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Dobschütz, Ernst von
Christusbilder: Untersuchungen zur christlichen Legende — Leipzig, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.4919#0079
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III. Die Gruppe des Bildes von Kamuliana.

59

So würde sich zugleich das Auftreten einer Achiropoii'tos in Rom
im 8. Jahrhundert erklären. Aber die Berichte wissen nichts
davon, dass es sich dabei um dies Wunderbild handelte. Die
byzantinische Legende hat sich des „über das Meer geschwom-
menen" Christusbildes des Germanos sehr angenommen: man
zeigte dasselbe noch 1200 unter den Heiligtümern der Hagia
Sophia zn Konstantinopel.l) Um das Bild von Kamuliana aber
und seine Geschichte scheint man sich nicht mehr gekümmert zu
haben: das zeigt nicht nur die Dürftigkeit der Uberlieferung der
Inventio, sondern auch der Umstand, dass die späteren Chronisten
die auf dasselbe bezüglichen Stellen ihrer Vorlagen meistenteils
auslassen.

So ist das Hauptbild den andern Bildern dieser Gruppe bald
in die gleiche Vergessenheit gefolgt.

Fassen wir kurz zusammen, was die Betrachtung dieser
Achiropoi'itengruppe uns lehrt:

Zunächst kommt in Betracht, dass wir es nicht mit einem
einzelnen Bilde, sondern mit einer ganzen Gruppe solcher zu thun
haben. Ursprünglich selbständig; werden sie später miteinander in
Verbindung gebracht. Dabei mag zuweilen ein Bild erst zum
Rang einer sekundären Achiropoi'ite erhoben sein; meist ward
wohl die ursprünglich selbständige Achiropoi'ite zu einem wunder-
baren Abdruck degradiert.

Die Bilder tauchen zur Zeit Justiniaus und in der unmittel-
bar folgenden Zeit auf. Sie sind alle auf kappadokischem Boden
heimisch. Mit der Geschichte der Bilder verknüpft sich aber aufs
engste der Gedanke der Translationen, die teilweise der Legende
— nach Kaisareia, Diobulion, Melitene —, teilweise aber auch
der wirklichen Geschichte ■— nach Konstantinopel von Kamuliana
und von Melitene aus — angehören.

Die Entlehnungslegenden weichen sehr von einander ab: für
das Hauptbild liegen zwei völlig voneinander unabhängige Uber-
lieferungen vor. "Bei der Mehrzahl ist es der Gedanke des Ab-

1) Antonios von Novgorod, liber qui dicitur Peregrinus s. descriptio
ss. locorum caesareae civitatis (c. 1200) bei Riant, Exuviae sacrae, Geneve
1878, II 219: in S. Sophia . . . Salvatoris imago illa, quam niari commiserat
Germanus Romain de naui.
 
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