Gretser p. 340.

2) So geschah es mit einem Leimonarion der Patriarchalbibliothek, über
dessen Verstümmelung der Patriarch Tarasios berichtete. Eustathios, der Abt
des Klosters des h. Maximinos, brachte ein vollständiges Exemplar bei,
und dies ward von dem Mönch und Bibliothekar Stephanos verlesen (Mansi
XIII 192d—193c, cf. 60c—61b).

3) s. S. 68 und Beilage VI 1.
 
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