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Dobschütz, Ernst von
Christusbilder: Untersuchungen zur christlichen Legende — Leipzig, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.4919#0124
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ν. Dobschütz, Cbristusbilder.

Exemplare des Briefes — auch das angebliche Original — mit
einem diesbezüglichen Zusatz und wusste zu erzählen, wie schon
unter König Abgar Ukamä sich die wunderbar schützende
Macht dieses verheissungsreichen Briefes bewährt habe: als die
Perser die Stadt belagerten, brachte Abgar den Brief Christi an
das Thor der Stadt und rief hier den Herrn Jesus an, der ver-
sprochen habe, dass kein Feind die Stadt betreten solle; sofort
schreckte allgemeine Finsternis die Feinde.1)

Die erste2) Kunde hiervon verdanken wir einer Pilgerin aus
Aquitanien, die am Ende des 4. Jahrhunderts ausser dem h. Lande
auch Edessa besuchte und sich dort obiges von dem Bischof
erzählen liess.3) Ihr fiel es auf, dass das ihr dort gezeigte Ori-
ginal des Briefes Christi mehr enthielt als die ihr bekannten
Exemplare in der Heimat: so nahm sie dankbar eine Abschrift
dieses echten Briefes von der Güte des Bischofs an und brachte
sie mit heim, damit zugleich die Kunde von jener Verheissung
des Herrn für Edessa.4)

Der wunderbare Schutz, den diese, in dem Briefe gleichsam
verkörpert, der Stadt gewährte, machte die Abgarlegende recht
eigentlich den Syrern wert und lieb. So oft Edessa in Be-
drängnis geriet, sehen wir, wie man sich mit dieser Verheissung
tröstete;5) und dass in der langen Zeit bis 6ü9 Edessa keiner

vermutet. Lipsius, Abgarsage 86, vergleicht treffend, was über die wunder-
bare Vereitelung der Belagerung von Nisibis unter Schapur II. durch die
Gebete des Mar Ephraem und Mar Jakob erzählt wird (Bar-Hebraeus,
chron. syr. ed. Bruns et Kirsch p. 62). Jedenfalls stammt der Glaube an
Edessas Uneinnehmbarkeit aus einer Zeit, da die Einnahme durch die
römischen Truppen unter Lusius Quietus im Jahre 116 (Dio Cassius LXVIII
30; v. Gutschmid 27) und der Sturz der einheimischen Dynastie im Jahre
216 längst vergessen waren.

1) s. δ und die Umbildungen in 21.

2) Ephraem der Syrer (f 9. Juni 373) kennt offenbar diese spezielle
Verheissung noch nicht. Er redet allgemein von einer Segnung durch
Christus; das mag sich später zu jener Vorstellung verdichtet haben, s. 4.

3) s. 5.

4) Die heimischen Exemplare werden auf die Kirchengeschichte des
Eusebios (3) zurückgehen; freilich nicht auf deren Übersetzung durch Rufin
(9), wenn die Datierung der Pilgerfahrt richtig ist. Aus dem Bericht der
Pilgerin ist wohl die Kunde des Comes Darius (11) geflossen.

δ) Der Zusatz findet sich in Doctr. Add. (6, vgl. 14); besonders betont
bei Jakob von Sarug (16) und Josua Stylites (17).
 
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